
Kommen bald 15 Euro Mindestlohn? Das sagen heimische Handwerker
04.04.25 - 15 Euro Mindestlohn: Das fordert die SPD in den derzeit laufenden schwarz-roten Koalitionsverhandlungen. Handwerkspräsident Jörg Dittrich, Dachdeckermeister aus Dresden ist laut Medienberichten entsetzt darüber. Was sagen unsere heimischen Handwerker zu den Plänen? Wir haben sie gefragt:
Michael Paltian, Paltian Treppenbau GmbH in Motten:
Was würden 15 Euro Mindestlohn fürs Handwerk bedeuten? Was wären die Auswirkungen?
"Ein gesetzlicher Mindestlohn von 15 Euro hätte für viele Handwerksbetriebe spürbare Auswirkungen. Vor allem für ungelernte Kräfte oder Berufsanfänger würde das Lohngefüge stark verschoben. Gleichzeitig muss dann auch qualifizierten Fachkräften mehr gezahlt werden, um das Lohngefüge im Betrieb aufrechtzuerhalten.
Diese Entwicklung wird zu steigenden Preisen führen – sowohl in der Produktion als auch für die Verbraucher. Und das in einem Markt, der ohnehin unter starkem Preisdruck steht."
Wie würde sich dies auf den Fachkräftemangel auswirken?
"Ein höherer Mindestlohn löst das Problem des Fachkräftemangels im Handwerk nicht. Die meisten qualifizierten Fachkräfte liegen ohnehin schon deutlich über dem aktuellen Mindestlohn. Was uns fehlt, sind engagierte junge Menschen, die sich für eine handwerkliche Ausbildung entscheiden. Da braucht es mehr Wertschätzung, bessere Berufsorientierung und auch gesellschaftlich ein anderes Verständnis für die Bedeutung des Handwerks – nicht nur mehr Geld auf dem Papier."
Verstehen die Politiker die Sorgen und Nöte der Handwerkbetriebe?
"Oft hat man den Eindruck, dass unsere Realität in Berlin nur theoretisch bekannt ist. Die Entscheidungen, die getroffen werden, sind gut gemeint – aber selten praxistauglich. In meinem Betrieb merke ich jeden Tag, wie viel Zeit und Energie für bürokratische Anforderungen draufgeht. Gleichzeitig steigen die Erwartungen, aber es fehlt an Unterstützung bei den wirklich drängenden Themen: Ausbildung, Digitalisierung, Fachkräftegewinnung, Planbarkeit."
Was erhoffen Sie sich von einer schwarz-roten Regierung?
"Ich wünsche mir mehr Verlässlichkeit und eine Politik, die nicht nur kurzfristig denkt. Wir im Handwerk investieren langfristig – in Mitarbeitende, Maschinen, Ausbildung. Dafür brauchen wir stabile Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und eine echte Anerkennung der beruflichen Bildung. Wenn wir über Wohnungsbau, Energiewende und Nachhaltigkeit sprechen, dann geht das nur mit uns – aber dazu müssen wir auch arbeitsfähig bleiben."
Wenn Sie den Politikern ihre dringlichste Sorge für Handwerksbetriebe mitteilen könnten, welche wäre dies?
"Lassen Sie uns wieder Handwerker sein! Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen – für unsere Mitarbeitenden, unsere Kunden und unsere Region. Aber der Spagat zwischen wirtschaftlichem Überleben, Fachkräftemangel, überbordender Bürokratie und politischen Vorgaben wird immer schwieriger. Wenn sich nichts ändert, geraten viele Betriebe an ihre Grenze – und das können wir uns als Gesellschaft schlicht nicht leisten."
Lothar Schreiber, Schreiber Stuck/Putz/Trockenbau in Motten:
Was würden 15 Euro Mindestlohn fürs Handwerk bedeuten? Was wären die Auswirkungen?
"Die Stundenlöhne der Facharbeiter müssen dann ja auch angehoben werden, die Preisspirale dreht sich immer schneller und der Endverbraucher muss es zahlen."
Wie würde sich dies auf den Fachkräftemangel auswirken?
"Gar nicht! Ein Handwerksberuf ist leider nicht angesagt!"
Verstehen die Politiker die Sorgen und Nöte der Handwerkbetriebe?
"NEIN!!!!!!!!!!!!!!!!"
Was erhoffen Sie sich von einer schwarz-roten Regierung?
"Meine Hoffnung ist auf null geschrumpft. Leider findet der Politikwechsel nicht statt und alle Versprechen von Merz verpuffen."
Wenn Sie den Politikern ihre dringlichste Sorge für Handwerksbetriebe mitteilen könnten, welche wäre dies?
"Weniger Bürokratie, Förderung im Wohnungsbau."
Heike Grimme, Leopold Feuerstein Holztechnik GmbH in Dipperz:
Was würden 15 Euro Mindestlohn fürs Handwerk bedeuten? Was wären die Auswirkungen?
"Ihre Fragestellung zielt unserer Ansicht nach in eine falsche Richtung. Nicht unbedingt die Höhe des Mindestlohns ist entscheidend, sondern dass diese von Tarifsvertragsparteien ausgehandelt und nicht von der Politik vorgegeben werden sollte."
Wie würde sich dies auf den Fachkräftemangel auswirken?
"Prinzipiell wollen Fachkräfte angemessen entlohnt werden, insofern spielt die Höhe des Lohnes bei Besetzung der Stellen durch qualifiziertes Personal durchaus eine Rolle. Die Höhe des Lohnes ist in den meisten Fällen angemessen, was uns Unternehmer überfordert sind, die ausufernden Lohnnebenkosten.
Verstehen die Politiker die Sorgen und Nöte der Handwerkbetriebe?
"Nein, die Politik verkennt nach wie vor die wichtige Rolle des Handwerks und setzt viel zu sehr auf die Ausbildung in Hochschulen und Universitäten."
Was erhoffen Sie sich von einer schwarz-roten Regierung?
"Leider nicht viel, weil vermutlich rote Umverteilungs- und Solzialpolitik die Oberhand behalten und sich ein Politikwechsel nicht einstellen wird. Die CDU hat leider aus machtpolitischen Gründen ihre Agenda aufgegeben und damit auch den dringend benötigten Aufbruch."
Wenn Sie den Politikern ihre dringlichste Sorge für Handwerksbetriebe mitteilen könnten, welche wäre dies?
"Die Politik verliert zunehmend das Verständnis für das Handwerk und somit den Mittelstand. Die Politik scheint grundlegend gegen das Unternehmertum zu sein. Dem Unternehmer wird unterstellt, Mitarbeiter auszubeuten, Steuern zu hinterziehen und sich ein Luxusleben auf Kosten der Gesellschaft zu gönnen. Dieser Generalverdacht führt dazu, dass Unternehmen mit überbordender Regulatorik und zu hoher Besteuerung zu kämpfen haben."
Hubert Lorenz, Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Hersfeld-Rotenburg:
Was würden 15 Euro Mindestlohn fürs Handwerk bedeuten? Was wären die Auswirkungen?
"In vielen Bereichen des Handwerks liegt der Facharbeiterlohn bereits über den 15 Euro. Der allgemeine Mindestlohn hat im letzten Jahr 12,41 Euro betragen. Die Anhebung auf 15 Euro würde einer Steigerung von über 20 Prozent entsprechen. Problematisch kann angesehen werden, dass eine Anhebung des Mindestlohns nicht folgenlos für die anderen Tarifgruppen bleiben wird. Das ganze führt dann natürlich mit den steigenden Sozialverischerungsbeiträgen sowie den sonstigen Lohnnebenkosten zu einer deutlichen Anhebung der Stundenverrechnungssätze. Mehr Lohn ist ja grundsätzlich eine gute Sache. Es ist aber zu beachten, dass das alles für den Kunden noch bezahlbar bleibt muss."
Wie würde sich dies auf den Fachkräftemangel auswirken?
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Anhebung des Mindestlohns eine direkte Auswirkung auf den Fachkräftemangel haben wird, im Gegenteil, durch höhere Stundenverrechnungssätze könnte ein Ausweichen auf die Schattenwirtschaft gefördert werden."
Verstehen die Politiker die Sorgen und Nöte der Handwerkbetriebe?
"Große Sorgen bereitet dem Handwerk die häufig angesprochene Bürokratie. Hier wird regelmäßig eine Verbesserung versprochen. Sicherlich wird auch gelegentlich versucht, den Bürokratiedschungel zu lichten. In der Regel finden sich aber schnell andere neue Vorschriften, die es dem Handwerksbetrieb erschweren, alle Vorgaben ordnungsgemäß neben der eigentlichen Arbeit, zu erfüllen. Hier hat man oftmals das Gefühl, dass die Sorgen und Nöte nicht verstanden würden."
Was erhoffen Sie sich von einer schwarz-roten Regierung?
Lösungsorientierte parteiunabhängige Ansätze um die deutsche Wirtschaft wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Eine weitere Stagnation der Wirtschaft wird es uns nicht ermöglichen, die anstehenden Herausforderungen als Gesellschaft gut zu "meistern".
Wenn Sie den Politikern ihre dringlichste Sorge für Handwerksbetriebe mitteilen könnten, welche wäre dies?
"Klare verlässliche Vorgaben sind eine wichtige Grundlage für eine funktionierende Wirtschaft und für den "Glauben an die Politik". Aktionen wie sie im Dezember 2023 "über Nacht" bei der Abschaffung der Umweltprämie für E-Fahrzeuge gelaufen sind, erhöhen hier die Sorgen, nicht nur die der Handwerksbetriebe." (Moritz Pappert) +++