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Agrarpolitik Gäste Zahlreiche Landwirte nahmen an der Informationsveranstaltung über die zukünftige EU-Agrarpolitik teil

CDU-Landtagsabgeordneter Kurt Wiegel, EU- Abgeordneter Albert Deß, Bauernverbandspräsident Friedhelm Schneider und EU-Abgeordneter Thomas Mann stellten sich nach dem Vortrag den Fragen der Besucher - Fotos: Dieter Graulich

11.09.12 - Schwalmtal

Albert DEß (CSU/MdEP) informierte Landwirte über künftige Agrarpolitik

„Die künftige EU-Landwirtschaftspolitik muss besser an den Erfordernissen der Landwirte in den einzelnen EU-Staaten ausgerichtet werden.“ Dies wünschte sich der Sprecher der EVP-Fraktion im Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments, Albert Deß (CSU), bei einer Informationsveranstaltung mit Vogelsberger Landwirten im Gasthaus Graulich im Schwalmtaler Ortsteil Rainrod. Albert Deß hatte zuvor mit seinem Kollegen, dem hessischen EU-Abgeordneten Thomas Mann den Milchviehbetrieb der Boß-Feick-Euler GbR und die Bioenergie Feick in Maar besichtigte.

Zu Beginn der Veranstaltung forderte der Präsident des hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, dass auch nach 2013 in der nächsten Förderperiode, eine wirkungsstarke und finanziell hinreichend ausgestattete EU-Agrarpolitik zwingend erforderlich sei. Die 1. Säule mit den Direktzahlungen müsse dabei ungeschmälert fortgeführt werden, denn sie hätten eine zentrale Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe. Sie seien pauschaler Ausgleich für die sehr hohen europäischen Standards im Umweltschutz, Tierhaltung und Verbraucherschutz. Sie honorierten öffentliche Leistungen, die Betriebe durch nachhaltiges Wirtschaften erbringen würden.

Neue Umverteilungen und die Kopplung der Direktzahlung an zusätzliche Umweltforderungen („Greening“), lehnte Schneider entschieden ab. Bereits seit Anfang der 90er Jahre seien die Landwirte mit einer zunehmenden Zahl neuer Vorschriften und Maßnahmen des Umweltschutzes unterworfen worden. In 2005 wurde zusätzlich mit Cross Compliance ein umfassendes Regelwerk eingeführt. Die Einführung weiterer höherer Standards führe zu Kostensteigerungen, Produktionseinbußen und eine Reduzierung der Wettbewerbsfähigkeit. Schneider ging auch auf die Vorschläge der EU-Kommission bezüglich einer zusätzlichen Zwangsstilllegung von sieben Prozent der Ackerfläche für ökologische Zwecke ein. Dies stehe in offenem Widerspruch zu den EU-Zielen Ernährungssicherung und Ausbau der Bioenergie.

"Landwirte brauchen Flexibilität"

Albert Deß unterstützte diese Ausführungen und betonte dass man bei den von der EU-Kommission vorgeschlagenen verpflichtenden Begrünungsmaßnahmen mehr Flexibilität brauche: „Die Landwirte vom Nordkap bis Sizilien dürfen nicht über einen Kamm geschert werden. Dazu sind die Böden und die Landschaften viel zu unterschiedlich". Deß schlug stattdessen einen Katalog an Begrünungsmaßnahmen vor, aus dem die Landwirte das für sie geeignete Programm auswählen können. "Die Landwirte brauchen Flexibilität. Sie sollen selbst auswählen können, welche Begrünungsmaßnahmen für die von ihnen bewirtschafteten Flächen die richtigen sind. Das kann nicht von Brüssel entschieden werden". Nötig sei zudem eine Anerkennung der über die zweite Säule finanzierten Agrarumweltmaßnahmen.

Als weitere Priorität bei der Neufassung der EU-Landwirtschaftspolitik nach 2013 nannte Deß eine umfassende Entbürokratisierung und Vereinfachung der Vorschriften für Landwirte. Es könne nicht sein, dass über 12 Millionen sehr unterschiedliche Betriebe in Europa gleiche "grüne" Anforderungen erfüllen müssen. Zudem sei es unverantwortlich, eine ökologische Flächenstilllegung von sieben Prozent vorzuschreiben, wo weltweit mehr Lebensmittel benötigt und die richtigen Schritte für die Energiewende unternommen werden sollen. „Wer in Europa Flächen stilllegt, versündigt sich an der Umwelt und am Tierschutz in anderen Kontinenten“, so Deß. Er ging dann auf die unterschiedlichen Agrarzahlungen in den EU-Staaten ein, die überwiegend historisch zu erklären wären.

Gerade in benachteiligten Gebieten bedürfe es einer wirksamen Ausgleichszahlung (AGZ), so Deß. Das gelte insbesondere in Grünlandregionen, um den dortigen Landwirten wirksam helfen zu können. In diesem Zusammenhang sprach er sich gegen Änderungen beim AGZ aus. Das deutsche Modell sei bewährt, gut und vor allem besser und genauer als das geplante. Ein Abstellen auf Großgemeinden und nicht auf Gemarkungen lehnte er entschieden ab. Ein Außenschutz der Märkte über Quotenregelungen sei weder WTO-konform noch lasse er sich politisch durchsetzen. Wichtiger sei es hingegen, Produkte nach Deutschland zu lassen, die nach den gleichen hohen Standards produziert wurden. Er nannte dies Qualitätsaußenschutz und verglich es mit dem TÜV. Ausländische Autos dürften hier nur fahren, wenn die hiesigen Standards erfüllt seien. Unterm Strich erwartet er noch einige Änderungen bei den Kommissionsvorschlägen für die zukünftige Agrarpolitik.

"Milchpreise entehen am Markt"

Im Übrigen meinte Deß, dass sich die Einführung der Regelungen über den 01.01.2014 hinaus verzögern dürfte. Vieles sei noch nicht abgestimmt. Gerade die Höhe der verfügbaren Gelder stünde noch nicht fest. Die AGZ-Regelungen würden voraussichtlich getrennt davon verhandelt und entschieden werden. Auf Nachfrage nach den Perspektiven gerade auch für Milchviehhalter vertrat er die Ansicht, das EU-Parlament müsse mehr Einflussmöglichkeiten auf Interventionspreise haben. Die Rahmenbedingungen, dass in Bayern doppelt soviel Milch produziert als verbraucht würde, müsse man allerdings zur Kenntnis nehmen. Insoweit berichtete Deß von seinen jahrzehntelangen Erfahrungen als Molkereivertreter. Die Preise entstünden am Markt.

Gleichzeitig zeigte er sich optimistisch, dass die Landwirtschaft in allen Zweigen bei steigender Weltbevölkerung und höherem Energiebedarf eine gute Zukunft haben wird. Viele Länder wie China, so erwartet er, könnten mit zunehmendem Wohlstand mehr Fleisch und Milch verzehren. Deß betonte abschließend, er kenne sehr viele junge und dynamische Landwirte, die unternehmerisch handelten. HBV-Präsident Schneider und KBV-Vorsitzender Wiegel dankten Deß und den Teilnehmern für den interessanten Vortrag und die Diskussionsbeiträge. (gr)+++

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