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Der Kunstmaler Michael Mohr ist 48 Jahre alt und entspricht so gar nicht dem Klischee eines genialen Künstlers. Er hat kein wallendes Haupthaar, keinen farbbeklecksten Kittel, keinen Pinsel hinterm Ohr, kein überbordendes Selbstbewusstsein - ist eher leise als ein Lautsprecher. Doch der zierliche und bescheiden auftretende Maler verfügt über ausreichende Überzeugungskraft, wenn es um die anschauliche Darstellung seiner künstlerischen Visionen geht. Das Großprojekt, das ihn seit Monaten beschäftigt, ist überdimensioniert: die Gestaltung des Innenraums der katholischen Pfarrkirche "Mariä Himmelfahrt" von Neuhof-Rommerz - erbaut von 1928 bis ´35 im expressionistisch geprägten Stil vom Fuldaer Architekten Hermann Mahr. Ein für den kleinen Ortsteil von Neuhof äußerst großzügig bemessenen Bau mit Art Deco-Elementen an der Fassade – eine außergewöhnliche Kirche.

Schon seit 2008 schon wird die Pfarrkirche mit einem Investitionsvolumen von über 2,5 Millionen Euro innen und außen komplett saniert und renoviert. Finanziert wird dieses Großprojekt durch Zuschüsse vom Bistum Fulda, vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen, von der Gemeinde Neuhof sowie aus dem Vermögen der Pfarrgemeinde. Der lang gestreckte Sandsteinquaderbau mit großem sechsgeschossigem Glockenturm steht imposant auf einer kleinen Erhebung. Innen fallen sofort die ungewöhnlich schmal und hoch angelegten Fenster auf, die der Hallenkirche mit Holzkassettendecke einen gleichzeitig mittelalterlichen und hochmodernen Charakter verleihen. Die ursprüngliche, figürliche Bemalung im Altarraum und auf der Chorwand vom Fuldaer Maler Hugo Pfister wurde bei der Purifizierung der Kirche im Jahr 1971 entfernt. Im Chor steht (normalerweise) der große Altar aus der Erbauungszeit mit lebensgroßem Kruzifix.

Grummeln bei der Vorstellung des Entwurfs

Nachdem das Bistum 2010 einen Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben hatte, gab es drei Präsentationen und die Entscheidung fiel eindeutig auf Mohrs Konzept. Doch es gab auch Skepsis: „Ein Grummeln ging durch die Zuhörerschaft", beschreibt ein Gemeindemitglied die erste – etwas verschreckte Reaktion auf die Vorstellung des Künstlerentwurfs von Michael Mohr. Nicht jedem ist die Gabe eigen, sich ein Modell „in echt" vorzustellen. Dazu kamen die zunächst geradezu schreienden Farbkleckse an der Wand, die Mohr später aquarellartig verwischt und so einen wesentlich sanfteren Gesamteindruck erzeugt. „Wir haben erstmal die Kirchentüren geschlossen gehalten, sonst hätten die Leute womöglich geglaubt, hier entsteht eine Disko", sagt Gemeinderatsmitglied Werner Spitznagel. Mohrs Werk lebt vom Komplementärkontrast der Farben Gelb und Rot-Violett. Die große Chorbogenwand ist in hellen, leuchtenden Gelbtönen bemalt - auf den verschiedenen Wandflächen im Chor herrschen dagegen die Farben Rot bis Violett vor. Während die Gelbtöne der Chorwand und die gelben Fensterlaibungen im Kirchenschiff einen hellen und festlichen Charakter haben, stehen die Rot-Violetttöne im Chorbereich im Zusammenhang mit dem in der Mitte stehenden Passionsaltar. Die Farben im Chor steigern sich von einem zarten Rosa an den Seiten hin zum kräftigen Rot-Violett in der Mitte, das den Hintergrund des Altars bildet, der Betrachter sieht vom Kirchenschiff aus also gleichzeitig die leuchtende gelbe Chorwand. Die mit Mineralfarben ausgeführte Wandmalerei, die in bis zu zehn Farbschichten lasierend auf die Flächen aufgetragen wird, lässt durch die Vielzahl der Nuancen an ein Wolkentableau bei Sonnenuntergang denken. Mittlerweile ist die beabsichtigte Wirkung schon deutlich sichtbar.Während der Sanierung und Ausgestaltung der Kirche musste die Gemeinde ihre Gottesdienste im Bürgerhaus abhalten – jetzt ist langsam ein Ende absehbar. Schon Heiligabend will Pfarrer Vonderau die erste Messe im strahlenden Licht der neuen Wandbemalung halten. Die katholische Pfarrkirche in Rommerz ist zu einem weit über die Region hinaus beachteten Unikat geworden. Überzeugen Sie sich selbst. +++Carla Ihle-Becker