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Im April 2008 im Landrückentunnel.... - Fotos: Archiv osthessen-news
05.07.10 - KALBACH
Die Staatsanwaltschaft Fulda hat das Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Deutschen Bahn AG wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung im Zusammenhang mit der Entgleisung des ICE 885 am 26.04.2008 um 21:04 Uhr am Landrückentunnel gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Bei dem Unfall wurden 73 der 145 Passagiere des Zuges verletzt. Sie erlitten insbesondere Stauchungen und Prellungen.Nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen und dem Bericht der Eisenbahn-Untersuchungsstelle des Bundes vom 14.05.2010 kann keinem Verantwortlichen oder bestimmten Bediensteten der Deutschen Bahn AG ein pflichtwidriges Verhalten zur Last gelegt werden.
Wörtlich heißt es in der heutigen Erklärung der Staatsanwaltschaft Fulda: "Die Ursache für die Entgleisung des Zuges konnte auch nach einer unfalltechnischen Simulation nicht eindeutig geklärt werden. Eine mögliche Ursache ist eine Entgleisung durch direktes Einwirken der Schafe auf den Triebkopf. Je nach Situation waren 9-13 Schafe mit einer Gesamtmasse von 900 kg bis 1300 kg in der Fahrsituation ausreichend, um eine vollständige Radentlastung bzw. Entgleisung zu erzeugen. Möglich ist aber auch, dass beim Aufprall auf die Schafe im Frontbereich des Triebkopfes Bauteile des Zuges beschädigt wurden, sich diese Teile mit den Tierkadavern zwischen Schienen und Zug verkeilten und so zur Entgleisung führten. Möglich ist nach der unfalltechnischen Simulation auch eine Kombination der beiden vorgenannten Ursachen.
Ein anderweitiges Fremdverschulden kann ausgeschlossen werden. Zum Unfallzeitpunkt bestand weder nach dem allgemeinen Eisenbahngesetz oder der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung noch nach den anerkannten Regeln der Technik eine Verpflichtung zur Einfriedung der Gleise. Eine Recherche zu Unfällen zwischen Zügen und Haus- oder Weidevieh hat zwar ergeben, dass es seit dem Jahre 2007 zu einigen Zusammenstößen zwischen Triebwagen mit (Weide-)Tieren kam. Es handelte sich dabei aber nie um eine Herde von Tieren. Auch kam es zu Zusammenstößen in der Mehrzahl mit Nahverkehrs- und D-Zügen, zumeist auf Nebenstrecken und nicht mit ICE-Zügen auf Schnellfahrtstrecken.
Der Gleiskörper, der Ober- und Unterbau der Bahnstrecke sowie der ICE 885 befanden sich zum Unfallzeitpunkt in einem störungsfreien Zustand.Auch kann dem Fahrdienstleiter im Bahnhof Fulda und dem Triebwagenführer des ICE 782 kein Fehlverhalten zur Last gelegt werden, weil für diese der Unfall nicht vorhersehbar war. Zwar war der ICE 782 wenige Minuten vor dem Zusammenstoß des ICE 882 aus Richtung Würzburg kommend unmittelbar nach Verlassen des Landrückentunnels auf ein einzelnes auf den Schienen stehendes Schaf geprallt. Nach einer Vollbremsung gelangte der ICE erst nach Passieren des Bornheckentunnels zum Stillstand.
Der Triebwagenführer des ICE 782 kontrollierte den Triebkopf seines Zuges und teilte den Vorfall um 21.03 Uhr dem Fahrdienstleiter im Bahnhof Fulda mit, war sich jedoch nicht sicher, ob es sich um ein Schaf gehandelt hatte. Erst nachdem er gegen 21.20 Uhr im Bahnhof Fulda angekommen war und dort am Bug seines Zuges Anhaftungen von Schafffell festgestellt hatte, konnte er den begründeten Verdacht haben, dass sein Zug tatsächlich mit einem Schaf kollidiert war. Zu diesem Zeitpunkt war der ICE 885 bereits (um 21.04 Uhr) entgleist. Aufgrund der (schuldlos unvollständigen) Gefahrenmeldung durch den Triebwagenführer des ICE 782 bestand für den Fahrdienstleiter im Bahnhof Fulda auch keine Veranlassung auf der Strecke befindlichen Zügen Warn- oder Halteanweisungen zu geben. Eine solche Meldung hätte den Unfall um 21.04 Uhr auch nicht mehr verhindern können.
Soweit in einem früheren Bericht des Regierungspräsidiums Kassel unzureichende Brand- und Katastrophenschutzvorkehrungen im Landrückentunnel gerügt werden, hatten diese keinerlei Auswirkungen auf den Unfall des ICE 885 mit Teilen der Schafherde.Das Ermittlungsverfahren gegen den verantwortlichen Schäfer wurde bereits am 11.02.2009 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt" heißt es in der vom Pressesprecher Harry Wilke unterzeichneten Erklärung.
Die Bahn begrüßt die Einstellung des Verfahrens
Die Deutsche Bahn AG begrüßt die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Mitarbeiter der Deutschen Bahn im Zusammenhang mit dem Aufprall eines ICE-Zuges auf eine Schafherde im Landrückentunnel im April 2008. Die Ermittlungen haben keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein organisatorisches oder technisches Versagen seitens der Deutschen Bahn Ursache des Unfalls war. Ebenfalls bestätigte das Gericht, dass keinem Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist.
Die Staatsanwaltschaft stellt in Ihrem Bericht zudem fest, dass zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens keine Verpflichtung bestand, eine Einfriedung oder Teileinfriedung der Bahnstrecke oder der Tunnelportale vorzunehmen.
Schäfer Norbert Werner kann noch nicht aufatmen
Der Kalbacher Schäfer Norbert Werner, dessen Herde den spektakulären Bahnunfall im Landrückentunnel verursacht hatte, kann aber noch nicht aufatmen. Die Bahn hatte ihm mit Regressforderungen gedroht, nachdem zweifelsfrei feststand, dass es sich um seine Tiere gehandelt hatte. Die Schafe waren laut Ermittlungen ordnungsgemäß eingezäunt gewesen und offenbar von wildernden Hunden gejagt worden, so dass sie in den ICE-Tunnel geflüchtet waren. Obwohl die Staatsanwaltschaft Fulda keinerlei Versäumnisse oder Unterlassungen festgestellt hatte und deshalb auch das Strafverfahren gegen ihn eingestellt wurde, war von Seiten der deutschen Bahn kein solches Signal an den Schäfer gekommen. Dass er weiter unter der Anspannung leben muss, womöglich noch zivilrechtlich zu Schadensersatz in immenser Höhe herangezogen zu werden, kann Norbert Werner nicht verstehen: „Wenn so etwas schlimmes passiert und von den Bahnverantwortlichen wird nichts unternommen, um so etwas in Zukunft zu verhindern, dann ist das für mich extrem unverständlich“, sagte er heute gegenüber osthessen-news. In anderen Ländern sei es Standard, die Tunnel-Ein- und Ausgänge durch Zäune abzusichern, damit niemand auf die Gleise kommen könne.
Auf den noch drohenden Zivilprozess und mögliche Regressansprüche gegen den Schäfer angesprochen, erklärte heute Nachmittag der zuständige Bahnsprecher Hans-Georg Zimmermann in Stuttgart, dazu gebe es noch keine abschließende Entscheidung – die Juristen der Bahn prüften das noch. Siebenundzwanzig Monate nach dem Unglück ist diese Wartesituation für Schäfer Werner schwer erträglich. Soll der Vater von sechs Söhnen, dessen Herde bereits von der Schafseuche Scrapie und einem Hochwasser dezimiert worden war, tatsächlich der sprichwörtlich Letzte sein, den die Hunde beißen? (ci) +++
Osthessen-news berichtete in den vergangenen 27 Monaten ausführlich über den ICE-Unfall im Landrückentunnel:
27.04.2009: Jahrestag: das ICE-Unglück im Landrückentunnel ist immer noch ungeklärt
http://www.osthessennews.de/beitrag_A.php?id=1165216
18.02.2009 ICE-Unfall Landrückentunnel: Verfahren gegen Schäfer eingestellt (mit VIDEO)
http://www.osthessennews.de/beitrag_A.php?id=1162158
14.11.2008 ICE-Unglück Landrückentunnel: War Rettungszug-Lokführer betrunken?
http://www.osthessennews.de/beitrag_C.php?id=1157741
13.06.2008 Sieben Wochen nach ICE-Unglück: Triebkopf auf der Straße in Werkstatt
http://www.osthessennews.de/beitrag_C.php?id=1151195
14.05.2008 Erdtger Zug um 23:04 Uhr durch Landrückentunel - eingleisige Freigabe
http://www.osthessennews.de/beitrag_C.php?id=1149914
ICE komplett aus Tunnel geborgen (Bilder + Video) http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149478
Tag 4 nach ICE-Unglück – News, Details & Bilder: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149380
Tag 3 nach ICE-Unglück – News, Details & Bilder: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149328
Scharfe Kritik an verspäteter Alarmierung: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149276
War ICE-Unglück zu verhindern? Schon vorher 2 Schafe überfahren: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149315
Kritische Fragen und Bilderserie: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149275
Große Bilderserie: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149264
26.04.2008 1. aktuelle Meldung zum ICE-Unfall: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1149262 +++
Im April 2008 im Landrückentunnel....
Harry Wilke, Sprecher der Staatsanwaltschaft Fulda heute ...
Die Bahn prüft mögliche noch zivilrechtliche Schritte gegen Schäfer Werner....
Im April 2008 im Landrückentunnel....
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