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28.03.11 - FULDA

"Wir sind Kirche" fordert Menschenrechte auch in der römisch-katholischen Kirche

Mit einem so genannten "Mahngottesdienst" zum "Weltgebetstag für Frauenordination" ist am Sonntagmittag auf dem Platz vor dem Fuldaer Dom die dreitägige Bundesversammlung der kirchenkritischen KirchenVolksBewegung "Wir sind Kirche" zu Ende gegangen. Fast eine Stunde lang wurde von den knapp 50 Teilnehmern gebetet, gesungen, Brot und Wein von Frauen ausgeteilt und sich gegenseitig der Segen gespendet. Außerdem wurden Infoblätter über die Aktion an vorbeikommende Passanten verteilt.

Ein halbes Jahr vor dem geplanten Papstbesuch in Deutschland hatten die Kirchenkritiker zum Abschluss ihrer Konferenz den Vatikan zur "Anerkennung der Menschenrechte aufgefordert". Die Diskussion über die Kirchenreform müsse daher vorrangig eine Diskussion um Menschenrechte in der Kirche sein. Pflichtzölibat, Verweigerung der Frauenordination und sexuelle Diskriminierung homosexueller Menschen seien "menschenrechtswidrig". Mit der Gewährung oder Vorenthaltung der Menschenrechte steht oder fällt heute die Glaubwürdigkeit der Kirche in der Welt, erklärte die katholische Reformbewegung auf ihrer 29. Bundesversammlung.

Es sei "ein bleibender Skandal", dass der Vatikan die UN-Menschenrechtserklärung als einer von wenigen Staaten immer noch nicht unterschrieben habe, kritisierte die Bewegung "Wir sind Kirche" am Sonntag in Fulda. Obwohl sich Päpste und TheologInnen in den letzten Jahrhunderten zu Recht immer wieder für die Einhaltung der Menschenrechte „in der Welt“ eingesetzt haben, sei die römisch-katholische Kirchenleitung immer noch nicht bereit, ihre Gültigkeit auch innerhalb der Kirche anzuerkennen und Geltung zu verschaffen.

An der 29. Bundesversammlung haben fast 100 Delegierte aus den deutschen Diözesen mit Gästen von Reformgruppen aus Österreich, der Schweiz und den Niederlanden teilgenommen. Prof. Dr. Heribert Franz Köck, em. Universitätsprofessor für Staats- und Europarecht, Universität Linz, Österreich, sagte in Fulda, es müsse beispielsweise gezeigt werden, dass der Pflichtzölibat gegen das Menschenrecht auf freie Wahl des Familienstandes und gegen das Menschenrecht auf freie Berufswahl verstößt, und dass er darum selbst dann sofort abgeschafft werden müsste, wenn wir einen Überfluss an Priesterberufungen hätten. Gleiches gilt mutatis mutandis für die Zulassung von Frauen zum Priestertum, weil mit der Diskriminierung der Frau ganz grundsätzlich Schluss gemacht werden muss.

Köck bedauerte, dass die Amtskirche bisher nicht bereit ist, auch nur in einen Dialog über „Menschenrechte in der Kirche“ einzutreten. Dies sei jetzt auch wieder beim Abwürgen der Diskussion über das Memorandum „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“ von mehr als 300 katholischen Theologieprofessorinnen und –professoren deutlich geworden. Noch im 19. Jahrhundert habe die Amtskirche grundlegende Menschenrechte wie Glaubens- und Gewissensfreiheit, Meinungsfreiheit oder politische Mitbestimmung als unsinnig abgetan. Dies würde von ihr heute teils verschwiegen, teils als zeitbedingt beschönigt und ist beim Kirchenvolk praktisch unbekannt.

Der zweite Hauptreferent, Prof. Dr. Dr. Gotthold Hasenhüttl führte aus: „Die Würde des Menschen ist unantastbar und muss von jeder Religion eingefordert werden. Jede Kirche und Glaubensgemeinschaft muss sich fragen lassen, wo sie gegen Solidarität und die Würde des Menschen verstößt.“ Hasenhüttl ist em. Univ.-Prof. für systematische Theologie an der Universität des Saarlandes. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) lehre zu Recht, dass die hierarchischen Organe das irdische Element in der Kirche sind und göttliche Wahrheit daher nicht garantieren können. Die institutionellen Elemente in der Kirche haben eine sozial-strukturierte Ordnungsfunktion, doch Institutionen gehören nicht zum innersten Wesen der Kirche, so Hasenhüttl.

Das vor zehn Tagen in Paderborn von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellte Programm für einen vierjährigen innerkirchlichen Gesprächsprozess, der lediglich einen Minimalkompromiss der Bischöfe darstellt, hat die Bundesversammlung mit großer Enttäuschung zur Kenntnis genommen (siehe auch http://www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=128&id_entry=3255). Wir sind Kirche wird sich jedoch weiter intensiv um Dialoge auf allen Ebenen bemühen, die diesen Namen verdienen, vor allem auch im Hinblick auf den Katholikentag 2012 in Mannheim. Die nächste Bundesversammlung zur Vorbereitung auf den Katholikentag 2012 in Mannheim wird vom 21. bis 23. Oktober 2011 in Mannheim stattfinden. +++

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