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Ankunft in Hollstadt - und empfangen von Freunden und Musikkapelle... - Fotos: Hanns Friedrich

Der Empfang in Hollstadt am Sonntagnachmittag war eine Überraschung für die fünf Jakobspilger aus Hollstadt. Pfarrer Lorenz Maurer, Familienangehörige, Freunde und Bekannte empfingen sie am Orsteingang

22.06.11 - HOLLSTADT

Fünf Hollstadter in neun Jahren 2.950 Kilometer auf Jakobusweg unterwegs

Neun Jahre lang waren Konrad Menninger, Helmut Wehe, Kurt Baumeister, Viktor Lautenbach und Jürgen Gruß etappenweise auf den Spuren des Heiligen Jakobus. Von ihrer Heimatgemeinde Hollstadt bis Santiago legten sie knapp 3.000 Kilometer zurück. Höhepunkt der beschwerlichen Pilgerreise durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Spanien war ganz sicherlich der Einzug in Santiago de Compostella. „Es war ein Tag, an dem wir alle fünf sehr schweigsam waren, jeder hing seinen Gedanken nach,“ sagte Jürgen Gruß. „Es war schon beeindruckend nach soviel Jahren endlich am Ziel zu sein,“ fügt Helmut Wehe an. Daß dieses Erlebnis aber noch übertroffen werden sollten, das wussten die Fünf zu diesem Zeitpunkt nicht.

Die Überraschung wartete am vergangenen Sonntagnachmittag nämlich am Ortsausgang von Hollstadt auf die Jakobspilger. Dort waren Familienangehörige, Freunde, Bekannte, Dorfbewohner und Pfarrer Lorenz Mauer zusammengekommen, um die Pilger zu empfangen. Der Pfarrer begrüßte denn auch die Pilger auf das Herzlichste und meinte, daß sie nach neun Jahren einen beschwerlichen Weg hinter sich gebracht hatten. Nun wolle man sie zur Kirche geleiten, um Gott zu danken. Erster Halt war dann am Hollstädter Jakobsbrunnen, ein zweiter an der Kirche, wo ein Bildstock des Heiligen Jakobus steht. „Dieser Empfang hat den Einzug in Santiago nun aber doch übertroffen, es war überwältigend für uns,“ sagen die Pilger.

Schon am nächsten Tag hatte der Alltag alle Fünf wieder, denn die Arbeitsstelle wartete auf sie. Jürgen Gruß hat in seinem Laptop zahlreiche Bilder des neunjährigen Pilgermarsches gesammelt. Von Hollstadt über Schweinfurt nach Würzburg führte vom 3. bis 5. Oktober 2003 die erste Route. „Der erste Tag von Hollstadt nach Schweinfurt, immerhin 50 Kilometer, waren dabei das Schwerste,“ erinnern sich die Jakobspilger. Dort waren sie bei Pfarrer Roland Breitenbach, bekamen den notwendigen Stempel in den Pilgerausweis, den Pilgersegen und machten sich dann, nach der Übernachtung im Kolpinghaus in Richtung Würzburg auf. Noch im gleichen Jahr nahm man die 2. Etappe unter die Füße und pilgert auf dem ausgeschilderten Jakobsweg von Würzburg nach Rothenburg ob der Tauber. Die Bilder zeigen dort die adventliche Stimmung, die die Pilger am Ziel empfing.

Auch im kommenden Jahr wollte man wieder zwei Etappen bewältigten entschieden Hollstädter damals und zwar bis in die Schweiz. So gings vom 19. bis 23, Mai von Rothenburg nach Lonsee und von dort nach Bad Waldseee und zwar im Herbst. Es sind herrliche Landschaftsaufnahmen, die heute von diesem aber doch oft sehr beschwerlichen Fußmarsch erzählen. Konstanz, Einsiedeln, Interlaken, Brienzer See und Thuner See sowie den Vierwaldstädter See sahen die fünf Hollstadt und auch Lausanne, den Genfer See und natürlich Genf. Wenn Jürgen Gruß die Bilder am Laptop durchklickt zeigt ein Bild einen ehemaligen Luftschutzbunker, in dem heute Bett an Bett für die Pilger steht. Sie erinnern an Übernachtungen im Stroh aber auch eine übervolle Wurstplatte im Kloster Fischingen. „Die wussten wir aufessen, ob wir wollten oder nicht,“ lacht Helmut Wehe. Interessant für sie der Übergang nach Frankreich. Eine Schranke, die man umging. Das wars.

Von da ab allerdings gabs auch kein deutsches Wort mehr. Französisch war angesagt. Oftmals mußte man sich mit Händen und Füßen verständigen, bekam aber immer das was man wollte und vor allem eine Unterkunft am späten Nachmittag. Von freundlichen Franzosen berichten die fünf Hollstädter und auch von so mancher Fügung des Heiligen Jakobus. Einmal fanden sie eine Herberge, bei der die Besitzerin nicht anwesend war. Da wollten sie sich wieder auf den Weg machen, als es zu regnen begann. „Und als wir gerade unsere Regenkleidung überwarfen, kam die Besitzerin um die Ecke,“ berichtet Jürgen Gruß und fügt an: „Wenn das nicht Fügung war!“ Genf, Le Puy, Conques, Moisac und die beschwerlichen Pyrenäen warteten in Frankreich auf die Hollstädter Pilger. Es war die längste Strecke in einem Land. „Oftmals haben wir an einem Tag gleich mehrmals die Rhön durchwandert, sagt Helmut Wehe. Die Höhenunterschiede der Gebirge waren mehr als in der Schweiz, vor allem das Zentralmassiv .

Und dann kam noch der Regen dazu: Elf von zwölf Tagen goss es in Strömen. Die Bilder zeigen steinige, lehmige Pfade auf denen das Wasser zu Tal floss, den Pilgern entgegen. „Da musst du durch auch wenn das Wasser knöcheltief stand, da hilft nichts, auch das gehört dazu,“ sagt Jürgen Gruß. In Frankreich war es aber auch, daß die Fünf die ersten Kontakte zu weiteren Jakobspilgern hatten. Das setzte sich auf dem dann weltbekannten „Camino“ auch fort. Man traf Pilger, die mit dem Fahrrad unterwegs waren, Pilger mit Eseln, zu Pferd und auch behinderte Menschen. Nicht immer gingen die Fünf zusammen, sondern oftmals zu zweit. „Das ist bei solch einem Marsch wichtig und richtig.“ Auf dem Camino in Spanien war dann fast die ganze Welt vertreten. Die Fünf aus Hollstadt trafen auf Kanadier, Australier, Pilger aus Südkorea, Japan, Südafrika, Amerika und vor allem auf viele Brasilianer. Hier musste man sich dann nicht mehr, wie bisher, um Unterkünfte kümmern. Die Pilgerherbergen waren ohne Reservierung. Einer der Hollstädter mußte zwischendurch drei Tage in einem Krankenhaus verbringen, dann aber gings immer weiter.

Das Ziel: Santiago de Compostella rückte immer näher. Pamplona, Burgos, Leon, Cruz de Ferro und dann das Ziel Santiago. Die Kathedrale in Santiago erreichten die Pilger am Nachmittag. Umarten dort die Statue des Heiligen Jakobus, ließen sich die bekannte „Compostella“, die Urkunde ausstellen und „dann war die Luft raus!“ sagen sie heute. Man machte sich noch nach Finesterre, einem kleinen Fischerdorf auf, wo auf einer Bergspitze der Jakobusweg sein Ende findet. Hier ist der Kilometerstein 0.00 zu finden. Rückblickend sagen die Jakobspilger, daß sie im Laufe der Jahre immer mehr zurecht kamen. Die Ausrüstung verbesserte sich, man hatte gelernt wenig Gepäck mitzunehmen und keiner klagte über Blasen an den Füßen. Warum? Alle fünf sind das Laufen gewohnt, sie sind Wallfahrer. Erfreulich für alle, daß in diesen neun Jahren keiner abgesprungen ist, sondern alle durchgehalten haben. Die Motivation? Hollstadt ist ein Jakobspilgerort. Hier wird der Heilige Jakobus verehrt. Das Abschalten vom Alltag nennen die Pilger aber auch Versprechen, Gelöbnis, Religiosität und auch etwas Verrücktheit. Der Pilgerweg von Hollstadt nach Santiago in Spanien jedenfalls war für sie alle ein Erlebnis, das ihr Leben prägt. (Hanns Friedrich) +++


Halt am Jakobsbrunnen in Hollstadt. Hier gab es ein kurzes Dankgebet für die Pilgerschaft von Hollstadt nach Santiago.


Nicht die „Compostella“ ist für die Jakobspilger aus Hollstadt das Wichtigste, sondern dieser Ausweis. In ihm sind viele Stempel der Orte, die sie auf ihrer beschwerlichen Reise besucht hatten.

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