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Joram Brandau, Louis Roer, Magnus Hemmenstädt und Jamil Schadt (von links) stellten Fragen. Staatsminister Michael Roth (2.v.r.) blieb keine Antwort schuldig - Fotos: Gudrun Schmidl

BAD HERSFELD „Außenpolitik weiter Denken“

Staatsminister ROTH diskutiert mit Obersberg-Schülern

17.09.14 - „Krisen und Konflikte in unserer Nachbarschaft – welche Verantwortung sollte Deutschland übernehmen?“ Um diese und viele weitere Fragen gemeinsam mit Michael Roth, MdB und Staatsminister im Auswärtigen Amt für Europapolitik, zu diskutieren, veranstaltete das Auswärtige Amt zusammen mit der Modellschule Obersberg am Dienstag eine Diskussionsveranstaltung mit den Schülerinnen und Schülern der dortigen Oberstufe. Diese Veranstaltung fand im Rahmen des Projektes „Review 2014 – „Außenpolitik Weiter Denken“ statt, für die der Planungsstab des Auswärtigen Amtes verantwortlich ist. Das Projekt ist bewusst darauf angelegt, einen breiten Dialog mit Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft zu ermöglichen, um Anstöße und Einsichten jenseits der innerministeriellen Diskussion zu gewinnen. Die Fähigkeit, außenpolitisch wirkungsvoll zu handeln, hängt entscheidend davon ab, dass die politisch Verantwortlichen in Deutschland Verständnis finden für den Wert und für die Instrumente der Diplomatie.

Joram Brandau, Louis Roer, Magnus Hemmenstädt und Jamil Schadt nahmen auf dem Podium Platz, um auf ihre gescheiten Fragen kompetente Antworten von dem hochrangigen Politiker zu bekommen. Da es in der Kürze der Zeit unmöglich war, alle Krisenherde in Europa zu beleuchten, wurde das Hauptaugenmerk auf die aktuellen Konflikte in der Ukraine und im Irak gelegt. “Außenpolitik hat unmittelbar mit unserem Land und unserem eigenen Leben zu tun“, machte Roth deutlich, der in seinem Amt als Staatsminister zum einen politischer Stellvertreter von Außenminister Walter Steinmeier und außerdem im Auswärtigen Amt für Europapolitik zuständig ist.

„Warum neue Außenpolitik, eigentlich ist doch alles ok?“, stellte HZ-Redaktionsleiter Kai A. Struthoff als Moderator der Veranstaltung die erste Frage. „Es ist noch ok.“, kontert Michael Roth und erläutert: „Deutschland ist eines der verwundbarsten Länder der Welt, außerdem ein exportorientiertes Land. Wir sind verflochten mit der Welt und können nur in Sicherheit und Freiheit leben, wenn es um uns herum stabil ist“. Jedoch stellt sich immer wieder die Frage nach Deutschlands Rolle, nach unserer Verantwortung. Welche Schwerpunkte und Prioritäten sollte Deutschland setzen? Was sind unsere Interessen? Für welche Werte stehen wir ein? Wer sind die wichtigsten Partner und die Verbündeten Deutschlands?

Joram Brandau will wissen, ob es klug war, Wladimir Putin vom Verhandlungstisch beim G8 Gipfel auszuschließen? Michael Roth findet die Handlungsweise richtig, denn auf Putins Verstoß gegen internationales Völkerrecht musste man eine entsprechende Antwort finden. Roth macht deutlich, dass Russland ein wichtiges Land in der Nachbarschaft bleibt. „Wir wollen, dass Russland in Formate wie zum Beispiel G8 zurückkehrt. Sanktionen sind ein weiterer Versuch, Putin zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Michael Roth zeigt Verständnis für die Ängste der Bürgerinnen und Bürger der baltischen Staaten und Polen, die sich von Russland bedroht fühlen. Sollte eines dieser Länder angegriffen werden, ist das ein Angriff auf alle Nato-Staaten, die dann zur Solidarität verpflichtet sind. „Dann müssten wir militärisch diese Länder verteidigen“.

In der aktuellen Krisensituation sieht der Staatsminister Deutschland in einer Mittlerfunktion, die darauf zielt, Konflikte durch die Mittel der Diplomatie, des Gesprächs und der Politik zu lösen. „Wir können und wir werden nicht militärisch antworten“, bekräftigt er. Die Frage aus der Schülerschaft nach dem Warum irritiert ihn für einen Augenblick. Nach kurzem Zögern spricht er das aus, was viele Bürgerinnen und Bürger denken: „Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass wir in einen Krieg mit Russland geraten, der in einen dritten Weltkrieg münden würde“.

Nicht nur um militärische, sondern auch um kulturelle Konflikte drehte sich das zweite große Thema am Beispiel von ISIS. „ISIS missbraucht den Islam. Das ist schlimmstes Mittelalter. Das so etwas im 21. Jahrhundert existiert, ist unbegreiflich. Aber es ist kein Religionskrieg“. Die Bundesregierung liefert neben humanitären Hilfsgütern und Ausrüstungsmaterial wie Helme und Schutzwesten auch Waffen und Munition an die Kurden im Nordirak, um sie im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat zu unterstützen. Obwohl Michael Roth zu 60 % überzeugt ist, dass die Waffenlieferungen aus Deutschland an die Kurden richtig sind, räumt er zu 40 % berechtigte Zweifel ein, ob die Waffen nicht doch in die falschen Hände kommen. „Ich bin sicher, ich habe mich schuldig gemacht“.

Auf Fragen aus dem Publikum zur Haltung von Deutschland im Konflikt zwischen Israel und den Hamas, äußert sich Roth so: „Israel ist von der Hamas im Gaza-Streifen angegriffen worden. Jedes Land hat das Recht, sich zu verteidigen. Wir stehen Israel nicht kritiklos, aber solidarisch zur Seite“.

„Deutschland ist ein wohlhabendes, erfolgreiches, starkes Land. Wir stehen in der Verantwortung, dass es den Menschen in der Welt besser geht. Wir dürfen die Augen nicht verschließen vor dem Elend der Welt. In der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es kein richtig und kein falsch. Es sind die Grautöne, die es kompliziert machen. Sollte die Diplomatie trotz allem versagen, schließt Roth nicht aus, dass „etwas mehr deutsche Soldaten gebraucht werden“. In seinem Schlusswort ermuntert Staatsminister Roth die jungen Leute, die Welt kennenzulernen, ihr Geschichtswissen zu erweitern und ihre eigenen Werte zu verteidigen. Während sich zu Beginn der Veranstaltung nur rund ein Drittel der Schülerinnen und Schüler per Handzeichen für mehr Verantwortung Deutschlands ausgesprochen hatten, sprach sich als Ergebnis der Diskussionsrunde eine deutliche Mehrheit dafür aus.(Gudrun Schmidl) +++

Staatsminister Michael Roth (links) im Gespräch mit HZ-Redaktionsleiter Kai A. Struthoff ...


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