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Lullus und die Stracke - Stadtgeschichte trifft auf hessische Spezialitäten
25.01.15 - Die eigene Stadt neu entdecken oder als Gast Bad Hersfeld kennenlernen kann man am besten mit einer Stadtführung. Bestenfalls mit einer kulinarischen Stadtführung, die am Samstag zum ersten Mal kommerziell durchgeführt wurde. Michael Adam, Pressesprecher des Landkreises Hersfeld-Rotenburg, hat diese Idee, die nicht neu, aber gut ist, gemeinsam mit der Kurverwaltung entwickelt. Das neue Angebot ist auf jeden Fall eine Bereicherung, denn der Rundgang durch den Stiftsbezirk und die historische Altstadt wird mit genüsslichen Pausen aufgelockert.
Empfangen wurden an dem winterlichen Nachmittag die Gäste in der Gaststätte „Sportlereck“, wo mit Sekt oder Wasser auf die kommenden zweieinhalb Stunden gemeinsames Erleben angestoßen wurde. „Ein bisschen schneller als schlendern“, kündigt Michael Adam die Laufgeschwindigkeit für den Rundgang an. Dem geschichtlichen Hintergrund der Stadt angemessen, ist er in Benediktinerkluft gewandet, die er nicht nur bei den kulinarischen Stadtführungen trägt. Er gehört zu den Bad Hersfelder Mönchen, die bei besonderen Anlässen in Erscheinung treten und allesamt mit ihrem Wissen über die Stadtgeschichte punkten können. Wenn dieses Wissen dann noch mit Anekdoten gewürzt und mit Leidenschaft vorgetragen wird, ist eine bleibende Erinnerung garantiert. Auch das kulinarische Angebot bei Variante 1 der kulinarischen Stadtführung mit Sekt, Kaffee und leckerem Schmande- und Streuselkuchen, einem Glas Wein zwischendurch und zum krönenden Abschluss „Hessischer Stracke“, Brot, Bier und Lullusfeuer lässt keine Wünsche offen. Alternativ werden nichtalkoholische Getränke und eine Käseauswahl angeboten. Variante 2 beinhaltet ein 3-Gänge-Menü im Restaurant des Hotels „Zum Stern“.
Die Stiftsruine, sie gilt als die größte romanische Basilika nördlich der Alpen und größte romanische Kirchenruine der Welt, fehlt natürlich bei keiner Stadtführung. Die Teilnehmer der kulinarischen Stadtführung, die regelmäßig die Bad Hersfelder Festspiele besuchen, waren fasziniert von dem Eindruck der unbestuhlten Stiftsruine. Nicht minder interessant ist der freistehende Katharinenturm, der die Lullusglocke aus dem Jahr 1038, und damit die älteste gegossene Glocke Deutschlands, beherbergt. Diese wird nur zu hohen Feiertagen und zum Auftakt des Lullusfestes geläutet. Auch Michael Adam ist als „Glöckner“ aktiv und überrascht an diesem historischen Ort mit Schillers Gedicht „Das Lied von der Glocke“, das er aus dem Stehgreif rezitiert. Später wird er seine Erläuterungen zu der Geschichte der Bad Hersfelder Stadtkirche mit seinen gregorianischen Gesängen zu einem besonderen Erlebnis machen.
Die Gruppe wandelte an diesem Nachmittag, den immer dichter werdenden Schneeflocken trotzend, auf den Spuren von Lullus, Sturmius, Lingg von Lingenfeld und den Mückenstürmern. Zur kulinarischen Einkehr luden das zauberhafte Café „Landlust“ in der Johannesstraße und das urgemütliche „Abtschlösschen“ ein.
Eine kurze „Weinprobe“ wurde noch einmal im „Sportlereck“ eingelegt. „Sie können in aller Ruhe genießen, in fünf Minuten gehen wir weiter“, scherzte Michael Adam über das noch nicht optimale Zeitmanagement, verspricht aber Besserung. Das kulinarische Angebot soll bei den künftigen Stadtführungen der Jahreszeit entsprechend mit weiteren nordhessischen „Schmeckewöhlerchen“ angepasst werden. Die deftige Küche und einen guten Wein wussten schon die Klosterbrüder zu schätzen und nicht nur das. „Es wurde gefressen, gesoffen und rumgehurt“, bringt Michael Adam die Ausschweifungen im Kloster auf den Punkt. Wer noch mehr Klostergeheimnisse erfahren will, kann sich bei der Tourist-Info unter Tel. 06621-201274 oder per Mail unter [email protected] zu einer Genuss-Führung anmelden, die zunächst nur für Gruppen zwischen 5 und 15 Personen durchgeführt wird. (Gudrun Schmidl) +++