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Junge Theatergruppe begeistert mit Uraufführung "zwischen Leben und Tod"
10.04.16 - „Zwischen Leben und Tod“ bewegten sich am Samstagabend die jugendlichen Protagonisten während der Uraufführung des Stückes „Die Türen“ auf der Bühne im Audimax der Obersbergschulen, das erfreulich gut besucht war. Die Besucher verfolgten mit Spannung die erste Aufführung der jungen Hersfelder Theatergruppe „Sommernachtsträumer e.V.“ unter der Leitung von Tobias Stübing, der seit zwei Jahren bei den Festspielen als Regieassistent Erfahrung gesammelt hat und mit diesem Stück seine erste Inszenierung präsentiert.
Im letzten Jahr standen 40 Jugendliche und rund 10 ältere „Amateure“ als Kleindarsteller bei den umjubelten „Sommernachtsträumereien“ unter der Regie von Joern Hinkel zusammen mit den Profis auf der Bühne. Tobias Stübing (23) widmete sich dabei der Arbeit mit den Kleindarstellern. Das Interesse an dem darstellenden Spiel war besonders bei den Jugendlichen auch nach der erfolgreichen Festspielsaison so groß, dass der Regieassistent mit ihnen die „Sommernachsträumereien 2.0“ erarbeitete, in denen alle Rollen von den „Kleindarstellern“ gespielt wurden. Die Arbeit mit Tobias Stübing wurde dann mit der improvisatorischen Entwicklung eines neuen Stückes weiter geführt und ein Verein gegründet, um neue Ideen in die Tat umsetzen zu können und mit Hilfe der Festspiele etwas Eigenes aufzubauen.
Die Handlung des Stückes: Fünf Jugendliche erwachen in einem fremden Raum und bemerken erst allmählich, dass sie von einem wortkargen Wächter (Joachim Götz), der jede ihrer Bewegungen zu protokollieren scheint, beobachtet werden. Sie versuchen herauszufinden, was es mit dem Raum auf sich hat und warum ausgerechnet sie hier zusammen eingesperrt sind. Es stellt sich heraus, dass jeder der Fünf an einem Wendepunkt seiner persönlichen Geschichte stand, auf der Schwelle zwischen Leben und Tod. Jetzt scheinen die Fünf der Willkür eines mysteriösen Wächters ausgesetzt zu sein, der ihnen klarmacht, dass für jeden eine der fünf Türen mit den Aufschriften „Tod“, „Strafe“, „Glück“, „Rettung“ und „?“ als einzig möglicher Ausgang bereitstehe. Doch welche der Türen ist für wen bestimmt? Die Gefangenen machen sich auf eine Reise in ihre Vergangenheit, die Panik der Eingeschlossenen wird durch Anweisungen des Wächters wie „Die Türen sind noch nicht zum Durchgang freigegeben“, „Die Zeit läuft ab“ oder „Die Tür deiner Bestimmung ist eine andere“ noch gesteigert.
Benjamin (Nico Otto), mit OP-Hemd und Kompressionsstrümpfen bekleidet, befindet sich in diesem „unheimlichen Raum mit komischen Menschen“, dabei sollte ihm zeitgleich nach zwei Fehlschlägen eine dritte Spenderniere implantiert werden. Simon (Jan Frederik Saure), der die ebenfalls anwesende Olivia (Chiara Kremser) abgöttisch liebt, ihr sein Herz zu Füßen gelegt, aber dennoch versucht hat, sie umzubringen, hofft auf einen Neuanfang mit seiner Angebeteten. Olivia, die auf seine „Liebe gespuckt“ hat, verachtet dieses Süßholzgeraspel und verarscht nicht nur Simon, sondern die Kerle reihenweise, „weil sie danach schreien“.
Marie (Paula Gnewuch), die mehrmals vergeblich versucht, den Raum durch die Tür mit der Aufschrift „Tod“ zu verlassen, muss sich fragen lassen, warum sie sterben wollte. Sie gesteht, dass sie sich immer als die Schuldige fühlt, erlebt häusliche Gewalt und muss letztendlich durch die Rettungstür gehen, um ihrer schwachen und gebrochenen Mutter beizustehen. Sehr still, aber mit dem großen Wunsch, einmal im Mittelpunkt zu stehen, ohne fertig gemacht zu werden, präsentiert sich Katrin (Hanna Trümner). „In eurer Welt bin ich ein Niemand. Nur in meinen Träumen war ich frei“. Auch Katrins innere Konflikte werden in einer beeindruckenden und effektvollen Schwarzlichtszene von 18 weiteren Darstellern tänzerisch und pantomimisch reflektiert.
„Die Türen“, so erläuterte Stübing vorab, sei sowohl von Sartres Klassiker „Geschlossene Gesellschaft“, als auch von Ängsten und Sehnsüchten der Darsteller inspiriert. Es sind allerdings nicht die eigenen Lebenswirklichkeiten, die die fünf jungen Hauptdarsteller im Alter von 13 bis 17 Jahren auf der Bühne spielen. Auf jeden Fall ein beachtenswert tiefsinniges, bedrückendes, zum Nachdenken anregendes Stück mit Protagonisten, die mit ihrer enormen Bühnenpräsenz die Spannung halten und mit großer Intensität Einblicke in die Seelen fünf junger Menschen gewähren. Diese erste gelungene Inszenierung des jungen Regieassistenten Tobias Stübing, der auf die Unterstützung von Joern Hinkel als Dramaturg und viele weitere Mitwirkende vor und hinter der Bühne setzen konnte, wurde vom Publikum frenetisch gefeiert. An diesem Abend klemmte tatsächlich nur der Bühnenvorhang! Informationen zu dem Verein unter www.sommernachtstraeumer-hersfeld.de (Gudrun Schmidl) +++