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27.01.13 - NACHGEDACHT (4)

"Eine Pille die unsterblich macht?" - Gedanken von C. LEINWEBER

Ein Gedankenexperiment: „Dem Oberhaupt eines großen Staates wird von der Pharmaindustrie ein Angebot gemacht: Es geht um eine „Pille", die unsterblich machen kann und die Bevölkerung könnte sie bekommen. Das Staatsoberhaupt beginnt zu überlegen, ob er das Angebot annehmen soll. Für ihn spricht, dass die Menschen dann genug Zeit hätten, das Leben voll auszukosten – sie könnten reisen, viel essen und trinken oder auch ganz in Saus und Braus leben. Natürlich weiß der Präsident, dass die Menschen auch noch arbeiten müssten, aber dafür hätten sie ja noch lange genug Zeit, eben für immer.

Dann schweifen seine Gedanken weiter und er bekommt Bedenken: Er würde ja dann die Pille auch nehmen und er möchte eigentlich nicht für immer hier sein – denn er weiß, dass diese Welt ihm zwar Freude macht, aber er auch schon oft genug schlechte Erfahrungen mit ihr gemacht hat. Die will er nicht auf ewig wiederholen.

Außerdem weiß er als Staatsoberhaupt, dass die Menschen, wenn sie für eine Sache ewig Zeit haben, oft faul werden. Sie müssen sich ja nicht beeilen, um fertig zu werden, denn Zeit genug haben sie ja. Dann wird eben alles nach hinten verschoben. Das findet das Staatsoberhaupt fatal, denn er weiß von sich selbst, dass er nur innerhalb von Grenzen produktiv sein kann, wenn er ein Ziel vor Augen hat. Aber ohne Zeitlimit würde sein Leben so dahinplätschern, verbummelt werden.

Alles wäre dann in seinem Staat irgendwie nicht mehr besonders, auch die Menschen wären nicht mehr so wie sie vorher waren. Ihr Dasein würde selbstverständlich, keiner könnte sie vermissen, denn sie blieben ja ewig da. Denn er hat auch die Erfahrung gemacht, dass oft nur ein drohender Verlust einem Menschen die Bedeutung dessen klar macht. Wenn alles selbstverständlich ist, dann weiß man gar nicht mehr zu schätzen, was man alles hat.

Etwas überzeugt das Staatsoberhaupt dann endgültig, die Pille schlussendlich abzulehnen: Mit der Pille würde es keine Zeit an sich mehr geben, so wie sie vorher bekannt war. Sie würde nur noch dazu dienen, den Tag in Stunden einzuteilen, aber nicht mehr, um unseren Leben eine Grenze zu setzen. Zeit und besonders begrenzte Zeit ist aber der wichtigste Faktor, den Menschen anzutreiben, aus ihm seine besten Eigenschaften herauszuholen, seine Entwicklung anzukurbeln. Jeder kennt den Satz: „Bis zu diesem Zeitpunkt möchte ich so weit sein!" Und das würde mit dieser Pille auch wegfallen (Christina Leinweber).

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn. Heute ist sie freie Mitarbeiterin bei osthessen-news.de – und bezeichnet sich selbst als liberal-theologisch und kommentiert (meist an Sonntagen) in der neuen Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer Sicht. +++

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