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- Fotos: Hans-Hubertus Braune

KIRCHHEIM

Hotel Seepark ist pleite - und die hr-Doku über Amazon soll schuld daran sein

30.10.13 - "Morgen früh um neun, wenn das Amtsgericht öffnet, bin ich dort, um Insolvenz für den Seepark anzumelden", sagte Geschäftsführer Andreas Engelhoven heute gegenüber osthessen-news.de. Das habe er bereits am heutigen Mittwoch vorgehabt, doch das Gericht habe ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht – es sei geschlossen gewesen. Offenbar ist das Seehotel im Kirchheimer Seepark erneut zahlungsunfähig. Von der Insolvenz betroffen sind derzeit 60 Mitarbeiter. Schuld an der Pleite ist unter anderem die Tatsache, dass der Internethändler Amazon keine Saisonarbeiter mehr in der Hotelanlage unterbringt wie noch bis zum Anfang des Jahres. Bisher war das eine sichere und gute Einnahmequelle für den Betreiber.

Doch dann gab es im Februar eine viel beachtete (und preisgekrönte) ARD-Dokumentation über unhaltbare Zustände bei Amazon, die auch die Unterbringung von Leiharbeitern im Seepark thematisierte. Von einem brutalen und politisch zweifelhaften Sicherheitsdienst, der die schlecht bezahlten Leiharbeiter kujoniert habe, war da die Rede, die Zimmer und das Essen standen in der Kritik. "Dann brach ja ein regelrechter Shitstorm los", beschreibt Engelhoven die Auswirkungen der Reportage.

Dadurch sei ein nicht wieder gut zumachender Imageschaden entstanden - an dessen Ende nun der Insolvenzantrag stehe. Er habe letzte Woche erfahren, dass der Seepark im 4. Quartal dieses Jahres erstmalig seit 2009 überhaupt nicht mehr mit Amazon Saisonarbeitern belegt werde. "Acht Monate nach dem Erscheinen des HR-Beitrags „Ausgeliefert", in dem der Seepark Kirchheim als Synonym für eine angebliche schlechte Behandlung von Amazon-Leiharbeitern dargestellt wurde, muss die derzeitige Betreiberin des Unternehmens den schweren Gang zum Insolvenzgericht antreten. Das ist ein herber Rückschlag für den Betrieb, der seit dem 18. Februar 2013, dem Erscheinungstag des Fernsehberichtes, jeden Tag Kunden verloren hat, die durch diese einseitige Darstellung den Eindruck hatten, dass hier die Kunden und Gäste schlecht aufgehoben seien", beklagt Engelhoven.

Umsatzrückgänge von über einer halben Million Euro seien die Folge gewesen und hätten nur noch durch eine erneute Belegung mit Amazon-Saisonarbeitern ausgeglichen werden können. Hierzu habe mit einem Personaldienstleister auch ein Vertrag bestanden, der nun gekündigt worden sei. Die sechzig Mitarbeiter des Seeparks hofften nun, dass das Bad Hersfelder Insolvenzgericht einen kreativen Verwalter einsetze, der eine Zukunftsperspektive für das alt eingesessene Unternehmen finde, das sich nun – unter den veränderten Rahmenbedingungen – neu aufstellen müsse.

Engelhoven: "Amazon ist ein ordentlicher Arbeitgeber!" 

Auf den Inhalt der in der Reportage erhobenen Vorwürfe angesprochen, empört sich Engelhoven: "Wir sind doch nicht in der bayrischen Fleischindustrie - da mögen solche Zustände herrschen. Aber Amazon ist ein ordentlicher Arbeitgeber. Wer sonst bezahlt 3.000 Ungelernten 11,70 Euro Stundenlohn und bringt sie bei Vollpension in einem Hotel mit Schwimmbad unter?", fragt er rhetorisch. Dafür sei den meist aus Polen und Spanien stammenden Saisonarbeitern eine Pauschale von 240 Euro vom Lohn einbehalten worden, was doch angemessen sei. "Wenn die dann untereinander zu klauen anfangen, muss eben ein Sicherheitsdienst nach dem Rechten sehen", meint Engelhoven. Der Internethändler werde mittelfristig den Standort in Bad Hersfeld aufgeben, ist sich Engelhoven sicher.

Der Schaden, der ihm und dem Seepark  in der Folge des Fernsehbeitrags entstanden sei, sei jedenfalls eine Tatsache. Tagungsbuchungen im sechstelligen Eurobereich seien storniert worden und die Begründung habe gelautet:"Wenn wir gewusst hätten, dass Sie diese rechtsradikale Security haben, hätten wir überhaupt nie gebucht!" Der Name Seepark werde im Internet mit den Vorwürfen des HR-Beitrags in Zusammenhang gebracht, daran sei nun nichts mehr zu ändern. Weitermachen wolle er schon, sagt Engelhoven: "Mir gehört die Bude ja schließlich!" Zwangsläufig werde sich der Betrieb erheblich verkleinern, einige Mitarbeiter würden sicher von selber gehen,  und die Anlage werde einen neuen Namen bekommen. Morgen früh steht der Geschäftsführer jedenfalls um neun vor dem Amtsgericht, um die Insolvenz anzumelden. "Dazu bin ich ja verpflichtet", sagt er.+++ Carla Ihle-Becker

Andreas Engelhoven ärgert sich, sagt aber: "Ärger gehört zum Geschäftsleben"


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