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Turbulent geht es im Verlag Parzeller derzeit zu - wenn man der Gewerkschaft glaubt...

Welche Ziele verfolgt die Eigentümer-Familie Schmitt? (v.l.) Alt-Verleger und Herausgeber Dr. Thomas Schmitt und Sohn Michael, der im August 2004 die Funktion des Verlegers übernahm

14.09.05 - Fulda

Was ist los bei "Parzeller"? 35 % weniger Lohn? Massive ver.di-Kritik

Das Fuldaer Verlagshaus "Parzeller" - in dem neben Büchern auch die "Fuldaer Zeitung" (FZ) und Nebenausgaben erscheinen - kommt nicht aus den Schlagzeilen. Waren es binnen weniger Wochen der Ausstieg aus dem Flächentarifvertrag und die Einstufung als Druckerei und Verlag "ohne Tarifbindung", so sorgte vor einer Woche der "FZ"-Chefredakteur persönlich dafür, dass zwei freie Journalisten des online-Nachrichtenportals "Osthessen-News" auf dem FZ-Forum in Künzell unter Berufung auf das Hausrecht "rausgeschmissen" wurde, obwohl andere Medien "drin" blieben. Und heute wird landesweit in Medien über "Parzeller" berichtet. Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Hessen hat schwere Vorwürfe gegen den Verleger und Geschäftsführer der Parzeller Gruppe / Fuldaer Zeitung, Michael Schmitt, erhoben. Sein Vater Dr. Thomas Schmitt, der heute aus Herausgeber fungiert, war viele Jahre eine anerkannte Persönlichkeit in Verlegerkreisen. Von ihm hatte Michael Schmitt das Verleger-Amt vor einem Jahr übernommen.

Wegen der Brisanz des Themas bringt "osthessen-news" nachfolgend den Text der heutigen ver.di-Pressemitteilung. Die Hervorhebungen erfolgten durch unsere Redaktion, der Text ist ungekürzt IM WORTLAUT.

"Verleger Schmitt droht Belegschaft mit Entlassung!

Wird demnächst in Polen produziert?

Hochgesteckte Profiterwartungen treiben den Verleger und Geschäftsführer der Parzeller Gruppe / Fuldaer Zeitung zu extremen Übergriffen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in Fulda. Von ihnen verlangt er bis zu 35% Einkommensverlust auf Dauer incl. einer unbezahlten Arbeitszeitverlängerung, die im Jahresumfang ca. 36 Arbeitstage beträgt. Die Schicht- und Nachtarbeiter werden am härtesten betroffen. Durchgesetzt werden soll das mit der Androhung, ansonsten in den Druckbereich in Fulda notwendige Investitionen in eine neue Rollenoffsetdruckmaschine nicht vorzunehmen und den Druckbetrieb in der Frankfurter Straße in kurzer Zeit – bis auf den Zeitungsdruck – sukzessive abzuwickeln, über 200 Beschäftigte auf die Straße zu werfen und lieber das Geld in Polen in einen Betrieb zu stecken.

Dabei befindet sich das Unternehmen nach eigener Erklärung keineswegs in einer wirtschaftlichen Schwierigkeit. Es könnte die Investitionen aus eigener Substanz leisten. Dieses finanzielle Polster haben die Beschäftigten mit ihrer Arbeit geschaffen. Das soll nun auf diese Weise gedankt werden.

Weder Beschäftigten und Betriebsrat, noch ver.di, ist ein wirklicher Grund für diesen maßlosen Schnitt erkennbar. Zahlen, die die wirtschaftliche Notwendigkeit belegen könnte wurden nicht vorgelegt. Dem Betriebsrat wurde gar die Einrichtung eines Wirtschaftausschusses verweigert. Das vorherrschende Gefühl in der Belegschaft ist: Wir sollen abgezockt werden.

Noch dazu würde die unternehmensrechtliche Gestaltung der Parzeller Gruppe dazu führen, dass ein Verzicht der Belegschaft vermutlich schnurstracks in der black box des Verlegers, in der Holding, verschwindet. Haftungsmasse zur Sicherung der Beschäftigten im Druckunternehmen entstünde nicht.

Seit gestern legt die Leitung den Beschäftigten neue Arbeitsverträge vor. Im Fall der Unterschrift würden alle tariflichen Rechte verloren gehen und die vorgelegten – wesentlich schlechteren Arbeitsbedingungen gelten.

Und dazu: Kein Kündigungsschutz als Gegenleistung, keine Befristung des Verzichtes, künftig keine Lohn- und Gehaltserhöhungen, keine Rückkehr in den Tarifvertrag der Branche.

Dabei werden die Beschäftigten von den Führungskräften und deren Beratern permanent unter Druck gesetzt um die Unterschriften durchzusetzen. Beschäftigte sprechen von „Psychoterror“.

Berthold Balzer, stellvertretender Landesleiter der ver.di Hessen fordert den Unternehmer auf: „Nehmen Sie die höchst unwürdige Aktion der einzelvertraglichen Pressionen zurück und verhandeln Sie wieder mit der betrieblichen Tarifkommission und dem Betriebsrat um einen Haustarifvertrag“. Balzer: „Es fällt mir schwer zu glauben, dass die alteingesessenen Gesellschafter der Parzeller-Gruppe, insbesondere die Familie Schmitt, diese Praktiken des Jungverlegers – unseriös, unsozial und unnötig - dulden oder gar fördern“.

Berthold Balzer

stellvertretender Landesleiter der

Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft

ver.di Hessen

Zum Hintergrund:

Im Frühjahr 2005 tritt Parzeller Druck und Medien GmbH aus dem Unternehmerverband aus. Die Tarifverträge gelten seitdem in tariflicher Nachwirkung. Im Juni wurden nach einem Arbeitskampf in der Druckindustrie ein neuer Manteltarifvertrag und neue Lohn- bzw. Gehaltstarifverträge vereinbart.

Da diese bei Parzeller nicht automatisch tarifrechtlich wirken, hat ver.di das Unternehmen zur Übernahme des Drucktarifes durch Abschluss eines Haustarifvertrages aufgefordert. Das Unternehmen hat eine Absenkung der tariflichen Bestimmungen gefordert. ver.di hat ein Entgegenkommen signalisiert, soweit es um befristete und vertretbare Schritte gehen sollte, das Unternehmen die Tarifverträge anerkennt, betriebsbedingte Kündigungen für die Zeiträume eines Verzichte ausschlossen werden und der Standort gesichert wird.

In zwei Verhandlungen im Juli zeigte sich, das die Dimension der Verzichtsforderung maßlos und übertrieben war und die Verhandlungsbereitschaft der Unternehmensseite in der Sache glatt gegen null tendierte. Die Gespräche scheiterten.

Später kündigte der Parzeller Verlag seine Tarifmitgliedschaft im Verband Hessischer Zeitungsverleger. Damit werden auch die Redakteure Übergriffe auf ihre tariflichen Bedingungen befürchten müssen.

2,5 Mio. soll die Belegschaft jährlich und auf Dauer von ihrem Einkommen abgeben. Dafür wird eine Investition in Höhe von 12 Mio. versprochen. Läuft diese Maschine, entsteht ein Produktivitätsfortschritt von 40% zur alten Anlage. In kurzer Zeit ist diese Investition also auf normalem Wege verdient, durch die Arbeit der Beschäftigten. Wozu Verzicht?

Selbst in nicht zimperlichen Kreisen der Druckbranche findet das „Konzept“ der Leitung nur Kopfschütteln. Gilt Parzeller Druck und Medien GmbH unter Branchenkenner doch als leistungsfähige gut aufgestellte Druckerei. Qualität und Leistung verdankt Parzeller Druck und Mediendienstleistungen GmbH einer - bisher jedenfalls - hoch motivierten Belegschaft.

Auch aktuell ist die Druckerei randvoll mit Arbeit ausgelastet. Zusatzschichten füllen rund um die Uhr jedes Wochenende." +++


Das Druck- und Medienzentrum Parzeller (unten links) in Fulda

Zur Unternehmensgruppe gehören Druckerei, Verlag und online-Dienste. Hit Radio FFH ist auch im Hause mit einem Studio vertreten.

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