Archiv
17.08.06 - Fulda
AKTUELL! QUO VADIS FULDA? Neonazis dürfen am Samstag kommen!
Vor wenigen Minuten (18 Uhr) hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof ein "unanfechtbare Entscheidung" getroffen. Die geplante Demonstration der Neonazis am kommenden Samstag in und durch Fulda darf "mit richterlichem Segen" stattfinden. Konkret bedeutet das einen "heißen Samstag" für die osthessische Barockstadt, denn gleichzeitig sind zahlreiche Gegen-Demonstrationen angemeldet - und die auch stattfinden werden. Fulda wird an diesem Tag wohl auch die Stadt mit den meisten Polizisten des Landes sein. Viele Bürger befürchten, dass sich Zustände wie im August 1993 (Archivbild links) wiederholen könnten.
Die Stadt Fulda - Oberbürgermeister Möller an dieser Spitze - "bedauern", dass das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichtes aufgehoben wurde. Man werde jetzt - so eine erste Stellungnahme - dem Antragsteller eine "Auflagenverfügung" am morgigen Tag zustellen. Darin werde genau der Weg der Demonstration "vorgeschrieben und begrenzt, auch um eine Kollision mit den Gegendemonstranten zu vermeiden". OB Möller rief alle Fuldaer Bürger auf, am Samstagvormittag die Veranstaltungen des Aktionsbündnisses gegen die Neonazis auf dem domplatz, Jerusalemplatz und Universitätsplatz zu besuchen und damit auch ein "deutliches Zeichen" gegen Rechtsradikalismus und Neonazis zu setzen. HÖREN Sie dazu auch ein Statement vom Fuldaer Magistratssprecher Schwab. OBEN KLICKEN.
Um die Argumente der Kasseler Verwaltungsrichter zu begreifen - nachfolgend die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofes "IM WORTLAUT".
"Der 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hatte heute darüber zu entscheiden, ob am 19. August 2006 in Fulda eine Versammlung unter dem Motto „Meinungsfreiheit auch für Deutsche - § 130 StGB abschaffen -„ stattfinden kann. Der Oberbürgermeister der Stadt Fulda hatte die Versammlung als Tarnveranstaltung für eine verbotene Versammlung in Wunsiedel zum Gedenken an den Todestag von Rudolf Hess verboten. Das Verwaltungsgericht Kassel teilte diese Einschätzung und bestätigte das Verbot in einem gestern ergangenen Beschluss. Auf die Beschwerde des Veranstalters der Versammlung hob der 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Eilverfahren den Beschluss des Verwaltungsgerichts auf und stellte die aufschiebende Wirkung des gegen das Verbot erhobenen Widerspruchs des Veranstalters wieder her. Die Versammlung kann damit wie geplant am 19. August 2006 in Fulda stattfinden.
Der Senat konnte sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der geplanten Veranstaltung letztlich um eine Gedenkveranstaltung für Rudolf Hess handele, nicht anschließen. Das Thema, zu dem eine öffentliche Versammlung stattfindet, bestimmen diejenigen Personen, die die Veranstaltung durchführen. Nach deren Angaben ist in Fulda eine Versammlung geplant, die sich gegen § 130 Abs. 4 StGB richtet, eine Strafvorschrift, die sich gegen bestimmte Formen der Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft richtet.
Nach Auffassung des Beschwerdegerichtes sei es ohne weiteres glaubhaft, dass der Antragsteller des vorliegenden Eilverfahrens, der sich selbst dem rechten Teil des politischen Spektrums zurechnet, tatsächlich eine Versammlung mit dieser Zielsetzung durchführen will. Dafür, dass es tatsächlich um ein Gedenken an Rudolf Hess gehen soll, fehlen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte. Der bloße Umstand, dass die Veranstaltung in Fulda zwei Tage nach dem Todestag von Hess stattfinden soll, reiche hierfür nicht aus. Das gleiche gelte für die zu erwartende Identität des Teilnehmerkreises an der Versammlung in Fulda mit dem ursprünglich in Wunsiedel am 17. August 2006 zu einer verbotenen Gedenkveranstaltung erwarteten Personenkreis. Angesichts des begrenzten Personenkreises, der sich für eine Teilnahme an Versammlungen, in denen rechtsextreme Ziele verfolgt werden, gewinnen lässt, könne es nicht erstaunen, dass sich bundesweit oftmals dieselben Personen an unterschiedlichsten Orten versammeln, um derartige politische Ziele zu verfolgen.
Im Übrigen führt der Senat in seinem Beschluss aus, es sei entgegen der von der Stadt Fulda geäußerten Auffassung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass aus der Veranstaltung heraus die Straftat der Volksverhetzung nach § 130 StGB verübt werde. In dem Bemühen, durch eine Versammlung die öffentliche Meinung im Sinne einer Abschaffung des auch in Fachkreisen umstrittenen § 130 Abs. 4 StGB zu beeinflussen, liege keine Straftat.
Der Beschluss ist unanfechtbar. Aktenzeichen: 6 TG 1930/06" +++
(Hervorhebungen durch Redaktion)