"Hosenträger & Gürtel" - "Legionellenmaßnahmen im KLINIKUM überflüssig?"

Deutliche Zweifel an der Notwendigkeit und dem Nutzen von Hygiene-Auflagen im Klinikum Fulda durch das Kreisgesundheitsamt Fulda als Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit dem Nachweis von Legionellen haben Hygiene-Fachleute geäußert. Unmißverständlich war heute die Kritik von Prof. Dr. Ines Kappstein (Traunstein-Trostberg), Fachärztin für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, zum Abschluß einer Fortbildungsveranstaltung über Legionellen, zu der das Klinikum zahlreiche Fachleute im Rahmen seiner "Hygiene-Offensive" eingeladen hatte. Die Leitende Ärztin der Krankenhaushygiene widersprach explizit den vom Kreisgesundheitsamt getroffenen Anordnungen, die sie - so wörtlich "nicht nachvollziehen könne".

Nach Meinung von Prof. Kappstein gibt es in Bezug auf Legionellen im Trinkwasser, deren Vorkommen "völlig normal" sei, keinerlei gesetzliche Meldepflicht und es existierten auch keine vorgeschriebenen Grenzwerte in der Trinkwasserverordnung. In der Debatte um angebliche Hygienemängel am Klinikum war auch der massive Vorwurf einer Informationsverschleppung von der Aufsichtsbehörde erhoben worden. Wenn es tatsächlich weder Grenzwerte noch Meldepflicht gibt, wären diese Vorhaltungen des Gesundheitsamtes und die daraus resultierenden Konsequenzen überzogen gewesen.

"Ein Duschverbot ist bei Legionellenbefund auch definitiv überflüssig", sagte Kappstein und betonte, das angebliche Risiko, unter der Dusche infiziert werden zu können, sei ein Märchen. Darüber hinaus erklärte Kappstein , dass sie den Einbau von Filtern ebenfalls für unnötig erachte. Lediglich eine kleine Gruppe von Risikopatienten auf der Onkologie und Intensivstation sollte Mineralwasser statt Leitungswasser benutzen - was sowieso geschehe. Auch die Forderung nach einer sofortigen Generalsanierung des Wasserleitungssystems im Klinikum erachtet die Expertin als "völlig überflüssig".

Vorausgeschickt hatte die Hygienikerin die Information, dass die Legionelose eine äußerst selten auftretende Infektion sei. Pro einer Million Einwohner erkrankten in Deutschland pro Jahr nur fünf Personen, lediglich ein Fall davon sei "krankenhaus-assoziiert" - im Gegensatz zu "krankenhaus-erworben". In 70 Prozent aller untersuchten Wasserproben gebe es einen Legionellenbefund, was aber eben nicht zwangsläufig zu Infektionen führe. "Legionellen im Süßwassersystem gibt es seit Bestehen der Menschheit".

Die Klinikumsleitung, Vorstand Prof. Dr. Reiner Dölp und Medizinischer Direktor Prof. Achim Hellinger, wollte die Aussagen der Expertin nicht als "Kampfansage" an das Kreisgesundheitsamt verstanden wissen. Das Klinikum werde auch die eingebauten Filter weiter benutzen, "weil es die Aufsichtsbehörde so angeordnet habe". Wir werden in Zukunft Hosenträger und Gürtel tragen", sagte Hellinger. Die von amtswegen geforderte Stelle eines hauptamtlichen Hygienikers sei noch nicht besetzt, weil es generell einen eklatanten Mangel an solchen Spezialisten bestehe. Prof. Kappstein meinte, es gebe bundesweit höchstens zwei Dutzend Fachleute dieser Art.

Bis Fulda eine geeignete Person ("Wir haben auch Headhunter damit beauftragt") gefunden hat, hilft der eigentlich in Ruhestand befindliche Dr. Hartmut Krüpe-Silbersiepe an drei Tagen in der Woche und das Freiburger Institut BZA während zweier Tage beratend aus. Auch mit Hilfe eines Headhunters werde derzeit nach einem Hygieniker als Dauerlösung gesucht.

Prof. Dr. Ines Kappstein ist Leitende Ärztin der Krankenhaushygiene an den Kreiskliniken Traunstein-Trostberg. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Krankenhaushygiene des Freiburger Universitätsklinikums, wo sie ihre Facharztausbildung sowie für Hygiene und Umweltmedizin vollendete. 1993 habilitierte sie im Fach Krankenhaushygiene und wechselte 1998 an das Klinikum rechts der Isar der TU München, wo sie acht Jahre lang als Krankenhaushygienikerin tätig war. Sie ist Autorin mehrerer Fachbücher und veranstaltet regelmäßig Fortbildungskurse für hygienebeauftragte Ärzte und Pflegepersonal. +++