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KÜNZELL Indifferente 24-Seiten-Vorlage für Zentralausschuss

ÜBERRASCHUNG! RP will SOMMERLAD-Neubau verhindern - gegen das Votum von vier Kommunen!

05.09.15 - Das Regierungspräsidium (RP) Kassel lehnt den Neubau des Möbelhauses Sommerlad im Interkommunalen Gewerbegebiet ab. Inhaber Frank Sommerlad will als heimischer Unternehmer einen 30 Millionen Euro Neubau an der Rhön-Autobahn 7 bei Fulda-Mitte (auf Künzeller Gebiet) realisieren. Seit fast 30 Jahren betreibt Sommerlad ein Möbelhaus in Petersberg, nur wenige hundert Meter von der Autobahn entfernt. Doch dieser Standort ist marode und genügt nicht mehr den heutigen Standards, um langfristig zukunfts- und wettbewerbsfähig zu sein.

Die Beschlussvorlage des Regierungspräsidium (RP) Kassel.

Die Entscheidung der Kasseler Behörde geht aus einer Beschlussvorlage vor. Sie liegt der Redaktion von OSTHESSEN|NEWS vor und umfasst 24 Seiten. Das Regierungspräsidium empfiehlt dem Zentralausschuss als entscheidendes Gremium danach „die Ablehnung einer Abweichung vom Regionalplan Nordhessen“. Das Regierungspräsidium in Kassel ignoriert mit seiner Entscheidung das einstimmige Pro-Votum der Stadtregion Fulda. Die vier Parlamente von Stadt Fulda sowie den Gemeinden Künzell, Petersberg und Eichenzell haben mit historischen Abstimmungen, weitgehend sogar ohne Gegenstimmen, für das Projekt gestimmt.

Folgt also der Zentralausschuss mit seinen 15 Mitgliedern in der kommenden Sitzung am Montag, den 14. September dem Vorschlag des RP, bleibt der Gemeinde Künzell als Antragstellerin nur noch der langwierige Klageweg. Künzell hat in diesem Verfahren eine zentrale Rolle und vertritt den Willen von zwei Nachbargemeinden und dem Oberzentrum Fulda. Dieses Quartett hat im Jahr 2010 eine Vereinbarung getroffen, um langfristig gemeinsam ein Gewerbegebiet (60 Hektar) entlang der Autobahn zu errichten.

Der Alt-Standort in Petersberg.

Seit fast zwei Jahre kocht nun schon die Sommerlad-Diskussion in der Region Osthessen. Unzählige Gutachten wurden erstellt, es gab politisch heiße und kontroverse Diskussionen sowie zahlreiche Sitzungen der politischen Entscheidungsträger – und am Ende stand ein Ja zum Neubau mit den Unterschriften des Oberbürgermeisters und der drei Bürgermeister auf dem Papier. Sie haben sich auf ein Bündel von Maßnahmen, auch verbunden mit Auflagen, geeinigt. Und: sie haben im Vorfeld alle in Frage kommenden Standorte für den Neubau des Möbelhauses geprüft. Ohne Erfolg. Das Fazit der Beschlüsse: Sommerlad darf auf einer Fläche von 21.900 Quadratmeter bauen. Dem Einzelhandel schadet der Neubau nicht.

Jetzt droht aber das Scheitern des Millionen-Projekts – und das RP scheint den Willen der Kommunen und Politiker zu missachten. Auch setzt die Behörde unter Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke (CDU) die Zukunft von bis zu 230 Mitarbeitern und deren Familien aufs Spiel. Einen Hauptgrund für die negative Empfehlung gibt es nicht. In dem 24-seitigen Schreiben versucht das RP seine ablehnende Haltung zu begründen, allerdings mit zahlreichen Widersprüchen. Sommerlad hat das Grundstück an der A7 bereits gekauft. Es besitzt eine wesentlich verbesserte Zufahrt, eine ausreichende Anzahl an Parkplätzen und der Neubau mit angeschlossenem Lager entspricht den Standards der anderen Wettbewerber im Möbelmarkt – regional und national.

In dem Verfahren geht es vorrangig um die Abweichung von folgenden Zielen des Regionalplans Nordhessen: Zentralitätsgebot, Integrationsgebot, Kongruenzgebot und Beeinträchtigungsverbot. Schaut man genauer hin, lassen sich in der Begründung aber zahlreiche Widersprüche finden. Die Behörde in Kassel führt aus, dass Sommerlad sein Unternehmen verlagern wolle, weil der alte Standort zu klein sei. Die Verkaufsfläche ändern sich jedoch nur geringfügig (19.803 Quadratmeter in Petersberg, geplante Fläche Neubau 21.900 Quadratmeter).

Der geplante Neubau an der Autobahn.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, was das Unternehmen Sommerlad möchte? Es will sich gegen die Konkurrenz - etwa dem Möbelhaus Finke in Fuldabrück (Nordhessen) oder Höffner in Gelnhausen (Süd-Osthessen) - behaupten. Beide haben Standorte an der Autobahn. Dazu gehört in erster Linie, dem Kunden ein bequemes Einkaufen zu ermöglichen. Die Verkaufsfläche als faktische Zahlen spielt dabei aber keine entscheidende Rolle. Vielmehr seien fehlende Parkplätze, zu enger Eingangsbereich, niedrige Deckenhöhen, verzweigtes Lager und die überdurchschnittlich hohe Raumnebenkosten Gründe für den geplanten Umzug. Eine verbesserungswürdige Situation bestreitet die Behörde nicht, dies träfe auf eine Vielzahl von Bestandsimmobilien zu. Die Mitbewerber (Beispiel: Finke oder Höffner) haben aber deutlich modernere Verkaufs- und Lagergebäude.

Unternehmensberater Dr. Walter Fricke aus Münster.

Der Unternehmensberater Dr. Walter Fricke aus Münster sieht in der Begründung des Regierungspräsidiums erhebliche Widersprüche und wirft dem RP „Unkenntnis in der Möbelbranche“ vor. Fricke kennt sich in der Materie – auch in seiner Funktion als Ex-Bezirksplaner der Stadt Köln - bestens aus. „Die Begründungen des RP Kassel sind größtenteils unhaltbar“, erklärte er im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS.

Man müsse sich zunächst die Frage stellen, wo die geplante Fläche liege? Sie befindet sich im Interkommunalen Gewerbegebiet der Stadtregion Fulda. Die von Sommerlad geplante Fläche betrage 2,7 Hektar von insgesamt 60 Hektar (Größe des Interkommunalen Gewerbegebiets). Die Behörde gehe jedoch von einer Fläche von 6,6 Hektar aus - dieses Maß hat aber das Gewerbegebiet von Künzell. Ignoriert das RP damit die interkommunale Vereinbarung der vier Kommunen?

Die Verwaltungs-Chefs der Stadtregion Fulda haben festgelegt, dass in dem Interkommunalen Gewerbegebiet kein weiterer Einzelhandel zugelassen werde. Das RP befürchte aber, dass es im Falle einer Genehmigung Präzedenzfälle geschaffen werden könnten. Das heißt: Andere Gemeinden entlang der Autobahnen könnten die Genehmigung von großflächigem Einzelhandel für sich beanspruchen. Als Beispiel sei die Gemeinde Kirchheim (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) diskutiert worden. Am Knotenpunkt der Autobahnen 4 und 7 haben sich Outlet-Geschäfte angesiedelt. „Diese Befürchtung muss man ernst nehmen, allerdings trifft das bei diesem Verfahren in Künzell nicht zu. Das betreffende Gewerbegebiet liegt im oberzentralen Siedlungsbereich Fulda (Stadtregion Fulda) und damit ist es möglich“, so Dr. Fricke.

In der nächsten Woche werden diese neuen Erkenntnisse sicher eine politische Lawine lostreten. Die große Frage bleibt: Nimmt der Beschluss des Regierungspräsidiums - würde er vom Zentralausschuss bestätigt - Einfluss auf die interkommunale Zusammenarbeit der Kommunen der Stadtregion Fulda? Kommt es im schlimmsten Fall sogar dazu, dass sich die Pläne des gemeinsamen Gewerbegebiets zerschlagen und sich der Vertrag aus 2010 auflöst? Das wäre schlecht, zumindest für die Stadt Fulda. Aber die Frage stellt sich auch: Verhindert der RP das klare Votum von vier Kommunen? (Hans-Hubertus Braune / Christian P. Stadtfeld). +++


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