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Matthias Poppe übersetzte die lateinische Inschrift einer Steintafel in der Bischofsheimer Stadtmauer - Fotos: Barbara Enders

BISCHOFSHEIM Lesbar machen und Konservieren

Matthias POPPE aus Bischofsheim dokumentiert alte Inschriften

16.11.16 - Der Förderverein Bischofsheim hat seit seiner Gründung schon viele Projekte umgesetzt. Einst Ausrichter des Stadtfestes, liegt der Schwerpunkt der Vereinsaktivitäten in jüngster Zeit auf dem Erhalt und der Renovierung von steinernen Zeitzeugen in und um Bischofsheim. Eine Art Erinnerungs- oder Gedenkstein scheint vor der Ostseite der Haselbacher Wendelinuskapelle zu stehen. Der Förderverein wurde durch einen Hinweis darauf aufmerksam gemacht. Die Inschrift ist sehr stark verwittert und die "tollsten Gerüchte kursierten", wie es Harald Weidner, Vorsitzender des Fördervereines formuliertDeshalb rief Weidner zu Jahresbeginn die Bevölkerung zur Mithilfe auf, die Bedeutung des Steines zu klären.

Auf Weidners Aufruf hin meldete sich damals Matthias Poppe. Der Bischofsheimer beschäftigt sich schon eine Zeit lang mit derlei Schrifttafeln und versucht sie zu entziffern und ihre Bedeutung nachzuvollziehen. Poppe hatte versucht, mit speziellen fotografischen Aufnahmetechniken der sehr stark verwitterten Platte ihren Text zu entlocken. Hierzu fotografierte er den Stein bei Nacht mit Beleuchtung, um durch die intensivere Licht-Schatten-Wirkung die Lesbarkeit zu erhöhen.

Vor knapp zwei Jahren begann sich der Gymnasiallehrer mit alten Steininschriften zu beschäftigen. Seit etwa 20 Jahren gibt es einen Schüleraustausch des Bad Neustädter Gymnasiums, an dem Poppe tätig ist, mit Israel und viele gemeinsame Projekt. So wurden im Jahre 2013 die Grabsteine des Bad Neustädter Judenfriedhofes in einer Gemeinschaftsarbeit mit Schülern des Rhöngymnasiums Bad Neustadt und der High School Mikve Yisrael aus Holon in Israel fotografiert und dokumentiert. Das Projekt ist auf der Internetseite www.judaica-badneustadt.de nachzulesen.

Gedenkstein an der Ostwand der Haselbacher Wendelinuskapelle

Poppe interessierte sich für die speziell angewandte Fototechnik und er übernahm später das Fotografieren der Grabsteine des Judenfriedhofes bei Oberwaldbehrungen. Mit den ihm zur Verfügung stehenden fotografischen Mitteln dokumentierte er die teils stark verwitterten Steine. "Die Hauptaufgabe dabei ist das lesbar machen und das Konservieren der Infos", erklärt Poppe. Seine Bilder liegen derzeit bei einem Neuseeländer Privatmann, der demnächst versucht, die alten Inschriften zu entziffern.

Auf die Frage, wie Poppe zu dem Neuseeländer kam, erklärt er, dass es ein Netzwerk gäbe, in dem Archive und Datenbanken aufgebaut und Kontakte geknüpft werden. Oftmals bereisen Nachkommen jüdischer Bürger die Heimat der Vorfahren, um wenigstens einmal die Gräber zu besuchen. Wenn sie Glück haben, finden sie einen örtlichen Historiker, der ihnen die alten Plätze und Grabstätten zeigt. Der Neuseeländer, den Poppe nicht persönlich kennt, stieß bei seinen Nachforschungen auf Ahnen nahe Aschaffenburgs. Der ausgewanderte Israeli spricht Hebräisch und bot seine Dienste an. Poppe hofft nun, dass seine Aufnahmen bald im Internet zur Verfügung gestellt werden und damit wieder ein kleines Puzzlestück am Bild des Jüdischen Lebens in der Region ergänzt werden kann.

Matthias Poppe (links) erläuterte die Inschrift eines Bildstockes während der ...

Für den Bischofsheimer Förderverein hat er nun besagten Gedenkstein – zu diesem Ergebnis kam er – erforscht. "Es ist wie ein Rätsel, ein Quiz und hier ein Glücksfall, dass die beiden ersten Zeilen noch zu entziffern sind", so Poppe. Dass es um einen Verstorbenen gehen muss, zeigt der Totenkopf oben auf dem Stein. Es ist ein in der Ich-Form verfasster deutscher Text in Versform und könnte zu Ehren eines Lehrers aufgestellt worden sein, dessen Name möglicherweise am Ende des Textes zu lesen war. Poppe hat bereits in der Bischofsheimer Chronik nachgeschlagen und vermutet, dass es sich um den darin erwähnten ersten Schullehrer von Haselbach Johann Kirchner handeln könnte. Der war zudem Kirchendiener und Stifter der Nepomukfigur auf der Haselbacher Brücke von 1774. Laut Chronik wurde Haselbachs zweite Schule samt Lehrerwohnung 1764 im Obergeschoss der Wendelinuskapelle eingerichtet.

Harald Weidner freute sich über die Ergebnisse, mit deren Ansatz eventuell weiter geforscht werden könne. Er versucht nun Kontakt zu zwei Fachleuten aufzunehmen, die bei der weiteren Entzifferung mittels spezieller Techniken helfen könnten. Übrigens hatte Matthias Poppe insgesamt zwei Nächte lang fotografiert und dabei dem Förderverein Hinweise auf interessante Steintafeln in der Bischofsheimer Stadtmauer gegeben, die mittlerweile auch restauriert wurden. (Barbara Enders) +++


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