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Über 150 Besucher bei "Quellen - Ursprung des Lebens"
09.10.17 - Schutz und Erhalt der Vogelsberger „Wasserschätze“ sind das gemeinsame Ziel der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Kreisverband Vogelsberg (SDW) und der Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV). Um dieses Ziel der Bevölkerung weiter näher zu bringen hatten die beiden Umweltverbände am Freitagabend zu einer Informationsveranstaltung mit dem Thema: „Wasser aus dem Vogelsberg: Die Quellen“ in den Spiegelsaal des Ulrichsteiner Innovationszentrums eingeladen.
Cécile Hahn, Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Vogelsberg zeigte sich bei der Begrüßung der über 150 Gäste erfreut, dass man den deutschlandweit bekannten Quellen- und Höhlenforscher Stefan Zaenker, zu der Veranstaltung gewinnen konnte. Er ist aktiver Fledermausschützer und Vorsitzender des hessischen Landesverbandes für Höhlen- und Karstforschung. Deutschlandweit erforscht er das geheime Leben in den Höhlen von der Rhön bis zum Wendelstein. Seit einigen Jahren hat er seine Liebe für die Quellen entdeckt. Er und seine Kollegen haben seit 2001 systematisch Wasserquellen in Rhön, Kellerwald und nun auch im Vogelsberg erkundet und kartiert.
Auf die große Bedeutung der Quellen wiesen Bürgermeister Heiko Stock (Lautertal), Vorstandsmitglied der SGV, und Gudrun Huber von der Unteren Naturschutzbehörde des Vogelsbergkreises hin. Dies sei auch daran zu erkennen, dass der Vogelsbergkreis zu den Gründungsmitgliedern der SGV zähle. Die Probleme mit verunreinigtem und fehlendem Wasser, sei mit ein guter Grund gewesen, Ulrichstein als Tagungsort auszuwählen, meinte Bürgermeister Edwin Schneider in seinem Grußwort.
In den folgenden eineinhalb Stunden verdeutlichte Stefan Zaenker dann die Bedeutung der Quellen und deren Schutz. Zunächst beschrieb er, was eine Quelle überhaupt ist: Ein natürlicher Grundwasseraustritt an der Erdoberfläche. Dieser könne als Sturzquelle, Sickerquelle, Tümpelquelle oder als gefasste Quelle erfolgen. Der Untersuchung einer Quelle gehe eine aufwendige Suche der Quellaustritte im Gelände voraus. Etwa 25 Prozent der in den Karten eingezeichneten Quellen existierten heute nicht mehr. Mittels wasserdichtem Tablet und spezieller Erfassungssoftware werden die Wassertemperatur, der pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit erfasst. In den Untersuchungsberichten wird das zoologische Arteninventar, die Pflanzenvorkommen und Gefährdungen der Quellen dargestellt, sowie Maßnahmenvorschläge zur Renaturierung und Verbesserung der Quellstandorte gemacht. Die Berichte werden den Naturschutzbehörden und dem Forst zur Verfügung gestellt.
Im Vogelsberg seien derzeit 703 Quellen erfasst, in denen bisher 748 Tierarten nachgewiesen wurden. Detaillierte Untersuchungsergebnisse könnten immer aktuell auf der neuen Homepage zu den Quellen des Vogelsberges aufgerufen werden (https://vogelsberg.quellen-grundwasser.de/), die dem kürzlich verstorbenen Marco Schuster gewidmet ist.
Die Tierwelt der Quellen sei sehr speziell auf diesen Lebensraum angepasst. Meist handelt es sich um sehr kleine Quellbewohner, wie Muschel- oder Ruderfußkrebse und Insektenlarven wie Mücken-, Steinfliegen-, Köcherfliegen- oder Eintagsfliegenlarven. Besondere Verantwortung habe der Vogelsberg für Eiszeitreliktarten wie Alpenstrudelwurm und Rhön-Quellschnecke. Die nur zwei Millimeter große Schnecke komme weltweit nur in den Quellen von Rhön und Vogelsberg vor und reagiere sehr sensibel auf menschliche Einflüsse. Quellen seien darüber hinaus wichtige Rückzugsorte für Amphibien, wie Feuersalamander und Grasfrosch. Die genaue Artbestimmung erfolge durch ein europaweites Netzwerk von zoologischen Experten.
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind Quellen besonders geschützte Biotope. Gefährdet sind sie vor allem durch die Düngung und Drainage in der Landwirtschaft, intensive Forstwirtschaft in Waldquellgebieten und menschliche Einfassungen aller Art. Im Vogelsberg komme noch die Entnahme von Grundwasser für das Rhein-Main-Gebiet hinzu, was dazu führt, dass viele Quellen trockenfallen.
Die Quellenforscher versuchten auf Schulungsveranstaltungen, wie zum Beispiel beim Forstamt, auf die kleinräumigen Quellbiotope hinzuweisen. Verbaute Quellen würden stückweise zurückgebaut. Im Vogelsberg habe man diese Maßnahmen per Zeitrafferfilm dokumentiert. „Die Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Forstamt Schotten funktioniert vorbildlich. Alle sind sich einig, dass die Quellen im Vogelsberg für die Nachwelt erhalten werden müssen“, betonte Zaenker.
Abschließend wies er auf eine zweistündige Quellenwanderung im Bereich der Gilgbachquelle am Samstag den 14. Oktober um 13.30 Uhr hin. Treffpunkt: Wanderparkplatz „Rote Erde“ am Hoherodskopf. (gr) +++