Archiv
Wie aus einem weißen Blatt die neue Bahntrasse Fulda-Gerstungen werden soll
22.02.18 - Am Dienstag wurden in Bad Hersfeld erstmals die Pläne für den Ausbau des Nadelöhrs Fulda-Bad Hersfeld-Gerstungen vorgestellt. Kernziel ist die Fahrzeitreduzierung zwischen Fulda und Erfurt auf unter 60 Minuten. Diese Taktung spiele im bundesweiten Netz eine wichtige Rolle. Bei der Umsetzung hat die Bahn einen neuen Fahrplan, der die Bürgerbeteiligung von Anfang an in den Fokus stellt. Die Bahn will aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Beim Projekt Stuttgart 21 beispielsweise wurden die Bürger erst spät in die Pläne eingeweiht.
Beim Aus- oder Neubau der Strecke Fulda-Gerstungen soll die Öffentlichkeit nun von Anfang an eingebunden werden. Bahn und Politik wollen die Anwohner entlang der Trassen mit Lärmschutz und mehr Regionalzügen für das Projekt gewinnen. Zum Auftakt kamen am Dienstagnachmittag über 500 Interessierte in die Bad Hersfelder Schilde-Halle. Wie in so manchem Zug mussten einige Gäste stehen - die 350 Sitzplätze waren schnell ausgebucht. Die große Frage, wo die künftige Trasse verlaufen werde, bewegt die Menschen der Region. Eine Antwort darauf gab es freilich nicht.
Bekannt und offiziell auch bestätigt sind die Eckpunkte auf einem ansonsten laut Bahnsprechern "weißen Blatt" Papier: In einem Korridor zwischen Langenschwarz und Kirchheim wird ein Abzweigepunkt von der ICE-Schnellbahnstrecke Fulda-Kassel gesucht. Und zwar so, dass man den Bahnhof in Bad Hersfeld erreicht. Dieser soll auch künftig ein Fernverkehrsbahnhof bleiben. Von der Kreisstadt aus geht es dann in Richtung Gerstungen. Ob der Ausbau der bestehenden Trasse im Haune- und Fuldatal ausgebaut wird, ist ebenso denkbar. Hier könnte es im Zuge einer Neubaustrecke aber auch Verbesserungen im Lärmschutz der Bestandsstrecke geben.
Lärmschutz ist das Stichwort. In einer rund 45-minütigen Fragerunde sagte ein Besucher: "Ich habe 17 mal das Wort Akzeptanz gehört. Ohne Lärmschutz gibt es keine Akzeptanz." Hessens Verkehrsminister Tarek Al Wazir ermunterte: "Lärmschutz spielt eine entscheidende Rolle". Der Minister wirbt für den Ausbau und lobt die frühzeitige Beteiligung: "Der Trassenkorridor Frankfurt–Fulda–Erfurt ist bereits heute einer der größten Engpässe im deutschen Schienennetz. Wir brauchen die zusätzlichen Gleise, um mehr Verkehr auf die umweltfreundliche Bahn verlagern zu können und attraktive Alternativen zu Auto und Flugzeug zu bieten. Das nützt allen, auch den Menschen und der Wirtschaft der Region“, sagte Al-Wazir.
"Die neue Strecke wird mehr Kapazitäten für den Schienenverkehr schaffen, verbesserte Pünktlichkeit und verkürzte Fahrzeiten ermöglichen, und zu einem verbesserten Lärmschutz beitragen", sagte Prof. Dr. Dirk Rompf, Vorstand der DB Netz AG. Er machte außerdem deutlich, dass die Trassierung für die dringend benötigten neuen Gleise noch nicht feststehe, sondern in einem ergebnisoffenen Verfahren unter Beteiligung der Region ermittelt werde.
Wie geht es jetzt weiter
Im Projekt Fulda–Gerstungen will die Bahn zusammen mit dem Land hierzu ein sogenanntes Beteiligungsforum einrichten, zudem neben Vertretern des Kreises und der Kommunen, Bürgerinitiativen und weiteren Organisationen sowie Vertretern von Institutionen eingeladen werden. Hierbei sollen im gegenseitigen Austausch Themen der Planung diskutiert und bei Bedarf detailliert in Arbeitsgruppen besprochen werden.
Durch die intensive Arbeit in diesem Beteiligungsforum - geleitet von einem externen Moderator - wird die Trassensuche transparent und nachvollziehbar. Das regelmäßig tagende Forum fungiert als Beratungsgremium, in dem Fakten aufgearbeitet und Empfehlungen ausgesprochen werden können. Ziel ist es, unter Abwägung aller Interessen, für die vorgeschriebenen Verfahren der Raumordnung und der Planfeststellung, eine genehmigungsfähige und in der Region akzeptierte Lösung zu finden. Der Start des Beteiligungsforums wird Mitte des Jahres sein. Parallel hierzu werden immer wieder Bürgerinformationsveranstaltungen an verschiedenen Orten stattfinden, die sich an die breite Öffentlichkeit richten und die über den aktuellen Stand des Projektes informieren.
Die frühzeitige Beteiligung wurde auch vom Aktionsbündnis Waldhessen - einem Zusammenschluss von acht Bürgerinitiativen entlang der möglichen Trassenführungen - gelobt. Im Sommer soll das Beteiligungsforum mit verschiedenen Arbeitsgruppen starten, dann geht es in die Vorplanungen. Bis die Trasse steht und die ersten Bagger anrollen, werden wohl noch mehrere Jahre ins Land gehen, bis das Nadelöhr verschwindet und die Bahn durch die Region rauscht, auf welcher Trasse auch immer. Weitere Infos im Internet unter der Adresse https://www.fulda-gerstungen.de . (Hans-Hubertus Braune / pm) +++