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Fuldaer Filmemacher Carlos Viering plant Doku über Islands Tourismus
14.03.18 - Der Tourismus auf Island boomt. Auf die knapp 350.000 Einwohner kommen über zwei Millionen Touristen. Doch die neue Popularität des Reiseziels im Atlantik hat nicht nur positive Folgen. Der Fuldaer Filmemacher Carlos Viering plant eine Dokumentation über den Tourismus auf Island und will auf die Problematik hinweisen.
Vulkane, Wasserfälle, Fjorde, heiße Quellen. Die Landschaft auf Island ist ebenso vielfältig wie atemberaubend und zieht jährlich Massen an Touristen an. Vor allem in den letzten Jahren wurde ein Trip auf den flächenmäßig zweitgrößten europäischen Inselstaat im Atlantik immer populärer. Seit 2010 haben sich die Besucherzahlen beinahe vervierfacht.
Das geht aus Zahlen des „Icelandic Tourist Board“ hervor. Kamen vor acht Jahren noch 488.600 Touristen auf die Insel, waren es 2017 schon 2,3 Millionen Besucher. Tendenz weiter steigend. Einer, der Island auch schon bereist hat, ist Carlos Viering. Der 25-Jährige stammt aus Fulda, studiert mittlerweile in Kiel und hat sich als Filmemacher selbstständig gemacht. Jetzt plant er eine Dokumentation über die Auswirkungen des Tourismus auf Island.
„Ich war 2017 auf der Insel und war ziemlich ergriffen und beeindruckt, weil die Natur einfach atemberaubend ist“, erinnert sich Viering. Bei seinem Trip fiel Viering aber auch auf, wie überlaufen Island ist. „Die Touristen werden zu beliebten Spots wie den Wasserfällen gefahren, die machen ihre Selfies, treten sich auf die Füße, hauen wieder ab und hinterlassen ihren Müll“, erzählt Viering im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS.
Das Thema und die Problematik ließen den 25-Jährigen nicht mehr los. Über die positiven und gerade auch negativen Auswirkungen des Massentourismus wollen Viering und seine Kollegen Niklas Christensen (22, Fotograf) und Tom Köhn (21, Filmemacher) nun berichten. „Wir wollen auf die Problematik hinweisen, sie aufzeigen und Leute vielleicht zum Nachdenken und Umdenken anregen“, erklärt Viering seine Motivation.
Zweifelsfrei gebe es, so Viering, viele Einheimische, die durch den Tourismus profitieren, beispielsweise ihre Wohnungen über „airbnb“ vermieten und sich eine goldene Nase verdienen. „Wir haben aber festgestellt, dass es viele gibt, die der Sache nicht mehr positiv gegenüber eingestellt sind“, merkt Viering an. Mieten würden steigen, Lebensmittel teurer werden und Besuche im Restaurant seien für einen Isländer mit durchschnittlichem Einkommen kaum noch zu bezahlen.
„Die Löhne steigen nicht an, es wird aber alles teurer“, sagt Viering, „wir haben damals in einem Restaurant in Reykjavik zu zweit für eine Hauptmahlzeit und zwei Getränke 150 Euro bezahlt.“ Auf seiner Reise im letzten Jahr habe ein Airbnb-Host zu Viering gesagt, dass man sich als Isländer nur maximal ein, zwei Restaurantbesuche im Jahr zu besonderen Anlässen leisten könne.
Hinzu komme eine Infrastruktur, die nicht auf dem Stand sei, wie es der Tourismus eigentlich bräuchte. Backpacker beispielsweise wüssten nicht einmal, wo sie ihre Notdurft verrichten sollen, weil es schlicht und einfach an Toiletten fehlen würde.
Zudem verhielten sich die Touristen teilweise rücksichtslos, ohne Wissen, wie man mit der sensiblen Landschaft umzugehen habe. „Es gibt Touristen, die fahren mit ihren Autos Offroad und über jahrzehntealte Moose“, erzählt Viering. Im Internet gebe es eine komplette Liste, was man auf der Insel alles nicht machen solle – die Touristen aber trotzdem machen würden.
Doku soll im Kino laufen
Dieser Problematik gehen Viering, Christensen und Köhn im Sommer nach. Drei Wochen werden die drei Medienschaffenden im Juli und August auf der Insel verbringen und die positiven und negativen Seiten des Massentourismus beleuchten. „Wir machen eine 45-minütige, freie journalistische Dokumentation“, führt Viering aus. Doch das Vorhaben will finanziert werden.
9.000 Euro hat das Trio dafür veranschlagt. Eine Summe, die auch über Crowdfunding zusammenkommen soll. Im Gegenzug können Spender eine Postkarte aus Island, die DVD, einen 200-seitigen Bildband oder eine namentliche Nennung im Abspann im Making-Of-Video bekommen. Denn neben der Doku werden die drei jungen Medienschaffenden auch ein zweites Video, das hinter die Kulissen der Reise blickt, produzieren.
„Wir wollen nichts geschenkt haben, sondern wollen unseren Unterstützern auch etwas zurückgeben. Wenn jemand nur spenden möchte, sind wir natürlich auch sehr dankbar“, sagt Viering über die Finanzierung des Projekts, mit dem keine kommerziellen Ziele verfolgt werden würden.
„Wir haben nicht vor, damit Gewinn zu machen. Das Projekt liegt uns am Herzen, wir wollen uns weiterentwickeln und betrachten das Ganze natürlich auch als gute Referenz“, betont Viering, der bei der Produktion der Dokumentation von Olaf Brinkmann (Olaf Brinkmann Studio), Julia Meyer (Radio Schleswig-Holstein) und dem Komponisten Jan Heymel unterstützt wird.
Die Doku über Licht und Schatten des Tourismus auf Island soll – neben einer Erhältlichkeit auf DVD - auf Filmfestivals, in ausgewählten Kinos, auf Veranstaltungen und auf der Plattform „Vimeo“ laufen. Carlos Viering ist von seinem Projekt überzeugt: „In meinen Augen ist es einzigartig, weil sich freie Filmemacher wie wir dieser Thematik noch nicht angenommen haben.“ Einer Thematik, die auch die Schattenseiten des beliebten Reiseziels Island zeigen soll. (Tobias Herrling) +++