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"Wir wollen Gerechtigkeit" - Demo und Protestzug gegen tödliche Polizeischüsse
16.04.18 - Sie halten die afghanische Flagge hoch, Rufe wie "Gerechtigkeit für Matiullah!", "Der Polizist muss bestraft werden!", "Ein Unschuldiger wurde getötet!" ertönen am Sonntag durch die Flemingstraße im Fuldaer Münsterfeld. Hier wurde am Freitagmorgen ein 19-jähriger Afghane von der Polizei erschossen, nachdem er Bäckereimitarbeiter und einen Schutzmann angegriffen und verletzt hatte (O|N berichtete).
Etwa 50 Demonstranten aus dem Flüchtlingsheim, in dem der Afghane wohnte, haben sich am Sonntagnachmittag gegen 14:00 Uhr zusammengeschlossen, um zu protestieren. Sie kritisieren das Handeln des Polizisten, weil die tödlichen Schüsse aus der Dienstwaffe des Beamten nicht gerechtfertigt gewesen seien. Fakt ist zum jetzigen Zeitpunkt: Die Ermittlungen laufen noch und es gibt noch kein offizielles Statement von LKA und Staatsanwaltschaft zum genauen Hergang am Tatort. Also alles Spekulationen?
„Wir haben mit zwei Zeugen gesprochen, einer von ihnen hat den Tathergang genau beobachten können“, sagt Abdulkerim Demir, Vorsitzender des Ausländerbeirats der Stadt Fulda. „Der Verstorbene wollte ausschließlich zwei Brötchen kaufen, geriet mit einer Verkäuferin jedoch in Streit, weil die Bäckerei noch geschlossen war.“ Daraufhin habe er laut Demir die Steine gegen die Fensterscheibe geworfen. „Wir heißen das Verhalten des jungen Mannes keineswegs für gut, doch war er nicht bewaffnet. Als er vor der Polizei weggerannt ist, wurde er erschossen. Dieses aggressive Verhalten der Polizei war gänzlich falsch, es ist untragbar, dass ein junger Mensch in Deutschland, der zwei Brötchen kaufen will, erschossen wird.“
"Wir bitten um Verständnis, dass wir noch nicht viel sagen können. Das Landeskriminalamt in Wiesbaden hat die Ermittlungen übernommen. Damit ist gewährleistet, dass eine neutrale Polizeidienststelle den Fall objektiv betrachten kann", erklärt Polizeisprecher Christian Stahl auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS. Weiterhin sollen teils in arabischer Sprache vorhandene Text- und Bilddokumente ausgewertet werden.
<strong>"Natürlich haben wir Verständnis für die Trauer und Betroffenheit, die bei den Freunden, Landsleuten und Menschen, die sich mit dem Verstorbenen auf sonstige Weise verbunden fühlen, herrschen. Dennoch halten wir es für falsch, wenn einige Personen vorschnell und öffentlich ein Urteil über die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen fällen, obwohl die Untersuchung des Vorfalls gerade erst begonnen hat", betont Christian Stahl und ruft zu mehr Sachlichkeit auf.
Ein Protestmarsch folgte schließlich der Kundgebung. Vom Bereich Münsterfeld führte der Zug - an dem sich auch Frauen und Kinder beteiligten - über die Langenbrückenstraße bis hin zum Universitätsplatz in der Fuldaer Innenstadt. Dort endete die Demonstration, die friedlich verlaufen ist, mit einer kurzen Rede. (ma/cps) +++