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FULDA Pressekonferenz im Kolpinghaus

Bischöfe und Wissenschaftler stellen schockierende Missbrauchs-Studie vor

26.09.18 - Fulda steht am Dienstag im bundesweiten Nachrichtenfokus. Rund 100 Medienleute aus dem gesamten Bundesgebiet und alle wichtigen Nachrichtenredaktionen sind zur Pressekonferenz der Deutschen Bischofskonferenz nach Fulda gekommen. Unter anderem das ZDF (heute) und hessenschau.de haben die gut 90-minütige Pressekonferenz live in den Sozialen Medien übertragen.

Fotos: Carina Jirsch

Prof. Harald Dreßing überreicht Kardinal Marx die Studie

Ihr Entsetzen über die von der Studie zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen durch Angehörige der katholischen Kirche erhobenen Fallzahlen brachten heute alle Teilnehmer auf dem Podium zum Ausdruck - sowohl von Seiten der Forscher als auch von Seiten der Bischöfe. Die wichtigste Erkenntnis: es handelt sich definitiv nicht um Einzelfälle, sondern um ein strukturelles Problem der katholischen Kirche insgesamt. Kardinal Reinhard Marx fand gleich eingangs deutliche Worte: "In aller Klarheit sage ich: Sexueller Missbrauch ist ein Verbrechen. Wer schuldig ist, muss bestraft werden. Allzulange ist in der Kirche Missbrauch geleugnet, weggeschaut und vertuscht worden. Für alles Versagen und für allen Schmerz bitte ich um Entschuldigung. Ich schäme mich für das Vertrauen, das zerstört wurde; für die Verbrechen, die Menschen durch Amtspersonen der Kirche angetan wurden und ich empfinde Scham für das Wegschauen von vielen, die nicht wahrhaben wollten, was geschehen ist und die sich nicht um die Opfer gesorgt haben. Das gilt auch für mich. Wir haben den Opfern nicht zugehört. All das darf nicht folgenlos bleiben! Die Betroffenen haben Anspruch auf Gerechtigkeit."  

Trotz aller professionellen Distanz erschüttert

Bei der Vorstellung der Forschungsergebnisse erklärte deren Verbundkoordinator, Prof. Dr. med. Harald Dreßing vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim eingangs, er habe sich in den 30 Jahren seiner Tätigkeit zwangsläufig eine professionelle Distanz zu seinen Forschungsgegenständen aneignen müssen. Doch das Ausmaß der durch die Studie erhobenen Missbrauchsfälle und der inadäquate Umgang der katholischen Kirche mit diesen Verbrechen habe ihn doch erschüttert. Das Forscherteam habe eindeutig klerikale Strukturen identifiziet, die sexuellen Missbrauch begünstigten. Das seien die rigide Sexualmoral, insbesondere die Tabuisierung und Ablehnung der Homosexualität, klerikale Machtstrukturen und der Zölibat. Weder Homosexualität noch der Zölibat an sich seien Risikofaktor für sexuellen Missbrauch, sondern der im Klerikalismus begründete Missbrauch von Macht. "Die grundsätzlich ablehnende Haltung der katholischen Kirche zur Weihe homosexueller Männer ist dringend zu überdenken", heißt es in der Studie.
 

Die Fakten sind durch Vorabveröffentlichungen hinlänglich bekannt: Zwischen 1946 und 2014 sollen insgesamt 1.670 katholische Kleriker 3.677 meist männliche Minderjährige sexuell missbraucht haben. Das unabhängige Forscherteam wertete im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz mehr als 38.000 Personal- und Handakten aus den 27 deutschen Bistümern aus. 4,4 Prozent aller Kleriker der deutschen Diözesen haben demnach Missbrauch an Kindern und Jugendlichen betrieben. Jedes zweite Opfer war dabei höchstens 13 Jahre alt. Die Schwere der Vergehen ist differenziert untersucht worden, in jedem sechsten Fall sei es zu Formen von Vergewaltigung gekommen. Der Missbrauch war in allen Bistümern weit verbreitet und es bestehe Grund zu der Annahme, dass er auch bis heute  weiter andauere, heißt es in der Untersuchung.

Den Forschern wurde der direkte Zugang zu den Kirchenarchiven aus Datenschutzgründen verwehrt. Viele  Akten waren manipuliert und in mindestens zwei Bistümern auch vernichtet worden. Die mangelnde Transparenz und die jahrelange Praxis der Leugnung und Vertuschung der Fälle von Missbrauch waren bereits im Vorfeld heftig kritisiert worden. Beschuldigte Kleriker wurden häufig einfach in eine andere Gemeinde versetzt, ohne dass der Grund für die Versetzung mitgeteilt wurde. Die Bereitschaft innerhalb der Kirche, Täter strafrechtlich zu verfolgen, sei "nicht sehr ausgeprägt" gewesen, urteilen die Forscher.

Ausdrücklich betonte Prof. Dreßing, dass sich die Forscher nicht mit der juristischen und innerkirchlichen Aufarbeitung der erhobenen Falldaten beschäftigt hätten - dies sei nicht Forschungsgegenstand gewesen. Auch welche Folgen die Studie für die künftige Präventionsarbeit in den Bistümern haben werde, sei allein Sache der Bischöfe. Die wollen die Ergebnisse der Studie nun in ihre Beratungen einbeziehen. Die konkreten Konsequenzen gilt es also abzuwarten. (ci) +++

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