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Bischof Heinz Josef Algermissen em. - Archivbild: Martin Engel

FULDA "Gott ist das Licht, das keinen Abend kennt"

Predigt zu Epiphanie im Fuldaer Dom von Bischof Heinz Josef Algermissen em.

07.01.19 - Wir veröffentlichen hier den Text der Predigt zu Epiphanie von Bischof Heinz Josef Algermissen em. vom Sonntag, dem 6. Januar 2019 im Wortlaut:
 
"Jesus ist der Christus, der Retter: nicht nur für die Hirten, nicht nur für das auserwählte Volk, sondern für alle Völker, alle Zeiten. Schon am Anfang des Matthäus-Evangeliums werden die Türen weit aufgetan. Die Magier, die Sterndeuter, kommen von weit her. Sie eröffnen den Zug der Völker, in dem auch wir mitziehen. Gott ruft sie auf ihre Weise. Jeden Menschen ruft er auf seine Weise, auch uns. Aber er überwältigt die Menschen nicht. Es kommt darauf an, dass sie seinen Ruf hören und aufbrechen. Sonst finden sie ihn nicht.

Die Sterndeuter folgten dem Ruf der Sterne, durch die Gott zu ihnen sprach. Aber dieser Weg war keineswegs eindeutig und klar. Auf welchem Weg ruft Gott uns: Sie und mich ganz persönlich? Gott führte die Sterndeuter zunächst nach Jerusalem. Wo anders sollte auch der neugeborene König der Juden zu finden sein? Doch die Sterne verblassten in dieser alten Königsstadt. Der König Herodes weiß von nichts. Die irdische Macht und Gewalt ist blind für den neuen König und sein Reich. Sie wittert höchstens Konkurrenz, die es auszuschalten gilt. Die Priester und Schriftgelehrten graben in ihren Buchstaben und wissen alles. Doch das hat keine Wirkung, sie bewegen sich nicht. Und wie sollen denn selbst unbewegte religiöse Führer andere bewegen?

Das kann also passieren: Die religiösen Führer wissen zwar Bescheid, wo es langgeht, aber sie selbst bleiben zu Hause. Eine schreckliche Vision von Kirche, die da aufsteigt: Sie weiß die richtigen Wege Gottes zu den Menschen, aber sie selber geht diese Wege nicht. Gott bewahre uns davor, vor dieser Gefahr.

Wie haben die Sterndeuter es geschafft, dieses dunkle Loch Jerusalem zu durchschreiten? Welche Kraft muss ihre Hoffnung gehabt haben! Mut zu neuen, unerwarteten Wegen!

Und da sind auch wir in diesem Zug der Völker auf Jesus zu. Wir ziehen mit mit all den unterschiedlichen Erfahrungen, die ein jeder, eine jede mit sich bringt. Es ist nicht immer leicht, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Da gibt es dunkle Erfahrungen, wo Gottes Sterne verblassen: Trauer, Enttäuschung, Verzweiflung auch geistliche Wüste und Trockenheit. Menschen, die wir fragen, wissen vielleicht die Wege, aber bleiben selber sitzen. Und wir: Sollen wir weitergehen? 

Vielleicht kann so beschrieben werden, was Kirche sein könnte und sollte und auch ist: Weggemeinschaft auf Christus hin; gegenseitige Stütze und Hilfe auf diesem Weg; solidarische Weggemeinschaft durch alle Dunkelheiten und Fragen hindurch, die unsere zerrissene und blutende Welt uns stellt. Von Menschen, die miteinander unterwegs sind, lässt Gott sich finden! Die Sterndeuter kommen an. Hinter dem dunklen Loch Jerusalem leuchten ihnen wieder die Sterne. Sie finden das Ziel, zu dem sie unterwegs waren.

Das Erstaunliche ist die Offenheit der Männer! Sie haben sicher alles ganz anders erwartet: Sie suchten den neugeborenen König und fanden ein Kind irgendwo am Rande der Welt. Sie legten Gott nicht auf ihre Erwartung fest, sondern waren offen für seine ganz neue, unerwartete Gestalt.

Ich frage mich manchmal in Gesprächen mit Menschen, die Gott nicht finden können: Liegt das vielleicht daran, dass wir Gott in unseren Erwartungen auf bestimmte Erscheinungsformen festlegen und ihn nur wahrnehmen wollen, wenn er sich so zeigt, wie wir es uns vorstellen? Vielleicht haben wir ein ganz bestimmtes, enges Bild von ihm, in das er gar nicht hineinpassen kann und will. Es ist schon interessant, liebe Schwestern und Brüder: Die Sterndeuter kommen zu Jesus und bringen ihm ihre Geschenke. Sie knien nieder und beten an. Sie bringen keine Bitten mit. Sie haben ihn gefunden, und das reicht ihnen.

Vielleicht bringen wir immer zu viele Fragen und Bitten mit, dass wir gar nicht dazu kommen, ihn wahrzunehmen, wie er ist. Anbetung nimmt Gott so, wie er sich zeigt. Und wichtig ist: Anbetung ist nicht Unterwerfung, sondern dankbares Anerkennen, dass ER sich von uns finden lässt, wie ER ist ? nicht, wie wir ihn haben wollen.

In seiner Betrachtung „Gestalten der Weihnacht“, am Jahreswechsel 1944 auf 1945 in dunkler Zeit geschrieben, bringt es der Jesuit Alfred Delp - schon zum Tode verurteilt und wenige Tage vor seiner Hinrichtung durch die Nazis - so zur Sprache: „Die Männer, die dem Stern folgten und die Wüste bestanden, fanden im Niederknien ihre Freiheit. Das gebeugte Knie und die hingehaltenen leeren Hände sind die beiden Urgebärden des freien Menschen.“ Urgebärde des Menschen, der seine Bedürftigkeit erkennt und anerkennt.

Dann, liebe Schwestern und Brüder, kehren die Weisen auf anderem Weg in ihre Heimat zurück. Dürfen wir etwa sagen: als anders Gewordene? Sie kehren nicht zurück zu den etablierten Vertretern der Macht. Das ist für sie kein Thema mehr. Doch sie müssen zurück, zurück in ihren Alltag, in ihr Leben. Die Erfahrung von Gottes Nähe ist vorübergehend. So ist es immer. Das gilt auch für uns!

Aber wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott bei uns bleibt - auch wenn wir das nicht immer spüren. Die Begegnung mit ihm ändert uns. Doch diese Änderung, diese Erfahrung muss dann wieder durch die Dunkelheiten unseres Lebens hindurch – bis wir ihn endgültig finden werden im Lichte seiner Herrlichkeit. 

Die Weisen aus dem Morgenland, diese großen Pilger auf der Suche nach dem Angesicht Gottes, stehen vor uns als Wegweiser, als Pilgerführer auf dem Weg durch das neue Jahr 2019. Folgen wir ihrem Beispiel, lassen wir uns von ihnen durch alle Wüsten hindurch zu Gott führen, der Ziel und Endpunkt unserer Wanderschaft ist. Er ist das Licht, das keinen Abend kennt."+++


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