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- Foto: picture alliance/Hartmut Schmidt

REGION Flüchtlingsrat kritisiert Afghanistancharter

Chef des Verwaltungsgerichtshofs :"Zu viele Abschiebungen scheitern"

25.04.19 - Der Hessische Verwaltungsgerichtshof übt aktuell Kritik daran, dass zu viele Abschiebungen von ausreisepflichtigen Menschen, deren Asylantrag im Asylverfahren nach eingehender Prüfung abgelehnt wurde, scheiterten. Die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen zuungunsten des Asylsuchenden, die nicht zugunsten des Asylsuchenden ausgegangen sind, weise nach wie vor nicht unerhebliche Mängel auf, moniert der Kasseler VGH-Präsident Dirk Schönstädt. Vor allem in den so genannten Dublin-Verfahren, bei dem es um die Ausreise in ein als sicher geltendes anderes EU-Land geht, funktionierte die Ausreise allzu oft nicht.

Michael Schaich, Sprecher des hessischen Innenministeriums

Bei einem abgelehnten Asylantrag kann nur dann eine Abschiebung erfolgen, wenn kein Abschiebungsverbot aus humanitären Gründen besteht oder subsidiärer Schutz gewährt werden soll. Die häufigsten Gründe für das Scheitern der Abschiebungen innerhalb der EU seien Nichtantreffen, Untertauchen, Krankheit bzw. Reiseunfähigkeit und Wahrung der Familieneinheit, erklärt Michael Schaich, Sprecher des hessischen Innenministeriums dazu. Wenn ein Asylbewerber über ein anderes EU-Land nach Deutschland eingereist ist, oder dort schon einen Asylantrag gestellt hat, ist dieses Land auch für ihn zuständig. Eine rechtzeitige Überstellung in den für das Asylverfahren zuständigen Staat scheitere aber allzuhäufig. In diesen Fällen werde Deutschland für das Asylverfahren zuständig. Unklar ist aber, wie viele Fälle bisher aufgrund des Fristablaufs in die deutsche Zuständigkeit übergegangen sind, dafür sei das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig, so Schaich.
 
In den ersten beiden Monaten 2019 seien durch hessische Ausländerbehörden 147 Personen nach der Dublin-III-VO überstellt worden. Bei weiteren 255 Fällen hätten die geplanten Überstellungen nicht wie geplant vollzogen werden können - meist weil die Betroffenen nicht angetroffen werden konnten oder untergetaucht waren. Das Land Hessen habe bereits diverse Maßnahmen umgesetzt, um die Zahl der gescheiterten Überstellungen und Abschiebungen zu reduzieren. So seien die Zuständigkeiten dafür an den drei Regierungspräsidien gebündelt und diese personell und organisatorisch gestärkt worden. Auch bei der hessischen Polizei sei die Koordinierung von Rückführungsmaßnahmen an einer Stelle konzentriert worden. Überstellungen im Dublin-Verfahren sollen in Hessen möglichst schon aus der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgen. 

Wieder Sammelcharter nach Afghanistan - Flüchtlingsrat: Es gibt keine „sicheren Gebiete“
 

Timmo Schrenberg, Hessischer Flüchtlingsrat

Am Mittwoch, den 24. April, hebt voraussichtlich der nächste Abschiebecharter nach Afghanistan ab. Der Hessische Flüchtlingsrat kritisiert Abschiebungen nach Afghanistan als unverantwortlich. „Die Sicherheitslage in Afghanistan ist weit entfernt davon, als sicher bezeichnet werden zu können. Im Gegenteil, sie verschlechtert sich Jahr für Jahr“, kommentierte Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrates, die Abschiebungspolitik. Auch die vermeintlich „sicheren Gebiete“ gibt es nicht, gerade für Rückkehrer ist die Bedrohungslage überall im Land hoch. Die Bundesregierung verwendet gerne das Wort „volatil“ für die Beschreibung der Sicherheitslage – eine freundlich klingende Umschreibung dafür, dass sich die vermeintlich sicheren Gebiete ständig ändern können. Daher appelliert der Hessische Flüchtlingsrat an die Landesregierung, sich nicht mehr an den Abschiebungen nach Afghanistan zu beteiligen.

„Wir lehnen Abschiebungen nach Afghanistan grundsätzlich ab. Zumindest aber erwarten wir, dass die Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag von CDU und Grünen, denjenigen längerfristige Duldungen zu erteilen, die nicht unter den vorrangig abzuschiebenden Personenkreis gehören, schnellstmöglich umgesetzt wird“, forderte Scherenberg die Landesregierung zum Handeln auf. „Dies wäre ein wichtiges Zeichen, welches auch zur Beruhigung der afghanischen Community dienen würde.“

Daneben ist aber auch eine über den Status der Duldung hinausgehende Bleiberechtsregelung vonnöten, damit dieser Personenkreis endlich einen sicheren Aufenthalt bekommt. Die Menschen jahrelang im Schwebezustand der Duldung zu halten, ist integrationspolitisch eine Katastrophe. Die Politik ist jetzt dabei, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen – insbesondere die neuesten Gesetzentwürfe aus dem BMI, unter anderem das euphemistisch „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ genannte Verschärfungs- und Ausgrenzungspaket, werden die soziale Situation der Geduldeten in Deutschland deutlich verschlechtern, aber nicht dazu führen, dass sich die Zahl der Ausreisepflichtigen spürbar verringert. Stattdessen werden Menschen, die über viele Jahre hier leben, von sozialer Teilhabe ausgeschlossen und an den Rand gedrängt.

In Hessen lebten zum Stichtag 31.12.2018 1.551 ausreisepflichtige Personen aus Afghanistan. Mehrere Tausend befinden sich derzeit noch im Asylverfahren, weil sie gegen die Ablehnung ihres Asylantrages durch das BAMF geklagt haben. ci/pm)+++


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