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Ein sehr belastender Einsatz für die Retter von Feuerwehr und Rettungsdienst - Archivfotos: O|N

FULDA Einsatzkräftenachsorge im Landkreis

Wenn Helfer Hilfe brauchen: Sensibilität ist keine Schwäche

08.07.19 - "Die Bilder und die Gerüche an einem Einsatzort können die Rettungskräfte nach einem Notfalleinsatz stark belasten und noch lange begleiten", sagt Kristina Schmidt. Sie und ihr Team von der Einsatzkräftenachsorge kommen genau dann ins Spiel. Seit April 2019 gibt es ein eigenes Team des Landkreises für die Einsatzkräftenachsorge. Nach belastenden Einsätzen, erklärt Schmidt, stehen die speziell geschulten ehrenamtlichen Kräfte bereit, um betroffenen Kollegen des Rettungsdienstes und der Feuerwehr zu unterstützen.

Kristina Schmidt ist Diplom Sozialpädagogin und arbeitet hauptberuflich im ambulanten Hospizdienst der Malteser in Fulda. Sie engagiert sich seit vielen Jahren im Bereich der Krisenintervention und Notfallseelsorge und ist als Rettungssanitäterin immer noch im Rettungsdienst aktiv. Wenn Einsatzkräfte aus einem belastenden Einsatz kommen - sei es ein schwerer Verkehrsunfall, Suizid oder ein katastrophaler Brand - gibt es Menschen wie Kristina, die helfen, den Einsatz zu verarbeiten. "Was oft vergessen wird, ist die Tatsache, dass nicht nur die Opfer, Augenzeugen und Angehörige nach solchen Unglücken häufig hoch belastet sind. Auch die Einsatzkräfte der Feuerwehr, der Polizei oder des Rettungsdienstes müssen das Erlebte verarbeiten."

Kristina Schmidt koordiniert die Einsatzkräftenachsorge Foto: Nina Bastian

Es gibt Einsätze, die für alle Beteiligten maximalen Stress bedeuten. Tod und Verletzung von Kollegen, Tod und Verletzung von Kindern, Ereignisse die eine große lebensgeschichtliche Nähe zu den Einsatzkräften haben. Und es gibt bestimmte Einsätze, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit als belastend empfunden werden. „Wichtig ist, dass dies als normale Reaktion auf ein eigentlich unnormales Erlebnis gesehen wird. Und das Einsatzkräfte unkompliziert Unterstützung zukommt, wenn sie dies wollen. Für uns ist ein Einsatz erst dann beendet, wenn es allen wieder besser geht“, so Kristina Schmidt. Und das ist oft schon nach einem ersten, entlastenden Gespräch manchmal aber auch erst viele Wochen später.

Wie bekomme ich Hilfe?

Kristina Schmidt hat in diesem Bereich bereits große Erfahrung: Seit mehr als zehn Jahren ist sie in der Einsatzkräftenachsorge aktiv, sowohl in der Einzelbetreuung als auch in der Leitung von Gruppeninterventionen. Sie und das zwölfköpfige Team sind 24 Stunden unter einer zentralen Handynummer erreichbar. "Diese kann sowohl von der Leitstelle, als auch von den Einsatzkräften selbst gewählt werden. Alle Informationen werden vertraulich behandelt", das ist ihr wichtig.

Koordination während eines Großeinsatzes in Neuhof im Jahr 2018 Archivfoto: Carina Jirsch

Doch wie läuft so eine Einsatznachbesprechung ab? "Das hängt davon ab, ob der Trupp eines ganzen Löschzuges zusammen in der Nachbesprechung sitzt, das Team eines Rettungswagens, eines Notarztfahrzeugs oder einer Einzelperson." Grundsätzlich gäbe es für alle Gespräche ein grobes Muster, in dem gemeinsam schrittweise gewisse Aspekte des Einsatzes besprochen und „sortiert“ werden um so die Verarbeitung des Erlebten zu unterstützen. „Oftmals hilft es, in der Gemeinschaft die Eindrücke und das Erlebte der Kollegen zu besprechen“, erklärt Kristina Schmidt. Hierbei fungiert sie häufig als Moderatorin.

"Ich komme aus dem Rettungsdienst. Im Gespräch mit anderen Rettungsdienstlern können wir auf Augenhöhe sprechen. Das System lebt davon, den betroffenen Einsatzkräften auf Augenhöhe zu begegnen." Und genau hier kommen auch ihre neuen Kollegen ins Spiel. Sie sind selbst in der Gefahrenabwehr tätig – als Feuerwehrleute, Notärzte, in Diensten des DRK oder der Malteser. Und deswegen wissen sie umso besser, wie schwer manche Ereignisse zu verarbeiten sind.

Es geht nur zusammen im Team Foto: Landkreis Fulda

„Wir versuchen zum Beispiel klar zu machen, dass so etwas wie Schlaflosigkeit nach einem belastenden Einsatz eine normale Reaktion des Körpers auf diese besondere Situation ist“, erklärt Kristina weiter. Ziel soll sein, eigene Reaktionen besser einschätzen zu können, eigene Ressourcen zu wecken und so mit der Belastung besser fertig zu werden. „Wir schicken die Leute gut ausgebildet in den Einsatz – dann sollten wir auch zusehen, dass sie gut wieder raus kommen.“

„Kein Tabu-Thema mehr“

Dass auch professionelle Helfer nicht alles aushalten oder mit sich alleine ausmachen können, war lange Jahre ein Tabu - gerade unter Kollegen. Ob der Tod eines Kindes oder die schwere Verletzung eines Kollegen im Einsatz - "das muss man aushalten können, sonst ist man nicht geeignet für diesen Beruf", war lange Jahre vorherrschender Tenor. "Heute wissen wir einfach mehr", so Kristina. Zum Beispiel, wie sehr eine Einsatznachbesprechung nach einem schweren Einsatz helfen kann, das Erlebte besser zu verarbeiten.

Die Akzeptanz wächst - auch durch die Präventionsarbeit des Teams bei Fort- und Ausbildungen. Es ist "normaler" geworden, auch als Helfer irgendwann einmal selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen. (Nina Bastian) +++


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