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Aufstieg und Fall der SG Petersberg
27.07.19 - Handball und Petersberg - diese zwei Wörter gehörten jahrelang untrennbar zur SG Petersberg. Anfang Juni musste der Verein jedoch die Auflösung nach fast 43 Jahren bekannt geben. Der Grund: Es konnte kein neuer Vorstand gefunden werden. Gründungsmitglied Klaus-Dieter Albert und Thomas Scholz, bis zum 30. Juni 1. Vorsitzender der SGP, blicken im Gespräch mit ON|Sport auf die Gründungsjahre, die glorreichen Tage und die Auflösung zurück.
"Unterm Strich gab es wenig Nachwuchs, wenig Perspektive und einen Vorstand, der das viele Jahre gemacht hat, das aber nicht mehr weiter machen wollte", fasst Thomas Scholz die Beweggründe zusammen, die SG Petersberg zum 30. Juni aufzulösen. Sowohl er als auch Klaus-Dieter Albert, eines von neun Gründungsmitgliedern, schauen mit Wehmut, aber auch mit Freude auf die fast 43 Jahre SG Petersberg zurück.
Der Startschuss für die SGP fiel bereits 1975, auch wenn ein eigenständiger Verein damals keine Idee war. "Das Bestreben war immer, kein selbstständiger Verein zu sein, sondern Teil des Turnvereins. Auf den Vorschlag sind die Herren nicht eingegangen, denn ich konnte nicht garantieren, dass das klappt", erklärt Albert die ersten Schritte, Handball am Petersberg anzubieten.
Die junge Meister-Mannschaft aus dem zehnjährigen Jubiläumsjahr: (oben v.l.) ...Archivbild: SG Petersberg
Aus diesem Grund kam es zur Trennung vom Turnverein Petersberg. Da die Handball-Mannschaften jedoch bereits gestellt waren, wurde am 14. September 1976, pünktlich zum Saisonstart, die SG Petersberg gegründet. Ein Jahr später sollte ein Aufschwung kommen, denn die zweite Mannschaft von Borussia Fulda, damals Oberligist, ist aufgrund von Unstimmigkeiten im Verein nahezu vollzählig nach Petersberg gewechselt. "Da kann man sich vorstellen, was eine Oberliga-Mannschaft im Stande ist, zu leisten", so Albert.
So feierten die Petersberger eine Meisterschaft nach der anderen. "Das brachte auch eine Erweiterung im Jugend- und Frauenbereich", erinnert sich Albert. Höhepunkt: 1981 spielten die Petersberger in der Oberliga, der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Ein Umbruch folgte 1984, da die "alte Garde" ihre Karrieren beendeten und die Jugendspieler in die Herrenmannschaft rückten.
Bitterer Höhepunkt
Die Saison 1989/1990 sollte die erfolgreichste Runde dieses Teams werden, allerdings wohl auch die Bitterste. "Wir haben um den Aufstieg in die Oberliga gegen Heringen gespielt. Da gab es einen Passus, dass die sich aufgrund der Grenzöffnung drei Spieler aus Eisenach holen konnten, die damals Bundesliga gespielt haben", so Scholz. Die Petersberger verloren knapp und scheiterten am erneuten Oberliga-Aufstieg.
"Da fing es ein klein bisschen an, drei Leute sind nach Dipperz in die Oberliga gegangen. Das war für die Mannschaft vielleicht nicht ganz so toll", so Scholz, der damals ebenfalls den Weg nach Dipperz ging. In der Folge konnte Petersberg nicht mehr an die erfolgreichen Zeiten anknüpfen, viele Jahre spielten sie in der Bezirksoberliga. Bis dann erste Überlegungen seitens der FT Fulda aufkamen, eine Spielgemeinschaft zu gründen, nachdem die Herren zuvor schon mit dem TLV Eichenzell zwei Jahre gemeinsame Sache machten.
Erste Anlaufstelle war die talentierte weibliche D-Jugend beider Vereine. "Wenn wir die zusammenwerfen würden, da könnten wir was bewegen", schilderte Scholz die ersten Gedankengänge. Diese Idee musste natürlich zunächst reifen, da die FT und die SGP auch aufgrund der geographischen Nähe Rivalen waren. "Von uns kam dann der Schritt, in gesamter Jugend eine Spielgemeinschaft zu bilden", so Scholz, denn aufgrund der Regularien wären Aufstiege nicht zulässig, wenn nur eine einzige Mannschaft eine Spielgemeinschaft wäre.
2012 wurde diese Jugendspielgemeinschaft gegründet. "Die Zusammenarbeit auf Vorstandsebene war super. Es war immer ein offenes und faires Miteinander. Die Gedanken haben wir weitergeführt: Was ist, wenn die Jugendlichen in die Senioren kommen?", so der damalige Jungendwart Scholz. So arbeiteten beide Vereine seit 2013 in einer FSG zusammen, seit 2015 in einer MSG. Gelohnt hat es sich, denn einige Spielerinnen der damaligen weiblichen D-Jugend stiegen kürzlich mit den Damen in die Landesliga auf.
Ohne Vorstand kein Bestehen
"Wenn man sich die Spielerzahl der SGP ansieht, macht das auf jeden Fall Sinn. Heute hätten wir keine eigene Mannschaft mehr stellen können. Hätten wir keine Spielgemeinschaft gehabt, hätten wir vor fünf Jahren zumachen können", zeigt Scholz auf. Klaus-Dieter Albert war nie ein Freund von Spielgemeinschaften, musste jedoch auch eingestehen: "Leider ist das der Trend, der nicht aufzuhalten ist."
"Es sind junge Leute da, die bereit sind, aber keine Ausdauer haben, so ein Amt zu bekleiden", sagt Albert, die Begeisterung zur Vorstandsarbeit habe abgenommen. Erste Diskussionen zur Auflösung gab es bei der Jahreshauptversammlung 2018, bei der der letzte Vorstand erklärte, sich bei der nächsten Wahl 2020 nicht mehr aufstellen zu lassen.
So wurde in die Versammlung ein Jahr später geschrieben, dass es um die Auflösung geht. "Aber es kam niemand, der sich bereiterklärt hat", so Scholz. Auch Eltern und Spieler sahen laut ihm wenig Gründe, den Verein aufrechtzuerhalten: "Zusammengehörigkeitsgefühl zu einem Verein hast du nur, wenn du ein Leben lang für den Verein spielst. In einer Spielgemeinschaft verschwimmt dieses Gefühl, die Spieler sehen ihre Mannschaft als ihren Verein an."
So erklärte man Anfang Juni, dass man die sofortige Auflösung beantragt und die SG Petersberg seit dem 30. Juni Geschichte ist. Die Spieler der Spielgemeinschaften sind nun allesamt bei der FT Fulda aktiv. Die Entwicklung bedrückte alle bei der SG Petersberg, doch die Verantwortlichen können auch auf eine erfolgreiche und vor allem durch Freundschaften geprägte Zeit zurückblicken. (Tino Weingarten) +++