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Body Shaming ist im Internet an der Tagesordnung - Fotos: Carina Jirsch

REGION Wenn das „Internet“ über uns urteilt...

Body-Shaming? - Soziale Medien und ihr Einfluss auf unser Leben

Bei der Videoproduktion #betruebeyou handelt es sich um ein Studenten-Projekt der Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg der Studentinnen Julissa Bär, Valeria Piranio, Paula Münch und Anna-Lena Fliedner, das von OSTHESSEN|NEWS und der Schauspielerin Shide Baig unterstützt wurde.

05.09.19 - Zehn Buchstaben, ein Wort: Perfektion. Doch was ist "perfekt"? Es ist ein einfacher Begriff, der sich – man könnte sagen – fast unmöglich definieren lässt. Immer wieder wird in den Medien auf gesellschaftliche Probleme wie "Body Shaming" und "Hass im Netz" aufmerksam gemacht. Doch wieso lassen wir es immer wieder zu, dass das "Internet" über uns und unseren Körper urteilt?

Wir haben uns mit Schulpsychologin Petra Schuster-Böck vom staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda über diese Thematik unterhalten.

Mit nur wenigen Mausklicken sind Kurven, Falten und Cellulite Geschichte: Was die Internet-User zu Gesicht bekommen? Ein vermeintlich perfekter Mensch. Vorrangig junge Internet-Nutzer lassen sich von dieser Perfektion unter Druck setzen. "Im Vergleich zu früher nehmen die sozialen Medien heutzutage anders Einfluss auf Jugendliche", weiß Schuster-Böck, die die Auswirkungen der "Hate Speech" im Internet regelmäßig in den Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern zu spüren bekommt. Denn Facebook, Instagram und Co seien für junge Menschen inzwischen zu einem Stück Realität geworden.

Petra Schuster-Böck ist Schulpsychologin am staatlichen Schulamt Foto: Julissa Bär

Shide Baig ist eine professionelle Schauspielerin, die das Projekt "Stop Bodyshaning" ...

Man sollte den sozialen Medien nicht zu viel Einfluss geben, sondern lieber auf Feedback ...

Jugendliche unter Druck

Wie die Schulpsychologin erklärt: "Die Jugendlichen fühlen sich durch Selbstoptimierung unter Druck gesetzt. Sie haben Bilder vor Augen, die jedoch nicht der Realität entsprechen." Was früher als "Beweis" galt, sei heute das Ergebnis von Photoshop und Co. "Das ist bei vielen Internet-Nutzern noch nicht wirklich angekommen. Aus diesem Grund glauben wir, uns immer weiter optimieren zu müssen. Jungs und Mädels gleichermaßen." Das "perfekte" Bild in den sozialen Medien werde ein "Maß", das erfüllt werden muss.

Wenn das Internet anfängt, mich zu bewerten

"Inzwischen geben Jugendliche im Internet und in den sozialen Medien viel von ihrer Privatsphäre preis", erklärt Schuster-Böck. Dabei räumen sie mit jedem geposteten Bild anderen Usern das Recht ein, sie zu bewerten. Aber wer kann damit umgehen? "Hier geht es nämlich nicht um echte 'Makel'", weiß die Expertin. Es entstehen Problemzonen, die keine sind: von den Sommersprossen bis hin zur Lippenform, von Dehnungsstreifen bis hin zur Kleidergröße. Die Hemmschwelle im Internet ist schwindend gering und macht es Internet-Nutzern einfach, sich gegenseitig zu bewerten und mit dem "Ideal-Bild" der sozialen Medien abzugleichen. "Aus diesem Grund brauche ich auch ein gewisses Selbstbewusstsein, um mit dem Feedback anderer umgehen zu können", so Schuster-Böck.

Dabei ist es eine Frage der Ausgewogenheit. Denn oft nimmt das Feedback aus der Social-Media-Welt mehr Einfluss auf junge User als das aus den Reihen der Familie und Freunde. "Ich darf mich von meinen 'Internet-Freunden' nicht abhängig machen", rät Schuster-Böck: "Sobald ich anderen zeige, dass ich mich von ihnen beeinflussen lasse, gebe ich ihnen eine unglaubliche Macht."

"Es ist schwierig sich von dem Einfluss der sozialen Medien vollkommen freizumachen." Sich von den Plattformen abmelden - für die Schulpsychologin mehr als realitätsfern. "Lieber sollte man sich die Frage stellen: Warum lasse ich das alles so nahe an mich heran?"


Vertraue dir! Und nicht den Kommentaren

BodyShaming ist im Internet an der Tagesordnung. Man wird bewertet - und zwar rund um die Uhr. Wer mit "Hate Speech" konfrontiert wird, sollte sich laut Schuster-Böck davon frei machen. "Sobald man an Sicherheit gewinnt, nimmt man den Personen den Einfluss. Ich kann nur von anderen gemocht werden, wenn ich mich selber mag." Positiv auf Kommentare reagieren und damit der Hate Speech ihre Macht nehmen: Laut Schuster-Böck eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe - weit über die Bewertung von vermeintlichen Schönheitsidealen hinaus. "Es ist effektiv, einen freundlichen Gegenpost zu schreiben und auch andere Internet-User, die angegriffen werden, zu unterstützen."



Liebe Eltern, auch ihr seid gefragt

Zwar gibt es keine direkte Beratungsstelle, die sich auf die Themen "Hate Speech" und Body Shaming spezialisiert. Dennoch gebe es für Betroffene viele Anlaufstellen: Ob es jetzt die "Nummer gegen Kummer", Lebensberatungsstellen oder doch die Schulpsychologen an den Schulen oder dem staatlichen Schulamt sind, ist laut Schuster-Böck nicht von Belang. Wichtig sei nur, darüber zu sprechen. "Es hilft schon, sich im Freundeskreis auszutauschen und zu sehen: Anderen geht es ähnlich. Ich bin damit nicht allein."

Schuster-Böck appelliert aber auch an die Eltern: "Die sozialen Medien werden oft verteufelt." Eltern sollten jedoch lieber Regeln wie zum Beispiel kein Handy am Essenstisch einführen und Interesse an den Aktivitäten ihrer Kinder zeigen. "Nur wenn ich Interesse zeige und das Gespräch suche, merke ich auch, wenn etwas nicht stimmt."

Trotz der Gefahr, durch die sozialen Medien unter Druck zu geraten, sollte man die Präsenz der Social-Media-Welt - vor allem bei jungen Menschen - akzeptieren. Statt Plattformen zu verdammen, sollten Internet-Nutzer mit Positivity "Hass im Netz" eindämmen und Body Shaming etc. keinen Platz lassen. (Julissa Bär) +++


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