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Ein Ex-OB im Unruhestand: Gerhard Möller wird 70 – Ein Porträt
15.10.19 - Dass Gerhard Möller in Stadt und Landkreis Fulda eine der geachtetsten Politikerpersönlichkeiten ist, liegt auch an seiner – im besten Sinne des Wortes – unprätentiösen Art. „Ich bin gerade am Bügeln“, überrascht der Oberbürgermeister a. D., als OSTHESSEN|NEWS ihn telefonisch wegen eines Termins kontaktiert, um ein wenig mit ihm zu plaudern. Denn heute feiert Gerhard Möller seinen 70. Geburtstag.
Wir treffen den Jubilar im antonius-Laden-Café am Severiberg, was kein Zufall ist, denn Gerhard Möller ist nicht nur Vorsitzender des Fuldaer Geschichtsvereins, sondern auch der Förderstiftung von antonius Netzwerk Mensch. Er begleitet die Kulturreihe „Literatur im Stadtschloss“, hat ein Mandat im Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft und sitzt im Vorstand der Heim-VHS Burg Fürsteneck. Seine Familie mit vier Kindern und sechs Enkelkindern hält ihn darüber hinaus auf Trab. „Die letzten vier Jahre vergingen wie im Flug, und langweilig ist mir nie gewesen“, sagt Möller, der 2015 aus dem Amt des Fuldaer Oberbürgermeisters schied.
Gerhard Möller wurde am 15. Oktober 1949 geboren und wuchs mit seinen drei Geschwistern in Ebersburg-Weyhers auf. „Das war eine klassische Rhöner Konstellation“, sagt er. „Mein Vater hatte ein kleines Malerhandwerksunternehmen und betrieb zusammen mit meiner Mutter im Nebenerwerb Landwirtschaft mit zwei oder drei Kühen, zwei Schweinen und ein paar Hühnern.“ Für Rhöner Jungens war es damals unüblich, eine höhere Schule zu besuchen, und nur auf Anraten der Lehrerin und des Pfarrers schickten die Eltern den Sohnemann schließlich 1960 aufs Domgymnasium. „Das hat mich zum ersten Mal mit Fulda in Verbindung gebracht.“
Durch seinen zehn Jahre älteren Bruder wurde das politische Interesse bei Gerhard Möller früh geweckt. Er trat der Jungen Union bei, wo er es bis zum stellvertretenden Kreisvorsitzenden brachte. 18 Monate Wehrdienst in Göttingen. Jura-Studium in Gießen. „Da war ich mit großem Eifer bei der Studentenpolitik dabei und wurde sogar studentischer Senator.“
Seit 1974 war Gerhard Möller Kreistagsabgeordneter und ging nach dem zweiten Staatsexamen in die Fuldaer Kreisverwaltung, wo er 1987 mit 37 Jahren zum Ersten Kreisbeigeordneten gewählt wurde. „Die Zusammenarbeit mit Landrat Fritz Kramer hat sehr gut funktioniert“, sagt Möller. „Personal, Soziales, Jugend, Umwelt – unter ihm hatte ich das breiteste Zuständigkeitsgebiet, das je ein Kreisbeigeordneter in Hessen hatte.“ Und insgeheim war ausgemacht: Wenn Fritz Kramer einmal aus Altersgründen seinen Dienst quittieren müsse, würde Gerhard Möller ihn im Amt beerben. Doch es kam anders.
„Als man mich 2003 fragte, ob ich Oberbürgermeister von Fulda werden will, weil Dr. Alois Rhiel ins Wirtschaftsministerium nach Wiesbaden wechseln sollte, war das für mich völlig überraschend“, erinnert sich Möller. „Den Kreis kannte ich wie meine Westentasche. Aber die Stadt ist ein ganz eigener Kosmos. Das war für mich die schwierigste Entscheidung, die ich je zu treffen hatte. Aber dann habe ich mir gesagt: Noch bist du jung genug, also mach es.“ Bereut hat Gerhard Möller diesen Schritt nie.
Schon das Duo Kramer/Möller war im Landkreis als Sparbrötchen verschrien. „Unser Credo war immer: sparsame Verwaltung, ordentliche Finanzen, geringe Verschuldung. Da waren Fritz Kramer und ich ein Herz und eine Seele. Diese Einstellung konnte ich auch mit zur Stadt Fulda nehmen. In meiner OB-Zeit hat die Stadt aber 300 Millionen Euro investiert, Schulden ab- und Rücklagen aufgebaut. Wenn man mich als Sparbrötchen bezeichnet hat, hat mich das anfangs schon geärgert, später aber habe ich das als Anerkennung empfunden.“
Neben dem sukzessiven Ausbau von antonius Netzwerk Mensch nennt Gerhard Möller vor allem auch städtebauliche Maßnahmen, die seine Amtszeit geprägt haben: die Neugestaltung des Universitätsplatzes, die Entwicklung der südlichen Innenstadt von der Dalbergstraße bis hinauf zum Emaillierwerk, die Entstehung des Stadtteils Fulda-Galerie mit einer kompletten Infrastruktur, der Umbau der ehemaligen US-Kaserne zum Münsterfeld, die West-Umfahrung, die Neuausrichtung der Landes-, Hochschul- und Stadtbibliothek sowie die Pflege der historischen Bausubstanz unter anderem mit der Sanierung des Kanzlerpalais und des Palais Altenstein. Nicht selten mussten Möller und sein Team bei der Realisierung der Projekte dicke Bretter bohren: „Da braucht man schon eine hohe Widerstandskraft“, schmunzelt er im Nachhinein.
Es gibt ja nicht wenige Politiker, die kleben geradezu an ihren Sitzen. Nicht so Gerhard Möller. „Als ich 2015 aus dem Amt geschieden bin, war das meine eigene Entscheidung. Ich war über vierzig Jahre in der Kommunalpolitik tätig, und ohne meine Frau Michaela hätte ich das gar nicht schaffen können. Für mich war das der richtige Zeitpunkt und die Chance, etwas wiedergutzumachen – auch für meine Familie.“ Und so genießt Gerhard Möller seinen Unruhestand, geht seinen Hobbys nach – dem Wandern und dem Lesen –, und hilft auch mal im Haushalt aus. „Ich bügele eigentlich ganz gerne. Nur mit dem Kochen klappt’s noch nicht.“
Seinen 70. Geburtstag feiert er übrigens im privaten Rahmen mit Familie, Verwandten und Freunden. „Die Stadt hat mir auch einen Empfang angeboten. Das habe ich aber abgelehnt.“ Wie gesagt: völlig unprätentiös. – Happy Birthday, Gerhard Möller! (Matthias Witzel) +++