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Professor Peter Schallenberg refierierte am Dienstagabend im Kanzlerpalais. - Fotos: Privat

FULDA Es referierte Professor Schallenberg

Die Amazonas-Synode im Fokus: Spannender Vortrag im Kanzlerpalais

07.11.19 - Professor Peter Schallenberg (Paderborn/Rom) sprach am Dienstag im vollbesetzten Kanzlerpalais wenige Tage nach dem Ende der Beratungen in einem Vortrag über die Ergebnisse und die Bewertung der Amazonas-Synode, mit der auch in Deutschland hohe Erwartungen hinsichtlich neuer Wege in Ökologie und Pastoral verknüpft waren.

„Amazonien stand in den letzten Monaten mehrfach im medialen Fokus. Der Regenwald brannte, die grüne Lunge der Erde war und ist in akuter Gefahr. Die ökologische Katastrophe wird ergänzt durch einen skandalösen Umgang mit der indigenen Bevölkerung, deren Lebensweise und deren Kultur schutzlos ökonomischen Interessen untergeordnet werden. Die Kirche hat erkannt, dass man sich diesen Problemen dringend annehmen muss“, machte Dr. Marco Bonacker, kommissarischer Leiter der Abteilung Erwachsenenbildung im Bistum Fulda, in seiner Begrüßung deutlich, und verwies damit auf den eigentlichen Ausgangspunkt, den auch Papst Franziskus mit der Synode im Blick hatte. Die Veranstaltung, die von der Erwachsenenbildung des Bistums und der VHS der Stadt Fulda am Dienstagabend angeboten wurde, lockte zahlreiche Interessierte ins Kanzlerpalais.

Msgr. Prof. Dr. Peter Schallenberg ist dabei in Fulda kein Unbekannter. Bis 2008 hatte er den Lehrstuhl für Moraltheologie an der Theologischen Fakultät inne und wohnte längere Zeit in Petersberg. Aktuell ist er nicht nur Professor in Paderborn und Direktor der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle, sondern auch Konsultor am römischen „Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“ im Vatikan. Dort berät er Peter Kardinal Turkson in sozialethischen und wirtschaftsethischen Fragen. Von daher brachte er Informationen zur Synode aus erster Hand mit.

Im Vorfeld der Synode waren die Erwartungen nicht nur hinsichtlich einer ökologischen Wende groß, sondern vor allem auch die möglichen neuen Wege in der Pastoral standen im Fokus, betonte Schallenberg. Wie muss sich die Pastoral in Amazonien, wie muss Kirche dort strukturiert sein? Besonders die Fragen nach der Rolle der Laien im pastoralen Dienst, eine mögliche Lockerung des Zölibats, die Weihe von viri probati und das Thema Frauen in der Kirche wurden hier angesprochen. Viele Beobachter erhofften sich auch Antworten für die Kirche in Deutschland und Europa und sehen das Amazonas-Gebiet als Paradigma für die gesamte Kirche.

Das Forum im Kanzlerpalais war gut besucht.

Schallenberg machte zunächst deutlich, wie groß der Einfluss des Amazonas-Gebietes auf die ökologische Situation der ganzen Welt ist und wie sich gerade dort der Klimaschutz global entscheidet. Die aktuellen Entwicklungen von Rodungen und damit die Zerstörung des komplexen Ökosystems habe unabsehbare Folgen. Schallenberg verwies dabei auf das bereits seit einigen Jahren bestehende und von der Kirche gegründete Netzwerk REPAM, das grenzüberschreitend alle neun Anrainerländer des Amazonasgebietes einbezieht und die ökologischen und kulturellen Interessen international vertritt.

Moderator Dr. Marco Bonacker

Mit Blick auf das Schlussdokument der Amazonas-Synode rückten besonders dann die Fragen nach einer Lockerung des Zölibates in den Fokus, um den Menschen dieser teils schwer zugänglichen Gebiete die Möglichkeit des sakramentalen Lebens zu ermöglichen. Schallenberg zitierte aus dem Schlussdokument, wo es heißt: „Viele Gemeinden im Amazonasgebiet haben enorme Schwierigkeiten, Zugang zur Eucharistie zu erhalten. Manchmal vergehen nicht nur Monate, sondern sogar Jahre, bevor ein Priester eine Gemeinde besuchen kann …“ Das Dokument enthält dann auch einen konkreten Vorschlag: „Die zuständige Autorität … möge Kriterien und Voraussetzungen schaffen, um geeignete und von der Gemeinde anerkannte Männer zu Priestern zu weihen. Sie sollten bereits ein fruchtbares Diakonat und eine Ausbildung zum Priesteramt absolviert haben und sie sollten eine stabile Familie beibehalten können.“ Diese auf das Amazonas-Gebiet bezogene Forderung wirft Fragen auf. Gibt es in den betreffenden Ländern bereits ein starkes Bewusstsein eines ständigen Diakonates, das ja die Grundlage einer solchen Forderung wäre? Gibt es bereits funktionierende Ausbildungsstrukturen für Priester und Diakone? Und lässt sich wirklich eine rein regionale Beschränkung dieser Regelung denken, die folgenlos für Deutschland oder Europa wäre?

Auch das ständige Diakonat der Frau wurde laut Schallenberg wieder thematisiert. Dabei verwies er auf die schließlich dogmatische Frage, ob das Diakonat vollen Anteil am Weihesakrament habe, oder nur eine Vorstufe zur Priester- oder Bischofsweihe sei. Daran würde sich am Ende entscheiden, ob ein Diakonat der Frau möglich sei. Die Synode schlägt vor, mit der bestehenden von Papst Franziskus einberufenen Kommission zu dieser Frage in Dialog zu treten.

Die Synode widmete sich zwei Großfragen: der Ökologie und der Pastoral. In beiden Feldern hat sie auch durch das Schlussdokument wertvolle Erkenntnisse und Erfahrungen sowie Forderungen gestellt, aber auch viele Fragen erst entstehen lassen. Nun sei es laut Peter Schallenberg an Papst Franziskus, mit den Ergebnissen der Amazonas-Synode umzugehen und zu entscheiden, was in welcher Form umsetzbar sei.

Der spannende Abend endete mit einer von Dr. Marco Bonacker moderierten Diskussion und einem Ausblick auch für die Kirche in Deutschland, in der sich fernab aller konkreten pastoralen Fragen am Ende doch immer wieder die Krise der Gottesfrage zeige, so Schallenberg. Laut Schallenberg könne man sich die Unterschiede im kirchlichen Leben mit Blick auf die global verfasste Kirche daher auch nicht größer vorstellen. Die Ungleichzeitigkeiten seien enorm. Der Papst habe daher die wesentliche Aufgabe die Einheit der Kirche zu wahren. Eine schwierige und doch so notwenige Aufgabe – gerade heute. (pm) +++


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