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JVA Hünfeld: "Ein Alleinstellungsmerkmal über Hessen hinaus"
27.10.22 - Einen Informationsbesuch hat der neue hessische Justizminister Professor Dr. Roman Poseck (CDU) am Mittwoch der JVA Hünfeld abgestattet. Der gebürtige Rheinländer ist als Nachfolger von Eva Kühne-Hörmann seit dem 31. Mai im Amt und hat "keinerlei Startschwierigkeiten" gehabt, wie er bereits vor Längerem im Gespräch mit OSTHESSEN NEWS sagte.
Der 52-Jährige wirkte zuvor unter anderem als Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main, als Zentralabteilungsleiter im Hessischen Ministerium der Justiz sowie zuletzt als Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main und als Präsident des Staatsgerichtshofes des Landes Hessen.
Bei einem Rundgang gemeinsam mit JVA-Leiter Lars Streiberger informierte sich der Minister über die JVA Hünfeld, die zuständig ist für den Vollzug von Freiheitsstrafen an männlichen Erwachsenen und gut 500 Haftplätze bietet. "Die Einrichtung ist teilprivatisiert und besitzt damit ein Alleinstellungsmerkmal über Hessen hinaus", so Poseck bei einem anschließenden Pressegespräch, an dem auch Vertreter des Personalrates und des Anstaltsbeirates teilnahmen.
Der Minister freute sich darüber, dass die JVA Hünfeld mittlerweile fest etabliert sei und eine sehr hohe Akzeptanz gerade in der Bevölkerung genieße. Neben der Sicherheit, die die Einrichtung auch nach außen hin vermittle, sei sie ein sehr bedeutender Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor. Die Werkbetriebe mit ihren Bereichen Elektro, Metall und Konfektionierung stellten einen wichtigen Faktor in puncto Resozialisierung der Häftlinge dar.
Poseck zufolge werden rund 40 Prozent der sogenannten nicht-hoheitlichen Betriebsleistungen wie Werkbetriebe, die medizinische Versorgung der Gefangenen sowie der Küchen- und Reinigungsbetrieb von dem privaten Dienstleister "steep GmbH" beziehungsweise von dessen rund 94 Mitarbeitern wahrgenommen. Aber weder die Gesamtverantwortung für die Anstalt noch vollzugliche Entscheidungen der Sicherheit seien von der Teilprivatisierung betroffen; die Eingriffsbefugnisse gegenüber Gefangenen blieben den etwa 125 staatlichen Bediensteten vorbehalten. Der Minister betonte, dass sich das seit 1. Januar 2006 laufende Projekt bewährt habe. Insbesondere das angebotene Zwei-Schichtsystem finde bei den Gefangenen Bestätigung und führe zu einer bis zu 80-prozentigen Arbeitsquote in den Werkbetrieben.
Hintergrund
Mit der Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt Hünfeld am 1. Januar 2006 hatte Hessen als erstes Bundesland nicht-hoheitliche Betriebsleistungen innerhalb einer Justizvollzugsanstalt im Umfang der genannten etwa 40 Prozent an einen privaten Dienstleister übertragen. Ein neuer Betreibervertrag war am 14. Juli 2021 unterzeichnet worden.
Abgestimmt auf den zweischichtigen Arbeitsbetrieb gibt es in der Justizvollzugsanstalt Hünfeld – getrennt nach Vollzugsabteilungen – an Vor- und Nachmittagen einen festgelegten Sportstundenplan. Dabei sind 225 Minuten (entspricht 3x Sport/Woche) Sport pro Gefangenen und Woche vorgesehen. Angeboten werden Fußball, Basketball, Tischtennis, Badminton, Fitness, Spinning und ein spezielles Konditionstraining. Auf den Freistundenhöfen befinden sich zudem Tischtennisplatten, Fitnesswürfel und kleine Sportfelder zum Basketball spielen.
"Den Inhaftierten wird mit dem Sportprogramm ein vielseitiger Ausgleich angeboten. Sport im Justizvollzug fördert die Persönlichkeitsentwicklung der Gefangenen und trägt zur Verbesserung sozialer Kompetenz bei. Die Teilnehmenden lernen, mit Erfolg und Misserfolg umzugehen. Sie erfahren auch, wie gewaltfrei miteinander gespielt werden kann und welche Vorteile gute Teamarbeit mit sich bringt. Die in der Justizvollzugsanstalt erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse sind ein wichtiger Bestandteil für die Resozialisierung der Gefangenen und damit für die Sicherheit der Bevölkerung", so der Minister.
Bewährtes Konzept
"Der Besuch in der Justizvollzugsanstalt Hünfeld hat gezeigt, dass sich das Konzept der Teilprivatisierung für diese Anstalt bewährt hat. Mir ist ein hochengagiertes Team aus staatlichen Bediensteten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des privaten Dienstleisters begegnet. Ich danke allen für ihre Arbeit und ihren Einsatz, der täglich zur Sicherheit unseres Landes beiträgt", so Poseck.
Seiner Aussage nach kommt es allerdings darauf an, in Hessen die personelle Situation in den JVAs generell zu verbessern. So seien im Doppelhaushalt 2023/2024 gut 43 zusätzliche Stellen vorgesehen, davon 24 im allgemeinen Justizvollzugsdienst. Auch Hünfeld werde davon profitieren, so der Minister, der zugleich den hohen Stellenbesetzungsgrad von über 95 Prozent hervorhob.
JVA-Leiter Streiberger, seit knapp sechs Jahren im Amt, betonte besonders, dass die überwiegende Anzahl der Bediensteten aus der Region komme und hier fest verankert sei. Dadurch sei eine hohe Identifikation gegeben. Zugleich würdigte er den starken Teamgeist untereinander.
An Herausforderungen, denen die Bediensteten täglich begegneten, nannte der Minister übrigens die Zunahme psychisch auffälliger Häftlinge. Da sei verstärkt Fingerspitzengefühl seitens des Personals vonnöten. (bl) +++