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Fulda bleibt cool: Was bedeutet der Klimawandel?
02.12.22 - Man hätte dieser Veranstaltung im Wohnzimmer, dem Stadtteil-Treff Fulda Innenstadt, wirklich mehr Besucher gewünscht, denn über was wollen wir eigentlich engagiert diskutieren, wenn nicht über die Frage, wie wir unsere Stadt für die Klimakrise fit machen?
Das kann nur gelingen, wenn wir alle das Klima zu unserer Sache machen.
Das Klima braucht Netzwerker
Drei hochkarätige Gäste waren zu der von Nathalie Kohlert moderierten Podiumsdiskussion eingeladen: Stadtbaurat Daniel Schreiner, Meteorologe Oliver Reuter von Osthessen-Wetter und Alexander Breit vom Frankfurter Stadtplanungsamt. Sie waren sich einig: Klimaschutz ist keine Sache von Regierungen, Verwaltungen und Parteien, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, "nur ein großes Netzwerk aus aktiven Beteiligten kann etwas bewirken", so Daniel Schreiner. Ohne grundsätzliches Umdenken werde es aber nicht gehen, "wir müssen wieder mehr mit der Natur statt gegen sie arbeiten", so Oliver Reuter. Alexander Breit machte Lust auf das klimaresistente, coole Fulda von morgen: "Eine nachhaltige Stadt ist schöner, geselliger, grüner und ruhiger – und sie riecht besser!"
Extremwetter wird zur Regel
Spätestens seit den Starkregenfällen des letzten Jahres sollte allen klar sein, dass Extremwetterlagen inzwischen gehäuft auftreten. Hochs oder Tiefs nisten sich oft wochenlang ein, der heißeste Tag des Sommers 2022 (fast 39° C wurden gemessen) etwa war eingebettet in eine wochenlange Hitzeperiode. Bei Starkregenfällen kann keine noch so gute Stadtplanung die Wassermassen bewältigen. "Das 10-jährige Extremwetter ist jetzt jedes Jahr", fasste Daniel Schreiner es zusammen. Wobei zu Extremwetter genauso auch Trockenheit, Wassermangel, sinkende Grundwasserpegel und Vegetationsbrände gehören.
Der Stadtbaurat griff sich einen Klimaaspekt heraus – Starkregen. Im Frühjahr 2022 hatte die Stadt Fulda die neuen Gefahrenkarten bei Starkregen vorgestellt. Hier kann man genau ablesen, wo und in welcher Höhe Wasser bei Starkregen abfließt – und sich entsprechend vorbereiten. Dies sei, so Schreiner, nicht allein Sache der Kommunen, Gewerbetreibende und Private seien genauso gefordert.
Die Fuldaer Situation stelle sich – historisch gewachsen – besonders dar: ein sehr dicht besiedelter Ostteil, erst mit der Gebietsreform 1972 kam die Erweiterung Richtung Westen. Während die Bachtäler im Westen weitgehend intakt sind, ist das im Osten der Stadt ganz anders. Da Bachtäler nicht nur Wasser abführen, sondern auch die Warmluft, hat das hohe Relevanz. Sind sie intakt, entsteht in der Dämmerung kalte Luft, die warme Luft wird Richtung Fulda (Fluss) abgeführt. Sind sie aber zerstört oder bebaut, bleibt die Hitze förmlich stehen.
Die Lage ist zu ernst für Pessimismus
Alexander Breit ist davon überzeugt, dass nur Optimismus dem Thema Klima weiterhelfe, vor allem aber unsere Vorstellungskraft, was wir verändern wollen. Gute Beispiele gäbe es genug. Dazu zählen Genossenschaften, die andere Wohnangebote schaffen oder Energie erzeugen (zum Beispiel die Bürger-Energie in Kassel). Noch relativ neu sind Bürgerhaushalte, bei denen Bürger für einen Teil des Haushalts verantwortlich sind und entscheiden, wofür Geld ausgegeben wird. Wie so etwas funktioniert, kann man sich zum Beispiel in Darmstadt anschauen. Regionalwährungen kennen wir in Fulda schon (den Lilientaler), sie sorgen dafür, dass Geld regional und lokal ausgegeben wird. Die solidarische Landwirtschaft schafft mit ihrem Anteilsmodell Vorteile für Produzenten und Abnehmer. Und in städtischen Gemeinschaftsgärten werden nicht nur Nahrungsmittel produziert, sie fungieren auch als Nachbarschaftstreff.
Man konnte gar nicht anders als diese Veranstaltung mit viel Lust auf ‚packen wir’s doch einfach an‘ zu verlassen. Veränderung macht nämlich keine Angst, sondern Spaß, wenn man sich daran beteiligt und eine Idee von seiner Zukunft entwickelt. (Jutta Hamberger) +++