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Der Zuspruch des Publikums in Bad Brückenau war sehr groß. - Fotos: brk hilft

BAD BRÜCKENAU Ein Abend für die Ukraine

"Bad Brückenau hilft" auch weiterhin dem geschundenen Kriegsland

28.02.23 - Welch‘ ein Kontrast! Dort, am Brandenburger Tor in Berlin Friedensschwurbler vom äußersten rechten und linken Spektrum auf einer fragwürdigen "Ukraine-Demonstration". Selbstdarsteller auf einer pseudo-politischen Schaubühne.

Hier vor Ort, vergangenen Samstag fast zeitgleich in der Georgie-Halle von Bad Brückenau. Eine kleine aber feine und bescheidene, von Grund auf aber ehrliche, weil der Realität tatsächlich entsprechende Veranstaltung mit knapp 300 Besuchern. Gästen, die eigens aus dem von Putin und den Russen überfallenen und brutal geknechteten Kriegsland angereist waren, zahlreiche geflüchtete Ukrainer aus der Brückenauer Umgebung, tolle Bands, spontane Musikeinlagen, viele kleine und große Helden und vor allem aufrüttelnde Berichte und Geschichten. An diesen Abend werden sich die Teilnehmenden gewiss noch lange erinnern.  

Seit einem Jahr stemmt sich die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg - und fast so lange unterstützen zahlreiche Ehrenamtliche von "Bad Brückenau hilft" im Kriegsland und in der Rhön die Betroffenen. Am 25. Februar 2023 blickte der Verein mit vielen Freunden und Unterstützern auf das in dieser Zeit Geleistete zurück. Dirk Stumpe führte durch das Programm und ließ viele Helfer auf der Bühne ihre gleichwohl aufrüttelnden wie aufwühlenden Erlebnisse erzählen. Die emotionalen Berichte fesselten das Publikum.  

Schnell Hilfsgüter organsiert 

Etwa als Uwe Schindler schilderte, wie es kurz nach dem Kriegsausbruch zum ersten Hilfstransport kam. Innerhalb kürzester Zeit wurde ein Team zusammengestellt und dringend benötigte Hilfsgüter gesammelt. Man fuhr nach Przemysl kurz vor der ukrainischen Grenze, weil dort sehr viele Ukraine-Flüchtlinge ankamen. Auf der Rückfahrt brachten die Bad Brückenauer mehrere Menschen in Sicherheit. Die Zustände im Flüchtlingslager waren katastrophal, Menschen lagerten auf dem nackten Betonboden und hatten praktisch Nichts dabei. Angesichts solcher Eindrücke war schnell klar, dass die Hilfe weitergehen sollte.  

Vom zweiten Hilfstransport, nur eine Woche nach dem ersten berichtete Christian Wirth. Die Rhöner Spendenbereitschaft war schon damals enorm groß. Innerhalb weniger Tage waren mehrere Garagen voll mit Schlafsäcken, Isomatten, Lebensmitteln und vielen anderen Hilfsgütern mehr. 

Thomas Weißenfeld erzählte von einem besonderen Einsatz, der nur eine Woche nach der zweiten Tour startete: Ein Hilferuf von acht Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen neun Monaten und 19 Jahren - die 19-Jährige war die einzige "Erwachsene" in der Gruppe. Sie war am Warschauer Bahnhof gestrandet und hatte über Bekannte den Kontakt nach Bad Brückenau hergestellt. Innerhalb von nur 90 Minuten machten sich fünf Helfer in zwei Fahrzeugen auf den Weg nach Polen. Die über 2.000 Kilometer fuhren sie ohne Übernachtung und brachten die Kinder wohlbehalten in Sicherheit. 

Welche Anstrengungen in Bad Brückenau unternommen wurden, während die Teams unterwegs waren, schilderte Ulrich Wildenauer. Diesbezüglich wurde unwahrscheinlich viel geleistet, um gut auf die Rückkehr der Fahrzeuge vorbereitet zu sein und die mitgebrachten Flüchtlinge versorgen zu können: Essen, Getränke, die damals noch unvermeidlichen Corona-Tests standen bereit, Unterkünfte waren zumindest für eine Übergangszeit organisiert. Wildenauer musste manchmal hunderte Telefonate am Tag führen, "um alles auf die Reihe zu bekommen".  

Sprachkurse helfen, um den Alltag zu bewältigen

Gabi Schneider und Manuela Word gaben einen Einblick dessen, was darüber hinaus sonst noch alles in Bad Brückenau und Umgebung geleistet wurde (und wird!), damit sich die hier untergekommenen Ukrainer "halt so gut wie es geht wohlfühlen können": Sprachkurse helfen, sich im Alltag zurechtzufinden. Zahlreiche Wohnungen wurden organisiert und ausgestattet. Mehrere Kleiderbasare veranstaltet. Selbst einen Ausflug hatten die Helfer initiiert, um den Ukrainern das Ankommen - so gut es unter diesen schwierigen Umständen eben geht - zu erleichtern. "Das ist gelebte Integration!", so ihr Fazit.  

Bad Brückenaus stellvertretender Bürgermeister Jürgen Pfister zeigte sich sichtlich beeindruckt vom bisher Geleisteten. Stadtrat Stumpe seinerseits sagte "Danke" für die Unterstützung der Kommune, dergestalt, dass "Bad Brückenau hilft" den alten Bahnhof als Lager nutzen dürfe.  

Ein Schwerpunkt der Hilfe konzentrierte sich lange Zeit auf die ankommenden Flüchtlingsströme an der ukrainisch-polnischen Grenze. Oliver Belz berichtete von Verpflegungs-Ständen am Übergang, der Unterstützung für den "Piece-of-Piece-Playground". Und von den vielen bunten Turnbeuteln mit Geschenken und Süßigkeiten, die den Flüchtlingskindern und ihren Müttern ein Lächeln ins Gesicht zauberten. Zumindest vorübergehend.  

Als jedoch einmal ein ganzer Bus mit Kindern ankam, gefror den Bad Brückenauer Helfern das Blut in den Adern: Sie erfuhren, dass diese alle Waisen sind, die durch den Krieg ihre Eltern verloren haben. Immer wieder erhalten die Brückenauer Ehrenamtlichen Fotos und Filme aus der Ukraine, wenn die Hilfspakete ankommen. "Dank eines besonderen Paketklebebands und brkhilft-Aufklebern erkennen wir, dass es wirklich unsere Pakete sind. Zahlreiche Kontaktpersonen in der Ukraine informieren uns auch stets, was benötigt wird, so dass wir zielgerichtet sammeln können", so das Orga-Team. 

Ukrainische Spezialiatäten wurden gereicht

In der Pause erfreuten sich die Gäste nicht nur an Getränken, sondern wurden auch mit ukrainischen Leckereien versorgt. Dazu spielte die Bank "IPAD + 2". Dann wurde es noch herzergreifender: Larisa Kisliak berichtete von ihren Erlebnissen an der Front. Sie ist Ukrainerin, arbeitet und wohnt im Landkreis Bad Kissingen. Ihr Bruder verteidigt die Ukraine als Soldat an einem der umkämpftesten Frontabschnitte. Die Ärztin hatte sich das Ziel gesetzt, ihn zu besuchen und nach Möglichkeit zu helfen. Ihren Bruder konnte sie freilich nur relativ kurz sehen, dafür ist die Situation an der Front viel zu gefährlich.

Dann traten noch Olga Brunko und ihre Tochter Alyona auf die Bühne, Larisa übersetzte. Olga und Alyona waren eigens aus der Ukraine angereist, um diesen Abend zu begleiten und sich stellvertretend zu bedanken. Olga ist die Frau von Chefarzt Oleg im Krankenhaus von Kamjanez-Podilskyj ist. Dieses Krankenhaus unterstützen die Unterfranken seit Monaten nicht nur mit dringend gebrauchten Medikamenten, OP-Werkzeugen und Verbandsmaterial, sondern zuletzt auch mit Krankenliegen, Ultraschallgeräten und 35 Krankenbetten mit Nachttischen.

Beeindruckend waren auch Olgas weitere Schilderungen, die sich in ihrer Stadt auch außerhalb des Krankenhauses sehr stark engagiert, beispielsweise um auch in Kinderheimen zu helfen. Kurz gesagt und auf den Punkt gebracht: Eine echte Heldin! Als Ausdruck des Dankes des Krankenhauses und der Stadt Kamjanez-Podilskyj überreichte Olga eine Reihe von Urkunden und Geschenken an die Bad Brückenauer Helfer. 

Pierre Worschech und Markus Bug berichteten von der Hilfeleistung für die Feuerwehr von Kamjanez-Podilskyj. Beim 13. Hilfstransport wurde nämlich ein Feuerwehrfahrzeug samt umfangreicher Ausrüstung in die Ukraine geliefert. Beide zeigten sich von der Spendenbereitschaft der umliegenden Feuerwehren aus dem Landkreis Bad Kissingen und benachbarten Osthessen tief beeindruckt. Michajlo Positko, der Bürgermeister von Kamjanez-Podilskyj, war virtuell anwesend: Er hatte eine Videobotschaft aufgenommen, mit der er sich für die Bad Brückenauer Hilfe bedankte.  

Und die geht natürlich weiter. Ein Schwerpunkt bleibt das Krankenhaus von Kamjanez-Podilskyj. Außerdem werden demnächst Schulmöbel in den Westen der Ukraine transportiert, damit dort vor Ort Kinder unterrichtet werden können, die aus den Krisengebieten evakuiert wurden. 

Zum Schluss noch eine Überraschung: Eine Gruppe von Ukrainern, die in der Umgebung von Bad Brückenau eine "vorübergehende Heimat" gefunden hat, trug Lieder und Gedichte aus der "richtigen Heimat" vor. "Wir waren von dieser Darbietung wirklich beeindruckt. Herzlichen Dank an alle, die geholfen und diese Veranstaltung möglich gemacht haben!", so IT-Administrator Thomas Bolzt zum Abschluss eines ebenso außergewöhnlichen wie großartigen Abends. (Hans-Peter Ehrensberger)+++


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