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Eher Schrott als Schätze im ehemaligen Ordnungsamt
03.05.23 - Pünktlich um 11 Uhr schloss Nils Bernhardt vom Fachbereich Finanzen und Immobilienmanagement der Stadt Bad Hersfeld die Tür auf: Angekündigt war, dass alles, was sich noch im ehemaligen Ordnungsamt am Markt 16 befindet, verschenkt oder für wenig Geld verkauft werden sollte.
Ein paar Schnäppchenjäger hatten sich bereits versammelt. Manche nur zum Schauen, andere mit einem festen Plan: Die alte Zapfanlage aus dem ehemaligen Aufenthaltsraum im dritten Stock hatte für 99 Euro schnell einen Käufer gefunden. Um genau zu sein: Sie hätte es, wenn das gute Stück nicht im Mauerwerk verankert gewesen wäre. "So sind nur Teile davon rausgegangen", so Bernhardt. Schreibtische, Schränke, Regale oder Bürostühle - alles musste raus. Und auch einige der Fund-Fahrräder, die im Angebot waren, fanden recht schnell neue Besitzer.
Nicht mehr Stand der Technik
"Was heute nicht weggeht, werden wir entsorgen", so Bernhardt gegenüber O|N. Wie verwinkelt das Gebäude eigentlich ist, zeigte sich beim Schlendern durch die drei Stockwerke. Dass die Inneneinrichtung absolut nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Technik war, zeigte sich an vielen Stellen deutlich. Sogar die drei alten Arrestzellen, die in den vergangenen Jahren eher für Akten als für Ordnungsstörer genutzt wurden, konnten die Besucher "besichtigen". Und exklusiv für die Presse ging es in den Gewölbekeller, der ebenfalls etwas gruselig anmutete.Noch deutlich sichtbar war, welche städtischen Angestellten über Jahre in den Büros gearbeitet haben. Auch das Inventar des Trauzimmers, in dem sich hunderte Paare das Ja-Wort gegeben hatten, musste weichen. Alte Pokale, Kerzenständer, ein Radio aus Urgroßmutters Zeiten, veraltete Computerprogramme, aber auch Locher, Tacker und noch recht stabil aussehende Bürostühle wurden angeboten.
Ein nahezu antiker Tresor, der in früheren Zeiten Personalausweise, Reisepässe und andere wichtige Dokumente beinhaltet haben dürfte, wird wahrscheinlich keinen Abnehmer gefunden haben. Denn das war die Voraussetzung: Alles, was mitgenommen oder gekauft wurde, musste innerhalb der gesetzten eineinhalb Stunden auseinandergebaut und selbst abtransportiert werden. Und natürlich zuvor bezahlt - sofern es nicht kostenlos war.
"Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit war das eine gute Aktion", so Bernhardt, nachdem sich die Türen wieder geschlossen hatten. "So konnten die Leute mal durchschauen, was sie gebrauchen konnten." Der Erlös lag allerdings noch unter 100 Euro. "Wichtig ist, dass wir einiges losbekommen haben", so Bernhardt.
Und selbst, wer nichts mitgenommen hat, konnte sich in den alten Räumen, wo man früher auf den Reisepass oder Personalausweis wartete, voller Vorfreude vor dem Trauzimmer stand oder einen Gewerbeschein beantragen wollte, noch einmal ganz in Ruhe umschauen. (Christopher Göbel) +++