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AKTUELL: Ein Gruppenfoto der (meisten) osthessischen Apotheken am Platz vor der Staatskanzlei in Wiesbaden. Dort findet heute eine Demo statt. - Foto: Maximilian Traut

REGION Bertram Lenz kommentiert den Protesttag

Erst wenn Apotheken zu sind, wissen die Menschen, was ihnen fehlt

14.06.23 - Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie einst mein Opa davon sprach, dass es in seiner Jugend fünf Honoratioren gegeben habe, die im Dorf/Stadt wegen ihres sozialen Status hoch angesehen waren: Bürgermeister, Lehrer, Arzt, Pfarrer - und Apotheker. Die Zeiten haben sich geändert, heute gibt es dieses Denken nicht mehr. Gleichwohl gelten diese Personengruppen unbewusst noch immer als privilegiert und haben mit Vorurteilen zu kämpfen. Beispielsweise, dass Lehrer eigentlich immer nur Ferien hätten.

Und so dürfte mancher auch mit Unverständnis darauf reagiert haben, dass Apotheker am Mittwoch zum bundesweiten Protest aufgerufen hatten.

"Denen geht es doch gut. Die verdienen genug, müssen sich keine Gedanken machen und jammern auf hohem Niveau": Diese Sätze werden des Öfteren zu hören gewesen sein, wenn Kunden heute vor verschlossener Apotheke standen - obgleich im Vorfeld organisatorisch alles dafür getan worden war, mit Notdiensten die Grundversorgung zu gewährleisten. Auch in unserer osthessischen Region war - so über OSTHESSEN|NEWS - ausreichend darüber informiert worden.

Etwa 500 Demo-Teilnehmer in Marburg. Foto: Dr. Christian Gerninghaus

Die überwiegende Mehrheit der Bürger dürfte die Argumente der streikenden Apotheker nachvollziehen können, wenn sich denn ernsthaft damit auseinandergesetzt würde. Meiner Ansicht nach wurde uns die Bedeutung einer Apotheke erst in der Corona-Pandemie wieder so richtig bewusst, als dort nämlich Tests und auch Schutzimpfungen durchgeführt wurden. Und die Angestellten dort einmal mehr in eine weitergehende Rolle schlüpften: in die des medizinischen Beraters nämlich.

Doch ähnlich wie etwa bei den Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen gilt auch hier: Zunächst heftig beklatscht und dann schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen.     

Probleme haben sich angesammelt 

O|N-Redakteur Bertram Lenz kommentiert den bundesweiten Apotheken-Streiktag. ...Foto: O|N - Archiv / Laura Struppe

Die Herausforderungen, vor denen die Apotheker stehen, haben sich seit Jahren angesammelt - bis nun das Maß voll ist. Deutlich wird dies unter anderem an den aktuellen Lieferproblemen bei vielen Arzneimitteln, bei der überbordenden Bürokratie oder beim Fachkräftemangel, der auch in diesem Beruf immer deutlicher zutage tritt. Hinzu kommen Nachwuchssorgen, und all' dies trägt dazu bei, dass zum einen die Belastung der verbliebenen Apotheken auch durch Notdienstregelungen immer weiter steigt und zum anderen immer mehr Apotheken schließen. Was gerade in unserem ländlich strukturierten Raum ganz schnell zu einem echten Problem werden wird, zumal es letztendlich um die Gesundheitsversorgung der Bürger geht.   

So wie die Hohhaus-Apotheke in Lauterbach haben bundesweit Apotheken darauf aufmerksam ...Foto: Lenz

Natürlich ist das Argument des "Jammerns auf finanziell hohem Niveau" nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Dennoch sollte man sich unter anderem vor Augen führen, dass seit 2004 die Vergütung nicht angepasst wurde. Und zudem der sogenannte Zwangsrabatt, welchen die Apotheken den Krankenkassen gewähren müssen, um 13 Prozent gestiegen ist.  In einem Zehn-Punkte-Forderungskatalog plädieren die Apothekerverbände daher unter anderem für eine Anhebung der Honorare für verschreibungspflichtige Arzneimittel von 8,35  auf 12 Euro pro Packung.

Gleichwohl bleibt sehr fraglich, ob die Berliner Politik - die in erster Linie Adressat des Mittwochsstreiks ist - sich von den Demos beeindrucken lässt und irgendwelche Zugeständnisse machen wird. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Wünschen der Apothekerverbände nach höheren Honoraren jedenfalls bereits eine Absage erteilt: "In der Pandemie haben Apotheken viel geleistet, aber auch sehr gut verdient", sagte Lauterbach am Sonntag.

Und so sieht es ganz danach aus, als würden dem heutigen Protesttag noch weitere folgen.  (Bertram Lenz) +++

 

 

 

 


 

 

 




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