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Jürgen Krawczyk, Architekt seines eigenen Hauses - Fotos: Marius Auth

FULDA Osthessens Trainer im Fokus (1)

Jürgen Krawczyk: Von der Kunst, mit jungen Menschen zu arbeiten

04.07.23 - Es ist kein Geheimnis. Auch kein Wunder. Auch kein Märchen. Vielleicht ist es ein Phänomen, dass der 70-jährige Jürgen Krawczyk noch immer Fußball-Trainer ist. Soeben hat er mit dem RSV Petersberg den Wiederaufstieg in die Gruppenliga geschafft. OSTHESSEN|NEWS hat Krawczyk in Horas besucht - und versucht, ein Porträt zu zeichnen über den Fußballer, den Kunstliebhaber - und natürlich auch über den Menschen. Heraus kam eine zweiteilige und interessante Homestory. Im ersten Teil beleuchten wir Krawczyk als Trainer - im zweiten als Spieler und noch mehr.

Seine Ehefrau Viktoria - beide sind seit 1982 verheiratet - kramt ein Verzeichnis mit den Fußballdaten ihres Mannes hervor. Ein Ausriss aus einem althergebrachten Telefonbuch ist nichts dagegen. Mehr als 60 Jahre Fußballer-Leben sind darin aufgeführt. Sie dokumentieren die Leidenschaft des 70-Jährigen und sind Zeuge seiner offensichtlich nie endenden Energie. Picken wir uns etwas heraus: Innerhalb von fünf Jahren ist der ehemalige Zweitliga-Spieler mit Borussia Fulda, dem Hünfelder SV und dem RSV Petersberg in die Ober- oder Hessenliga aufgestiegen - mit den Borussen glückte ihm das auf Anhieb 1989, mit dem RSV (1994) und mit dem HSV (2003) jeweils im zweiten Jahr. Ohne Frage geht Krawczyk als einer der populärsten Fußballer Osthessens durch. 

Die Frage, die sich landauf, landab alle stellen, lautet doch: Warum tut sich ein 70-Jähriger das noch an? In einem Alter, in dem andere endlich etwas von ihrer Rente haben wollen oder dem nachkommen, was sie schon immer tun wollten. "Ich tue mir gar nichts an", sagt Jürgen Krawczyk, "ich habe Spaß daran, mit jungen Leuten zu trainieren. Und zu sehen, wie sie sich entwickeln." Und nebenbei sieht er es auch pragmatisch. "Vormittags trainiere ich zweieinhalb Stunden für mich im Fitnessraum oder auf dem Fahrrad."

Die Lust am und die Leidenschaft für den Fußball bewahrt

Viktoria pflichtet ihm bei, und sie muss es ja wissen. "Heutzutage hört man oft, dass Trainer Schwierigkeiten haben mit jungen Spielern. Bei Jürgen ist das nicht so." Keine Frage: Krawczyk hat sich die Lust und Leidenschaft am Fußball bewahrt. Man braucht ihn nicht lange zu erleben: Man spürt es. Seine Aussagen klingen überzeugend. Selbstbewusst. Sie kommen von einem, der mitten im Fußballer-Leben stand. Und nach wie vor steht.

Es kommt nicht von ungefähr, dass er am Morgen unseres Gespräches mit zwei Schicht-Dienstlern des RSV im Niesiger Wald war. Einzeltraining um neun Uhr. "Das ist auch der Punkt, warum wir es gepackt haben in der Kreisoberliga Mitte." Krawczyk meint den Gewinn der Meisterschaft und die Rückkehr in die Gruppenliga. Er will sagen: Seine Mannschaft hat mehr gemacht als die anderen. Sein Umgang mit den Spielern sei "gerecht, was die Leistung betrifft". Der 70-Jährige vertritt die Meinung: "Mit weniger Training wirst du auch nicht besser." Oder soll man sagen: Überzeugung eins.

Überzeugungen machen Krawczyk stark

Seine unendlichen Erfahrungswerte haben ihm mit auf den Weg gegeben: "Die Ansprache muss natürlich stimmen. Das ist heute sicher etwas anders als früher." RSV-Kapitän Adrian von Pazatka-Lipinski und Marc Aschenbrücker seien seine wichtigsten Ansprechpartner. Manchmal komme im Austausch mit den Spielern auch Privates zum Gespräch; "der eine studiert in Würzburg, der andere in Kassel, und der Dritte woanders. Das ist heute so." Auch das ist anders als früher." Krawczyk weiß damit umzugehen. Überzeugung Nummer zwei lautet: "Wenn du Leistung forderst, musst du auf die Spieler zugehen."

Zum dritten Mal ist er nun am Petersberger Waidesgrund tätig. Erstmals war das von 1992 bis 1996 der Fall. In seinem zweiten Jahr schaffte der Verein mit ihm als Trainer als Landesliga-Meister den Aufstieg in die Oberliga. Starke Typen prägten den Verein. Wie Heinz Ritter. Oder die Gaul-Brüder. Alle seien hoch motiviert gewesen, strickt der 70-Jährige ein Geflecht von Geben und Nehmen.

Dass man eine alte Liebe nicht vergisst, bewahrheitete sich in der Saison 2017/18 - als der Klassenerhalt der Gruppenliga geschafft war, führte Krawczyk den RSV bis in die Spitzenränge. Im Oktober 2021 löste er den glücklosen Rodi Gajic ab - in schwierigen Corona-Zeiten legte das Team eine tolle Serie hin, musste aber runter in die Kreisoberliga. Und ist nun zurück in der Gruppenliga. 

Zielbewusst. Zielgerichtet

Mitten in der Saison-Vorbereitung befinden sich die RSV-Kicker und Krawczyk derzeit. Obwohl er stets vorausschaut und sich neue Ziele setzt, bemerkt er: "Das ist 'ne neue Liga. Das muss man halt wissen." Im gleichen Atemzug aber vergisst er nicht, die Stärken seines Teams zu benennen. "Wir treten mannschaftlich geschlossen auf. Mit einem gleichmäßig besetzten Kader. Wir sind sehr zielbewusst. Sehr zielgerichtet - und wollten den Fauxpas des Abstiegs gleich wieder wettmachen. Das hat man immer gespürt."

Stolz spürt man in seiner Stimme, wenn er fast beiläufig erwähnt. "Viele der jetzigen osthessischen Trainer haben ja bei mir gespielt. Krawczyk fügt hinzu, dass sie ihm später gesagt hätten, in der Arbeit mit ihm "ihre beste Zeit" erlebt zu haben. Jürgen Krawczyk als Trainer - fast ein endloses Kapitel im osthessischen Fußball. (wk)

Fußball-Daten zu Jürgen Krawczyk

1962 bis 1970      Schüler- und Jugendspieler bei Borussia Fulda
                              Kreis-, Bezirks- und Hessenauswahlspieler
1971 bis 1972      Oberliga-Spieler bei Borussia Fulda
1972 bis 1977      Lizenzspieler der 2. Bundesliga bei Göttingen 05
1976                     Studenten-Nationalspieler - und Teilnahme an der Studenten-Weltmeisterschaft in Uruguay
1977 bis 1978      Lizenzspieler in der 2. Bundesliga beim FC Homburg
1978 bis 1979      Lizenzspieler in der 2. Bundesliga beim KSV Baunatal
1979 bis 1982      Oberligaspieler beim KSV Baunatal
1982 bis 1883      Oberligaspieler bei der SG Bad Soden
1983 bis 1984      Oberligaspieler beim VfB Schrecksbach
1984 bis 1986      Spielertrainer beim Landesligisten FSV Schwarzbach
1986                     Erwerb der Trainer-A-Lizenz
1987 bis 1989      Trainer beim Oberligisten KSV Baunatal
1989 bis 1992      Trainer bei Borussia Fulda - Landesliga und auf Anhieb Aufstieg in die Oberliga
1992 bis 1996      Erstmals Trainer beim RSV Petersberg - Landesliga und im zweiten Jahr Aufstieg in die Oberliga
1997 bis 1998      Trainer beim Oberligisten SG Bad Soden
1998 bis 2001      Trainer verschiedener Jugendmannschaften beim FV Horas (A-, B- und C-Junioren)
2001 bis 2004      Trainer beim Hünfelder SV - Landesliga und im zweiten Jahr Aufstieg in die Oberliga
2012                     Trainer beim Gruppenligisten Borussia Fulda

Teil zwei beinhaltet Etappen und Anekdoten aus Krawczyks Zeit als Spieler. Und knappe Anmerkungen zu seiner Affinität als Kunstliebhaber. +++


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