Ein Sommermärchen mitten in Fulda - ein warmer Regen für alle

15.08.23 - Die European Open sind seit Sonntagabend Geschichte. Sie endeten mit dem Sieg des Spaniers David Alcaide. So weit das nüchterne Resultat. Doch die Veranstaltung hatte weit mehr zu bieten. Sie tat Fulda und Osthessen so gut, als wären Stadt und Region aus einem Sommermärchen erwacht. Denn das war es. Ein warmer Regen für alle. Eine Win-win-win-Situation. Eine Wohlfühloase im zweiten Jahr. 

Im vergangenen Jahr, als die Premiere der European Open im 9-Ball des Billards in der Esperantohalle anstand, schien vieles neu. Bestens vermarkteter Profisport schwappte über das eher beschauliche Osthessen und die Barockstadt hinein. Die Stadt Fulda schien die Chance zunächst nicht zu begreifen, welch einmalige Öffentlichkeitswirkung und Marketing-Gelegenheit sich ergab. Doch sie realisierte. Und tat im zweiten Jahr alles für die Unterstützung Erdenkliche. Auch in die Köpfe von Osthessens Sportpublikum musste die Billard-Idee hinein. Hier, wo Fußball, Handball, Triathlon, Radsport und manch anderes zählen. Doch auch das gelang zunehmend, in die Köpfe hineinzukommen.

Ein Johannesberger in der Esperantohalle: Jörg Söder

Und was geschah jetzt während der sechstägigen Veranstaltung? Das Publikum spürte, dass sich was tat. Tickets verkauften sich gut, die Halle war gut gefüllt, die Stimmung war - nicht nur an den beiden letzten Tagen, als sich die Fernsehanstalten die Ehre gaben - super. Man hatte den Eindruck: Die Zuschauer sind dankbar, dass sie diesen Sport, seine Idee, seine professionelle Umsetzung und Vermarktung, nicht zuletzt beste Unterhaltung - dass sie all das aus nächster Nähe erleben durften.

Das Event - sorry, aber man kommt nicht umhin, solche Veranstaltungen heutzutage so zu nennen - und die Spieler aus aller Welt lieferten beste Impulse, Attraktion und Anschubwirkung für die Stadt. Hotels waren ausgebucht, die Gastronomie machte beste Umsätze - und Emily Frazers Vision scheint Gestalt anzunehmen und Realität zu werden. Der Kopf der Profi-Agentur Matchroom hatte gesagt, ihr Ziel sei es, dass die Billardspieler in der Stadt erkannt werden. Das gelingt mehr und mehr. In Sachen Marketing machten die European Open einen Schritt nach vorn. Doch: Es kann noch besser werden. 

Redakteur Walter Kell Foto: Yannik Overberg

Kommen wir zur SG Johannesberg. Der Verein hatte die durchschlagende Idee, während der sechs Tage European Open auf dem Uniplatz präsent zu sein. Sich den Bürgern zu zeigen, Nähe zu beweisen. Den Sport und die Sportler zu spüren. Das kam bestens an. Überhaupt, SGJ: die Arbeit des Vereins als "Co-Gastgeber" erwies sich - wie im letzten Jahr auch - als perfekte Zutat. Unzählige Mitarbeiter arbeiteten, arbeiteten, arbeiteten. Wie lauter Ameisen. Sie schienen nicht müde zu werden. Oder sie luden die Spieler zu sich ins Vereinsheim an der Agricolastraße. Lange Nächte bis morgens waren keine Seltenheit.

Viele Spieler - sie spielen sonst in Doha, New York oder auf Puerto Rico - freuen sich jetzt schon auf das nächste Jahr. Und sie erkundigten sich bereits nach dem Termin der European Open 2024 in Fulda. Es kommt nicht von ungefähr, dass sie die Gastfreundlichkeit und Lage (vom Bahnhof bis zur Esperantohalle sind es nur ein paar Schritte) derart schätzen. 

LGS, Genussfestival, Musical-Sommer oder Domplatz-Konzerte - alles schmückt Fulda. Die Osthessen werden berührt. Doch die European Open gehen in die weite Welt hinaus. Sportlich und marketingtechnisch. Die LGS dauert fast ein halbes Jahr - die European Open sechs Tage. Zugegeben, alles eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Das waren beinahe ausnahmslos gute Nachrichten. Die schlechte: Es gibt keine. (Walter Kell) +++