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Naomi und Kevin am Donnerstagmorgen - Fotos: Feuerwehr Alsfeld

ALSFELD Teil (3): "Der Morgen danach"

Unwetter über Alsfeld, ein anderer Blickwinkel

21.08.23 - Der folgende Bericht von Carsten Schmidt aus Alsfeld, Wehrführer und stv. Stadtbrandinspektor, beruht auf Erinnerungen der Beteiligten. Es ist die subjektive Sicht derer, die zum Bericht beigetragen haben und erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit. Im Wortlaut:

"Gegen 11:30 Uhr bin ich wieder in der Feuerwache. Vorher noch ein paar private Dinge. Eigentlich hatten wir uns um 13:00 Uhr verabredet. Gerade kommt die Gruppe Tag zurück vom Keller auspumpen. Es waren nochmal zwei weitere. Einige von ihnen waren auch die Nacht unterwegs. Nun ist aber die Luft raus. Christoph Bünger, auch beim Rettungsdienst, verbrachte die Nacht relativ ruhig auf der Rettungswache im Feldatal.

Vollgelaufene Keller nach einem Unwetter in Alsfeld

Wir starten mit dem Reinigen der Ausrüstung. Auch Daniel ist inzwischen da. Jonas Werner und Ralf Braun sind ebenfalls inzwischen eingetroffen. Sie arbeiten beide für die Stadt. Ralf als Elektriker, Jonas im Feuerwehrhaus als Gerätewart. Er ist gelernter Industriemechaniker. Kennt sich aus mit Technik. Sascha Wagner ist in der Atemschutzwerkstatt, auch hier muss es weitergehen. Er hat seinen letzten Tag vor dem Urlaub. Wir beginnen, Pumpen zu reinigen. Hier und da ist was kaputtgegangen. Ralf nimmt sich einem Wassersauger an. Hier ist das Kabel defekt. Der Sauger saugt rund 400 Liter pro Minute, wenn es gut läuft. Ein halbes Dutzend ist im Stadtgebiet verteilt.

Seit dem "Berfhochwasser" vor über zehn Jahren wurde viel aufgerüstet. Oft auch mit Unterstützung der Dorfgemeinschaft oder des Feuerwehrvereins. Jonas baut Pumpen auseinander, reinigt diese, baut sie wieder zusammen. Daniel und ich reinigen Ausrüstungsteile vom groben Schmutz in der Waschhalle. Genau das richtige nach den administrativen Dingen der Nacht. Wir reden über das ein oder andere Gespräch der Nacht, die ein oder andere WhatsApp. Hier und da gab es Unmut. Zu lange rumgestanden. Nicht eingesetzt. Eigentlich immer das Gleiche. Wir erklären es immer wieder, große Lagen, erfordern Reserven. Manche Feuerwehrleute denken eben, wenn sie nichts praktisch arbeiten, hätten sie auch zu Hause bleiben können. Unserer Ansicht nach lief es gut. "Keine Verletzten", keine Unfälle. Wie schnell es gefährlich werden kann, habe ich bei einem Hochwasser vor fünf Jahren an der Atemschutzübungsanlage gesehen. Bei der Erkundung fiel Kevin direkt vor mir in ein Loch. Ich konnte ihn greifen. Für mich bis heute ein Moment des Schreckens. 

Die Atemschutzübungsanlage

Donnerstagmittag: Ausrücken!

Der Rettungsdienst

Gegen halb drei mittags klingelt das Telefon. Eine Bürgerin meldet Wasser im Keller. Wir bauen das Löschgruppenfahrzeug wieder um auf Unwetter. Anderer Wassersauger rein, da war das Kabel kaputt, die Tragkraftspritze, eine tragbare Pumpe vorwiegend zur Brandbekämpfung, wird gegen eine Schlammpumpe getauscht. Nach rund zehn Minuten fahren wir Richtung Einsatzstelle. Daniel sitzt rechts im Auto, Fahrzeugführer. Ich fahre mal. Jonas und Ralf im Mannschaftsraum Wir hatten gesagt, dass wir in 30 Minuten da sind. Wie wir das Fulder Tor hochfahren, sehe ich im Augenwinkel an der Bleiche ein Kind an der Borsteinkante sitzen, Autos daneben, Leute um das Kind. Ich erzähle Daniel von meiner Sichtung, wir wollen mal vorbeifahren. Bei der Fahrt durch den Hofwiesenweg übersehe ich ein Schlagloch. Der Lkw hüpft wie ein Hase. "Kieskutscher, der muss öfter fahren, der braucht mehr Fahrpraxis". Das Gelächter ist groß, gehört irgendwie dazu. Wir erreichen den Jungen. Neben dem Angenröder Wehrführer Klaus Peter Schlosser leisten schon andere Personen "Erste Hilfe". Der Junge ist gestützt, wohl an der Borsteinkante. Daniel sondiert die Lage. In Frankfurt fährt er als Berufsfeuerwehrmann auch Rettungsdienst. Auch fährt er hin und wieder den Notarzt, "Druidentaxi", wie er es scherzhaft nennt. Er hat die Qualifikation als Notfallsanitäter. Er ist einer von denen, die man sich wünscht, wenn man einen Unfall hatte.

Die Feuerwehr Mücke im Einsatz

Kaffee in der Nacht

Waschhalle

Der Junge hat hier und da ein paar Schnittwunden. Daniel und Jonas verbinden ihn. Daniel wünscht sich einen Rettungswagen, "normale Fahrt" reicht, also ohne Sonderechte. Ich bestelle diesen per Funk.  Alsfeld ist unterwegs, die Rettungswache Grebenau macht sich auf den Weg. Daniel telefoniert nochmal mit der Leitstelle. Ein Krankentransportwagen reicht, der steht gerade in der Au zur Verfügung. Kurz vor dessen eintreffen kommt die Mutter. Nimmt den Jungen mit. Wir sind dann auf dem Weg zu unserer ursprünglichen Einsatzstelle. Daniel telefoniert nochmals mit der Leitstelle, lässt den Einsatz mit dem Kind für die Feuerwehr anlegen. Dokumentation ist alles, Routine. Wir fahren zur ursprünglichen Einsatzstelle im Bereich der Baustelle Marburger Straße. Einem Anwohner erkläre ich, dass die Zufahrt zum Baufeld kein Parkplatz ist. Nachts wäre das für uns ein Problem.  Daniel macht sich vor Ort ein Bild vom Keller. Die Eigentümer haben schon mit Gießkannen angefangen. Wir verlegen Schläuche. Die Pumpe läuft so zehn bis 15 Minuten. Wir pumpen etwa 1.000 Gießkannen aus dem Keller. Dann kommt der Wassersauger zum Einsatz. Nach etwa einer Stunde sind wir fertig, schauen in dankbare Gesichter. Es gibt viele Gründe sich Ehrenamtlich zu engagieren, jeder hat seine eigene Geschichte dazu. Für mich sind es diese Momente, wenn du als Feuerwehr um die Ecke kommst und Hoffnung in den Augen der Betroffenen siehst. Bei Unfällen, Bränden. Es ist das Team, was es nicht für sich macht, sondern für Euch.

Wir fahren zurück, es ist Einsatz Nummer 52 des Unwetters. Inzwischen sind Kevin und Mathis ins Feuerwehrhaus gekommen. Auch Tobias ist wieder da. Maria, Mathis seine Frau, hat einen Kuchen gebacken. Gegen 18:00 Uhr sind wir fertig mit der Putzstunde. In unserer Floriansstube beschließen wir den Tag bei Kaffee und Kuchen. Es vergehen nur 18 weitere Stunden, da sind wir wieder im Einsatz für "Euch". Ein ausgelöster Heimrauchmelder ruft uns auf den Plan."(Carsten Schmidt) +++


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