Nach 100 Jahren greift neuer Verein das Bierbrauen wieder auf

14.09.23 - Eine "Schottener Durststrecke" könnte man die vergangenen hundert Jahre im wahrsten Sinne des Wortes nennen – doch diese geht nun zu Ende. 1924 machte die letzte Schottener Brauerei, "Gebrüder Carl Schmidt", die Türen dicht, und genau ein Jahrhundert später gründete sich ein Verein, um endlich wieder "eigenes" Bier in Schotten anzubieten.

Stefan Schäfer, Hobby-Brauer und 1. Vorsitzender

Die ersten öffentlichen Auftritte von "Braumit e.V." mit den Verköstigungen des ersten, mit eigener Rezeptur noch in Lizenz außerhalb gebrauten Fassbiers waren bereits großartige Erfolge. Nun entsteht in Schotten eine vereinseigene, kleine Brauerei. Der 1. Vorsitzende und Hobby-Brauer Stefan Schäfer hat OSTHESSEN|NEWS den bisherigen Werdegang geschildert.

Stefan Schäfer ist von Haus aus Elektriker und Diplom-Ingenieur für Umwelt- und Hygienetechnik, arbeitet aber seit 25 Jahren als selbständiger ITler. Doch der 58-jährige zugezogene Schottener hat eine besondere Leidenschaft: Er tüftelt nicht nur an technischen Dingen herum, sondern auch an allem, was sich genussvoll trinken lässt. Über einen Bekannten kam er auf die Idee des Experimentierens im Bereich des Bierbrauens. "So entstand das Brauen vor zwei Jahren als mein neues Hobby". Ein breites Lächeln legt sich auf sein Gesicht: "Und inzwischen habe ich bereits zehn völlig verschiedene Biersorten in meinem Rezeptbuch stehen, die zum Teil an bekannte Biersorten angelehnt sind oder durch sie inspiriert wurden, zum Teil aber auch komplette Eigenkreationen, die ich mir selbst ausgedacht habe!"

Hobby – Workshops - Verein

Im Schottener Mehrgenerationenhaus veranstaltete Schäfer zwei Workshops mit jeweils zehn Leuten. Das kam gut an und es entstand die Idee "Daraus könnte doch mehr werden!" Der Funke sprang auf andere über und es entstand der Plan, einen Verein zu gründen. Von großer Bedeutung war dabei allerdings, dass in rechtlicher Hinsicht dann gleich ganz andere Dinge zu beachten sind, wenn das Gebräu nicht nur dem reinen Eigenbedarf dient: Schäfer nennt die Stichworte Hygienevorschriften und Biersteuer. "Die Interessierten ließen sich von dem bevorstehenden bürokratischen Aufwand nicht abschrecken, im Gegenteil: Der Gedanke einer Vereinsgründung verfestigte sich. Und was soll ich sagen: am 5. Mai 23 fanden sich zum Gründungsabend 18 Mitglieder ein, inzwischen sind es bereits 36. Der neu gegründete Verein heißt "Braumit e.V. Schotten", ich wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt."

Das erste Vereinsbier nach eigener Rezeptur

Schäfer zu dem spannenden Prozedere: "Bei Hunfelt handelt es sich um eine reine Biobrauerei, alle verwendeten Hopfen- und Malzsorten müssen entsprechend zertifiziert sein. Wegen der zeitlichen Nähe musste ich eine nicht als Bioware erhältliche Hopfensorte meiner Rezeptur "blind" ersetzen – gesagt, gebraut." Als die Fässer der ersten Tranche in Schotten eintrafen, war sich der Vorstand einig: Man wollte noch vor dem Grand Prix als Premiere eine öffentliche Verköstigung anbieten, um zu sehen und zu schmecken, wie das eigene, noch völlig unbekannte Bier denn ankommt.

Der große Moment kam zum Fassbieranstich beim Feierabendmarkt am 11. August um 16.21 Uhr, wie die Vereinschronisten festhielten. Schäfers Augen funkeln: "Dreihundert bis vierhundert Leute sprengten alle Erwartungen und es wurden 300 Liter verzapft. Das war irre und wir haben ausschließlich positive Kritiken bekommen, obwohl das Bier ganz anders ist, als ein Pilstrinker es kennt." Schäfer erinnert sich sowohl an die erste als auch die zweite eigene Verköstigung: "Das "Vollbier" mit einem Alkoholgehalt von 5,3 Prozent hat schon eine wunderbare Farbe, und beim ersten Geschmackstest hatte ich ein nicht mehr zu steigerndes Lachen von einem Ohr zum anderen, weil es punktgenau so war, wie ich es geplant hatte!". Eine Woche später war dann auch der Bierverkauf beim Grand Prix trotz der enormen Hitze erfolgreich und man ist inzwischen spätestens seit diesem Anlass mit großem "Hallo" im Bewusstsein der Schottener Bevölkerung angekommen.

Eine eigene kleine Brauerei entsteht

Die Gemeinnützigkeit des Vereins sei zwar trotz der von Juristen bestätigten Eignung der Satzung abgelehnt worden, das sei aber letztlich unerheblich. Als "Brau & Kulturverein" freue sich "Braumit e.V." auf die Zusammenarbeit mit anderen kulturinteressierten Vereinen, wie es die Satzung vorsehe. Ein ebenso glücklicher wie tatenhungriger Vorsitzender Stefan Schäfer weist abschließend auf einen Aspekt hin, der den jungen Verein zusätzlich inspiriere: "Vor 100 Jahren machte die letzte Schottener Brauerei, "Gebrüder Carl Schmidt", die Türen dicht – und genau ein Jahrhundert später sind wir nun am Start. Das gibt uns ein besonderes, positives Gefühl!" (goa) +++