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Thomas Bös und Joachim Dähn treten umgehend von ihren Ämtern zurück
23.09.23 - Aufgrund der Bad Hersfelder Hochbrücken-Thematik und der Abstimmung in der letzten Stadtverordnetenversammlung haben Thomas Bös, stellvertretender Vorsitzender des Lärmschutzbeirats, und Dr. Joachim Dähn von der Bürgerinitiative "A4-Lärmschutz" und ebenfalls stellvertretender Vorsitzender, ihre Ämter in diesem Gremium niedergelegt. Dazu haben die Aktivisten, die sich für eine Alternativlösung statt des Hochbrücken-Neubaus stark gemacht haben, eine Pressemitteilung verfasst.
"'Es ist ein Scheitern mit Ansage', so formulierte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Karsten Vollmar, das Ja der Stadtverordnetenversammlung in der vergangenen Woche zum Ersatz-Neubau Hochbrücke-Peterstor. 'Mit Ansage' heißt, dass 'einem gezeigt worden ist, wo es lang geht'", heißt es darin. "Mit der 'Ansage' von Regierungspräsidium und 'Deges' (Vorhabenträger Bauprojekt) wurde die Zustimmung des Plenums zu einer 'Jahrhundert-Enscheidung' herbeigeführt, welche die Stadt- und Verkehrsentwicklung für kommende Jahrzehnte maßgeblich blockieren wird. Nach den Aussagen der Bürgermeisterin und einiger Stadtverordneter sei das Ersatzbauwerk 'alternativlos'."
"Das wurde von der Stadt hingenommen"
"Das mag aus Sicht der Stadt so sein, hat man sich in den zurückliegenden zehn Jahren der Vorplanungen seitens der Stadt eben nicht um eine eigene, fundierte Alternativlösung bemüht – wie zum Beispiel einer Unterführung der Bahnstrecke. Dies wäre mithilfe externer Fachberater möglich gewesen. Zusammen mit einem umfassenden Verkehrskonzept (Verlegung B324, Neubau Klinikum, ICE-Bahnhof, Masterplan etc.) hätte die Stadt eine Unterführung als Gegenentwurf rechtzeitig in die Verhandlungen mit einbringen können. Die 'Deges' hatte eine städtebaulich vorteilhaftere Unterführung schon in den Vorplanungen nur aus 'wirtschaftlichen Gründen' ausgeschieden und deshalb nicht weiter untersucht. Das wurde von der Stadt so hingenommen", so das Aktivbündnis.Deshalb hatten dessen Mitglieder, Lärmschutzbeirat und Klima-Initiative Bad Hersfeld die technische Machbarkeit durch das renommierte Bauunternehmen "Strabag" prüfen lassen, einschließlich der Verlegung der Geis. Das Ergebnis war: "Eine Unterführung wäre technisch machbar, trotz Heilquellengebiet und Hochwassergefahr, wenn auch etwas teurer als der Brückenersatzbau - rund 75 Millionen Euro statt der von der 'Deges' 2019 geschätzten 45 Millionen Euro - aber mit deutlichen städtebaulichen Vorteilen", heißt es in der Pressemitteilung.
Dies sei städtischen Vertretern am Runden Tisch am 22. August dieses Jahres vorgestellt worden. Nicht zuletzt in einer Video-Animation eines Hersfelder Architekten, wurden bildlich die Vorteile einer Unterführung, eingebettet in einen Vorschlag zur Verkehrsführung in und um Bad Hersfeld, noch einmal dargestellt. "Trotzdem beharrte man seitens der Stadt auf der Behauptung der Alternativlosigkeit des Brückenbauwerks. Man befürchtet die drohende Sperrung der Brücke (und in Folge der Bahnstrecke) wegen einer angeblichen Überlastung, entgegen einer Aussage von 'Hessen Mobil', und einem dadurch verursachten Verkehrschaos in Bad Hersfeld", so das Aktivbündnis.
Baustellen in und um die Stadt
Bereits jetzt sei die Innenstadt stark belastet, wenn sich der Autobahnverkehr durch Umfahrung von Baustellen oder Unfällen durch die Stadt wälze. Darüber hinaus stehe der Ausbau der A4 Bad Hersfeld-West/Johannesberg-Kirchheim unmittelbar mit einer geschätzten Bauzeit von fünf Jahren bevor. Dies führe laut dem Bündnis wegen der Bauarbeiten am Kirchheimer Dreieck und neuen Brücken-Baustellen auf der A7 bei Niederaula zu täglichen, kilometerlangen Staus und Umfahrungen über die B27 und die B62, die beide durch Bad Hersfeld führen. "Verschärfend kommt der Baustellenverkehr ab 2025 wegen des Erweiterungsbaues des Klinikums hinzu. Ab 2025 sollen die Abrissarbeiten der Hochbrücke mit halbseitiger Befahrbarkeit in beide Richtungen beginnen."Zwar hat die 'Autobahn GmbH' zugestimmt, dass Bedarfsumleitungen aus dem Verkehren der BAB A 4 und A 7 in der Bauphase von rund sechseinhalb Jahren nicht auf die (innerstädtische) Bundesstraße B 324 umgelegt werden (sollen). Schwerverkehr hingegen sollte nach wie vor die Berechtigung haben, Bad Hersfeld auf der B 324 zu durchfahren", heißt es von Seiten der Aktiven. "Dass gerade der Schwerverkehr die Stadt während der Bauzeit durchfahren darf, führt zu einer extrem gesteigerten Belastung der Hersfelder. Lkw belasten die Umwelt, die Innenstadt und die angeblich 'baufällige' Hochbrücke in besonderem Maße", heißt es in der Pressemitteilung. Von einem Verkehrsleitsystem, wie es zum Hessentag wirkungsvoll eingerichtet war, sei trotz des abzusehenden Verkehrschaos über Jahre bisher nicht die Rede.
"'Der Bau einer Unterführung statt Brücke gefährde den ICE-Halt in Bad Hersfeld' ist ein weiterer Einwand, der an der Realität völlig vorbeigeht, betrachtet man vergleichbare Bauprojekte. Die DB selber plant für die Strecke Bebra – Fulda eine sechsmonatige Vollsperrung wegen der Generalsanierung des Streckenabschnittes für 2028. Bei einer angestimmten Gesamtplanung Straßen/Schiene wäre in der Zeit zumindest der Bauabschnitt für die Unterführung unter den Gleisen umsetzbar, ohne Störung des Bahnverkehrs und ohne den Verlust des ICE-Haltes zu provozieren. Die Stadt hat sich den ultimativen Forderungen des Regierungspräsidiums und der 'Deges' gebeugt und ihre Stellungnahme zu Fehlern und Mängeln der Bauplanung vollständig zurückgenommen", bemängeln Bös und Dähn für das Aktivbündnis.
"Viele finanzielle Fragen offen"
Andernfalls sei mit dem Entzug finanzieller Mittel zum barrierefreien Ausbau von Fuß- und Radwegen im Zuge des Hochbrückenbaues gedroht worden. "Das ist allerdings durch das Bundesfernstraßengesetz ausgeschlossen, wie die Rechtsexpertise des Lärmschutzbeirats es aufgezeigt hat. Man zwingt die Stadt zur Unterschrift unter eine Verwaltungsvereinbarung, die eine Reihe finanzieller Fragen für die Stadt offenlässt. Mit dem Ersatzbau der Brücke wird auch die Alternativlösung beerdigt, die eine Tieferlegung der Schienen zum besseren Lärmschutz vor wachsenden Schienenlärm im Bereich des Stadtgebietes von Bad Hersfeld vorschlägt. Damit wäre auch die Notwendigkeit der Brücke über die Gleise entfallen. Eine Tieferlegung der Bahn wäre jetzt in den Vorplanungen zur Planfeststellung als echter Variantenvergleich fachlich zu prüfen. Warum also gibt Bad Hersfeld gute Argumente für eine bessere städtebauliche Lösung kampflos aus der Hand?", fragen Bös und Dähn.Trotz des Rücktritts wollen Thomas Bös und die Bad Hersfelder Grünen am kommenden Mittwoch um 19 Uhr dem hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir im Buchcafé ihre Pläne präsentieren. " Wir werden ihn noch einmal offiziell mit den Informationen über die Hochbrücke versorgen und ihn auf das Problem aufmerksam machen", so Bös gegenüber O|N. (cdg/pm) +++