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Geldautomaten-Sprenger: "Professionelle" Kriminelle mit Bomben im Gepäck
08.11.23 - Sie schrecken vor nichts zurück, sind bestens organisiert und verfolgen einen minutiösen Plan: Die Rede ist von Geldautomaten-Sprengern, welche auch in Osthessen das schnelle Geld machen wollen. Vor wenigen Tagen erst erwischte es eine Bank in Poppenhausen in der beschaulichen Rhön. In Bebra war die Sparkasse Anfang Februar 2022 betroffen.
In den Medien ist derzeit fast täglich von Geldautomatensprengungen zu lesen. Die Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg hat ein neues Sicherheitskonzept erarbeitet und am Mittwoch während eines Pressegesprächs in Bebra vorgestellt.
Natürlich werden auch die möglichen Tatorte im Vorfeld genau ins Visier genommen. "Es wird nichts dem Zufall überlassen. Zu 80 bis 85 Prozent kommen die ermittelten Tatverdächtigen aus den Niederlanden und Marokko", sagt Julian Scheider während des gemeinsamen Pressegesprächs. Aber auch aus Deutschland oder aus Osteuropa. Deutschlandweit gab es in diesem Jahr bereits 496 Tatorte.
Der Bankenschutzbeauftragte des Hessischen Landeskriminalamtes (LKA) beschreibt, dass die Täter aus der organisierten Kriminalität höchst professionell vorgehen. Die Fahrer des Fluchtautos beispielsweise seien ausgebildete Rennfahrer.
Scheider berichtete von der aktuellen Sprengung eines Geldautomaten am Dienstag in Südhessen. Dort konnte drei Tatverdächtige festgenommen werden. Im Auto habe sich ein funktionsfähiger Sprengsatz befunden. Dies zeige, wie gefährlich die Täter und ihr Werkzeug seien - auch für die Einsatzkräfte am Tatort.
In Hessen wurden in diesem Jahr bereits 49 Geldautomaten gesprengt, im Jahr 2022 waren es insgesamt 41 Geldautomaten. Osthessen blieb davon eher verschont. Hier wurden seit dem Jahr 2016 26 Sprengungen gezählt, im Landkreis Hersfeld-Rotenburg vier Sprengungen.
Enge Zusammenarbeit zwischen Polizei, LKA und den Banken in Hessen
Der LKA-Experte schätzt, dass die Täter jährlich rund 30 Millionen Euro erbeuten. Die Banken haben natürlich ein Interesse, solche Straftaten möglichst zu verhindern. Deshalb hat die Sparkassen Bad Hersfeld-Rotenburg einen sechsstelligen Betrag in ein dreistufiges Sicherheitskonzept gesteckt. Gemeinsam mit der Polizei und dem LKA stellte sie ihren Plan vor. Die Behörden und die Bank arbeiten eng zusammen. Dies funktioniere in Hessen sehr gut, sagte Scheider.
Bei der Bekämpfung schwerkrimineller Geldautomatensprenger setzt die hessische Polizei auf eine intensive Zusammenarbeit mit den Privat- und Genossenschaftsbanken sowie mit den Sparkassen. Im Rahmen der bundesweit einmaligen Präventionsoffensive "ALLIANZ GELDAUTOMATEN" ergreifen immer mehr Banken und Sparkassen Präventionsmaßnahmen und rüsten ihre Geldautomaten nach, um sie für mögliche Sprengversuche noch sicherer zu machen. Geldautomatensprengungen sollen so für die Täter unattraktiv gemacht, und vor allem Menschen geschützt und Sachschäden minimiert werden.
Die Grundlage der Zusammenarbeit bildet dabei das vom Hessischen Landeskriminalamt entwickelte Risiko-Analyse-Tool "GLB-operativ", welches mittels Algorithmen den Raum und den Standort eines Geldautomaten hinsichtlich einer potenziellen Gefahr zur Tatbegehung bewertet. Diese Erkenntnisse werden in Form von sogenannten Risikokonferenzen zwischen den Banken und der Polizei besprochen, um in der Folge individuelle Präventionsmaßnahmen seitens der Geldinstitute sowie Einsatz- und Fahndungskonzepte der Polizei gezielt anzupassen und umzusetzen.
"Sicherheit hat bei uns höchste Priorität", betont der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg, Reinhard Faulstich. Daher wurde in den vergangenen Monaten intensiv an neuen Sicherheitsvorkehrungen an den eigenen Geldautomatenstandorten gearbeitet, die sich nun kurz vor dem Abschluss befinden. "Wir setzen auf ein dreistufiges Sicherheitskonzept, mit einem Schwerpunkt auf Prävention", sagt Jens Hansen, Abteilungsleiter Organisation bei der Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg. Die Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg betreibt 56 Geldautomaten. Sie sind bereits komplett mit dem Sicherheitskonzept ausgestattet.
1. Sicherheitsstufe
Nachtverschluss der Zugangstür zum SB-Bereich der Geschäftsstellen in der Zeit von 00:00 Uhr bis 05:00 Uhr. Das bedeutet, dass auch Kunden mit ihrer Bankkarte in dieser Zeit keinen Zutritt haben.
2. Sicherheitsstufe
Überwachung des SB-Bereiches mit einem Einbruchmeldesystem in Verbindung mit Videoüberwachung und Aufschaltung auf eine durchgehend besetzte Leitstelle.
Über ein spezielles Kamerasystem ist eine visuelle Einsichtnahme in den SB-Bereich und eine verbale Ansprache durch die Leitstelle möglich. Im Falle eines gewaltsamen Eindringens in den SB-Bereich findet die sofortige Alarmierung der Polizei statt. Parallel wird das Vernebelungssystem ausgelöst. Der Alarm ist vor Ort akustisch und optisch wahrnehmbar. Dadurch soll die geplante Sprengung verhindert werden.
3. Sicherheitsstufe
Im Falle einer erfolgten Sprengung löst das Einfärbesystem mit DNA in den Geldkassetten aus. Dadurch wird das Geld in den Kassetten unbrauchbar.
"Jede Geldautomatensprengung ist eine zu viel"
"Jede Geldautomatensprengung ist eine zu viel", betont Theo Wiegand, kommissarischer Leiter der Abteilung Einsatz des Polizeipräsidiums Osthessen, und ergänzt: "Diese Straftaten gehen oftmals mit einem unkalkulierbaren Risiko für die Menschen vor Ort einher und sorgen für immense Schäden." So wird allein der entstandene Sachschaden durch Sprengungen im Jahr 2022 in Osthessen auf rund 850.000 Euro geschätzt. Der Leitende Polizeidirektor begrüßt daher die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen der Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg, die zuletzt im Jahr 2022 selbst von einer Geldautomatensprengung in Bebra betroffen war, und macht zugleich den Mehrwert deutlich: "Das Sicherheitskonzept soll nicht nur die Tatausführung erschweren, sondern potenzielle Täter abschrecken und diese im besten Fall gänzlich von einer Tatbegehung abhalten."
Weiterführende Informationen zur "ALLIANZ GELDAUTOMATEN" finden interessierte Leserinnen und Leser auf der Homepage der Polizei Hessen unter https://k.polizei.hessen.de/121671775 . (hhb) +++