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"Nie wieder ist jetzt" - Gedenken an Deportation und Aufruf gegen Antisemitismus
09.12.23 - "Handeln statt Schweigen: Nie wieder ist jetzt!" ist das Motto des Gedenktags, anlässlich der vor 82 Jahren deportierten und ermordeten Juden. Am 8. Dezember 1941 wurden 134 Juden aus Fulda nach Riga verschleppt. Die Veranstaltung auf dem Bahnhofsvorplatz am Freitag erinnerte daran. Mehrere Redner riefen eindringlich dazu auf, zu handeln statt zu schweigen. Es wurden Kerzen für die Opfer aufgestellt, die das hebräische Wort für 'sich erinnern' bildeten.
"In den Tagen seit dem Pogrom vom 7. Oktober sehen wir eine besorgniserregende Zunahme von
antisemitischen Vorfällen und Hassreden in Deutschland und in allen Teilen der Welt. Diese negativen Entwicklungen erinnern uns an die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit und verdeutlichen die Notwendigkeit, unmissverständlich gegen jegliche Form von Judenhass vorzugehen", erklärte Anja Listmann, Beauftragte der Stadt Fulda für jüdisches Leben. "Dieser Jahrestag dient dreierlei. Zum einen als Erinnerung an das Leid, dass diese unschuldigen Personen erfahren mussten. Weiterhin als Anlass, ihre Geschichte zu erzählen und sie somit aus der anonymen Masse der sechs Millionen zu holen. Und schließlich ist es eine Zeit der Reflexion und des Engagements für eine Welt, die auf der Würde des Menschen aufgebaut ist", ergänzte sie.
Appell, sich klar gegen Antisemitismus zu positionieren
Anschließend erzählte sie die Geschichte der Fuldaerin Eva Lehmann. Diese wurde im Oktober 1944 mit nur 15 Jahren ermordet. "Eva wurde allein deshalb ermordet, weil sie Jüdin war. Aus keinem anderen Grund", ergänzte Listmann. Sie thematisierte auch die terroristischen Angriffe der Hamas: "Nach dem schrecklichen Pogrom vom 7. Oktober ist es traurige Realität, dass ein weltweiter Aufschrei ausblieb. Diese Stille ruft eine wichtige Frage hervor: warum? Warum schweigen so viele zu solchen Ausbrüchen von Hass und Gewalt gegen Juden?" Zudem appellierte sie an die Versammelten, sich klar gegen Antisemitismus zu positionieren.
Bundestagsabgeordneter Michael Brand dankte den versammelten Menschen: "Ich möchte den engagierten Bürgerinnen und Bürgern ganz herzlich danken, die heute hier an diesen besonderen Ort gekommen sind. Viele engagieren sich seit vielen Jahren und Jahrzehnten beim Thema Aufarbeitung in Gemeinden, in Fulda, in der Rhön und darüber hinaus." Er wies ebenfalls auf die schrecklichen Taten der Hamas hin. Er selbst habe den Eindruck, dass viele die grauenhaften Taten und die Anzahl der Opfer kennen, sie aber jetzt bereits wieder vergessen haben.
Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft
Auch Anke Heil, Pfarrerin der Lutherkirche Fulda, thematisierte den Frust, den viele angesichts des andauernden Antisemitismus spüren. "Ich bin davon überzeugt, dass nur, wer seine Wurzeln kennt, stabilen Frieden aufbauen kann. Und nur, wenn wir unsere Geschichte kennen und sie uns immer wieder neu vor Augen holen, können wir Schritte in Richtung Frieden finden und diese auch gehen", ergänzte sie.
Weitere Reden hielten außerdem Daniel Neumann, Direktor des Landesverbands der Juden in Hessen, Stadtpfarrer Stefan Buß, Ijaz Ahmed, Imam der Ahmadiyya Gemeinde Fulda und Elias Stanković, Fuldas Schülersprecher. Im Anschluss an jede Rede wurden Wünsche für die Zukunft auf Karten geschrieben, vor die Kerzen gelegt und eine weitere angezündet. (kg) +++