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Kreistag entscheidet erst im kommenden Jahr über Zahlenwerk für 2024
12.12.23 - Mit Spannung wurde die Kreistagssitzung am Montagnachmittag im Bad Hersfelder Landratsamt erwartet. Das Ergebnis ist für alle Beteiligten nicht zufriedenstellend. Eigentlich sollte über den Haushaltsentwurf beraten und debattiert werden. Durch einen Antrag zu Beginn der Sitzung wurde die Debatte um den Haushalt für das kommende Jahr von der Tagesordnung genommen. Alle Fraktionen stimmten geschlossen für diesen Antrag, mit Ausnahme der SPD. Nun wird wohl erst im kommenden Februar bei der nächsten Kreistagssitzung über das Zahlenwerk für das kommende Jahr gesprochen werden.
"Wir können das so nicht durchwinken. Auf Initiative der UBL/Bürger-Herz-Fraktion sollten wir weitsichtig sein und die Haushaltsberatungen von der Tagesordnung nehmen", erklärte Bernd Böhle, FDP-Fraktionsvorsitzender. Mit einem Antrag zur Geschäftsordnung wollte Böhle die Punkte zum Haushalt von der Tagesordnung nehmen. Manfred Fehr, SPD-Fraktionschef im Kreistag gefiel dies überhaupt nicht: "Unsere Fraktion sieht keinen Anlass für das Verschieben der Haushaltsdebatte. Der Landrat hat bereits ausführlich über die aktuelle Situation berichtet - die finanziell angespannte Lage wird im Februar keine andere darstellen."
Klare Mehrheit ist für eine Verschiebung der Debatte
Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung wurde abgestimmt: 33 Abgeordnete votierten für die Verlegung der Haushaltsdebatte, bei drei Enthaltungen der FWG-Fraktion und des Linken-Abgeordneten Hartmut Thuleweit, stimmte die komplette SPD-Fraktion gegen den Antrag. Mit ihren 22 Gegenstimmen konnten sie allerdings die Verschiebung der Haushaltsdebatte nicht verhindern. Weder Landrat Torsten Warnecke (SPD) noch der Erste Kreisbeigeordnete Dirk Noll (SPD) kommentierten die Entscheidung des Parlaments.
Am frühen Abend erklärte Landrat Torsten Warnecke in einer Presseerklärung: "Ich habe stets kommuniziert, dass der ursprünglich geplante Haushalt für das Jahr 2024 nicht genehmigungsfähig ist. Im Übrigen sind wir nicht der einzige Landkreis, der einen defizitären Haushalt einbringt. Dies habe ich auch dem RP mitgeteilt. So heißt es in der jüngsten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom September 2023, dass die Kreise bei einer Anhebung der Kreisumlage stets die Finanzen der kreisangehörigen Gemeinden und die Zumutbarkeit finanzieller Belastungen beachten müssen. Dies haben wir bei der Haushaltsaufstellung getan."
Weiter heißt es: So haben auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Landkreises einstimmig beschlossen, dass sie eine Erhöhung der Kreisumlage um zwei Prozentpunkte nicht tragen können. "Unseren 20 Kommunen wird im kommenden Jahr ohnehin bereits insgesamt 11,6 Millionen Euro zusätzlich abverlangt. Zum einen durch zusätzliche Ausgaben in Höhe von 4,1 Millionen Euro durch die LWV- und Krankenhausumlage und zum anderen durch 7,5 Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen vom Land Hessen", so Warnecke.
"Offenbar wollen weder Bundes- noch Landesregierung Steuererhöhungen selber vornehmen, stattdessen sollen die Kommunen angehalten werden, dies zu tun. Damit wird die Kommunale Selbstverwaltung infrage gestellt", verdeutlicht der Landrat abschließend.
Eine Stellungnahme gab es von der CDU-Fraktion. Darin kritisieren die Christdemokraten, die Kreisspitze deutlich und erklären ihr Vorgehen vom Montagnachmittag - die Presseerklärung im Wortlaut: "Dieses Zahlenwerk, welches der Landrat hier einbringt, kann nicht einfach so durchgewunken werden", betont der CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzende Herbert Höttl die Ablehnung seiner Fraktion. "Es ist die Aufgabe des Landrats uns ehrenamtlichen Kommunalpolitikern einen genehmigungsfähigen Haushaltsentwurf zur Beratung vorzulegen. Hier entsteht der Eindruck, als ob Herr Warnecke mit der ganzen Sache jetzt gar nichts mehr zu tun hätte und sich nun Kreistag und Regierungspräsident irgendwie einigen müssten. Das ist der wohl haarsträubendste Haushaltsentwurf in der Geschichte des Landkreises", ergänzt der CDU-Fraktionschef.
"Regeln der Haushaltsplanung komplett missachtet"
Höttl weiter: "Nicht nur, dass der defizitäre Plan die zukünftigen Risiken des Landkreises nicht abbildet und die grundlegenden Regeln der Haushaltsplanung missachtet. Sondern auch die Tatsache, dass bei den Beratungen nicht alle Informationen den Kreistagsmitgliedern vorgelegt wurden, macht eine Beschlussfassung des Haushaltsentwurfs unmöglich.""Die Tatsache, dass ein offizielles Schreiben der Aufsichtsbehörde, wonach der Haushaltsentwurf so nicht genehmigt wird, mehrere Wochen in der Schublade des Landrats verweilte und erst kurz vor der Kreistagssitzung das Licht der Öffentlichkeit erblickte, zeugt von wenig Respekt gegenüber den Kreistagsmitgliedern. Der Landrat hat in den vergangenen Wochen viel Vertrauen verschenkt. Ich frage mich, wer seine Aussagen künftig noch ernst nehmen soll", ergänzt Andreas Börner als stellvertretender Fraktionsvorsitzender für die CDU.
"Anstatt offen und kooperativ gemeinsam nach Möglichkeiten für einen genehmigungsfähigen Haushalt zu suchen, wird Zeit verschenkt und Vertrauen verspielt, mit einem Haushalt, der lediglich auf dem Prinzip Hoffnung beruht. Die CDU-Fraktion hatte bereits im Dezember 2022 auf die bedrohliche Finanzsituation des Kreises hingewiesen. Die künftigen Aufgaben und Verpflichtungen des Landkreises sahen wir bereits zu dieser Zeit als nur unzureichend abgebildet", so Börner abschließend.
Hintergrund:
Weiteres von der rund einstündigen Kreistagssitzung folgt im Laufe des Dienstages. (Kevin Kunze)+++