Rollstuhlschaukel, Snoezelen-Raum und Badespaß dank Förderverein

14.02.24 - Für Valentina, Jayden und Azamat ist es ein großes Glück, dass es die Pestalozzischule in Fulda gibt. Das zumindest sagen ihre Eltern. Alle drei Kinder leben mit unterschiedlich schweren Beeinträchtigungen und besuchen die Förderschule in Neuenberg. Hier bekommen sie einiges geboten. Doch lange nicht alles davon gehört zum "Standard" einer Förderschule. Stattdessen sind einige therapeutische Maßnahmen und das Equipment nur dank der Arbeit des Fördervereins möglich. Ein kleiner Blick hinter die Kulissen, der ans Herz geht.

Zur Ruhe kommen und den Körper wahrnehmen im Snoezelen-Raum

Entspannen im Snoezelen-Raum

Ein großer, schlichter, in Weiß gehaltener Raum – eingetaucht in sanftes rosafarbenes Licht. Viele kleine Lichtpunkte tanzen an den Wänden und über den Boden. Es ist eine faszinierende Atmosphäre im Snoezelen-Raum. Auf Weichböden, Sitzsäcken und dem großen Wasserbett machen es sich die Kinder gemütlich, lauschen den Klängen der Musik und kommen langsam zur Ruhe.

Und das ist gar nicht so leicht. Es braucht viel Übung, sich darauf einzulassen, einfach dazuliegen und die verschiedenen Sinneseindrücke wahrzunehmen. Farben, Klänge, Düfte. Das Erleben von Ruhe und Stille hat eine wohltuende Wirkung – vor allem aber das Spüren des eigenen Körpers auf dem leicht schwingenden Wasserbett.

So auch bei der siebenjährigen Valentina, die häufig unter starker Anspannung steht und heftiges selbst- und fremdaggressives Verhalten zeigt. "Im Snoezelen-Raum kommt sie total zur Ruhe, Körper und Geist fahren runter. Es ist einfach schön zu sehen, wie gut ihr das tut", sagt ihre Klassenlehrerin Annina Wagner. Die 29-jährige Förderschullehrerin beschäftigt sich intensiv mit der Wirkung von basaler Stimulation und verschiedenen Entspannungsmethoden und bindet diese regelmäßig in den Unterricht ein.

Den Körper besser wahrnehmen auf dem Wasserbett

Erleben von verschiedenen Sinneseindrücken

Auch für Jayden ist die Zeit im Snoezelen-Raum besonders wertvoll: Der Siebenjährige ist vor zwei Jahren an einer schweren Hirnhautentzündung erkrankt, gefolgt von einem Schlaganfall und ist seitdem schwerstbehindert. "Die basale Stimulation, beispielsweise durch die leichten Vibrationen im Wasserbett, hilft ihm, seinen Körper besser wahrzunehmen und sich selbst in seiner Umwelt zu verorten", sagt Annina Wagner.

Bauchkribbeln für Rollstuhlkinder

Die neue Rollstuhlschaukel

Eine weitere Besonderheit, die Jayden hier in der Pestalozzischule erleben darf, ist die neue Rollstuhlschaukel, die im Mai 2023 auf dem Außengelände aufgestellt wurde. Es ist die erste Rollstuhlschaukel im Raum Fulda und in der Pestalozzischule ist man mächtig stolz darauf. Während sie zur Förderung des Gleichgewichtssinns beiträgt, steht für die Kinder und Jugendlichen vor allem der Spaß am Schaukeln im Vordergrund.

Den hat auch der 17-jährige Azamat. Er strahlt über das ganze Gesicht, als die Schaukel langsam in Bewegung kommt. Ein ganz neues Körpergefühl. "Es ist schön, die Kinder so glücklich zu sehen, weil sie endlich schaukeln können, so wie alle anderen Kinder auch", sagt Patrick Lins, stellvertretender Schulleiter und Förderschullehrer.

Das Highlight: Badespaß im Schwimmunterricht

Das Highlight für die Kinder: Der wöchentliche Schwimmunterricht

Noch mehr strahlende Gesichter sieht man im schuleigenen Schwimmbecken. Der wöchentliche Schwimmunterricht ist für die meisten Kinder das absolute Highlight. Dabei geht es nicht nur ums Plantschen und Spaß haben. Der Schwimmunterricht dient einer Vielzahl unterschiedlicher Förderschwerpunkte. Das beginnt bereits beim An- und Ausziehen, um die Selbständigkeit und die Selbstversorgung der Kinder und Jugendlichen zu fördern. Im nächsten Schritt geht es um die Gewöhnung an das Element Wasser, was für viele Kinder eine große Herausforderung darstellt.

Die neue Gegenstromanlage

Auf spielerische Art und Weise werden sie herangeführt und lernen im besten Falle später auch eigenständiges Schwimmen. Und auch hier spielt die basale Stimulation durch den Wasserwiderstand eine große Rolle. Dank der neuen Gegenstromanlage können die Kinder dies nun noch intensiver erleben und dabei gleichzeitig Beweglichkeit und Muskelkraft trainieren. Doch neben all den Förderaspekten genießen die Kinder die Zeit im Wasser sichtlich und freuen sich jede Woche aufs Neue auf die Schwimmstunde.

Therapeutisches Reiten mit Nena und Heidi

Von März bis November steht zudem Reiten auf dem Stundenplan. Sabine Trabert, Heilpädagogin und seit 20 Jahren auch ausgebildete Reitpädagogin, arbeitet hier mit ihren Pferden Nena und Heidi, zwei sehr erfahrenen und gelassenen Tieren. Die 21-jährige Haflingerstute Nena ist die etwas Dynamischere von beiden, die 17-jährige Heidi, ein Schwarzwälder Kaltblut, ist dagegen die Ruhe selbst, sodass auch ängstliche Kinder ihre Scheu überwinden und schnell Vertrauen fassen können.

"Beide Pferde bringen selbst Kinder mit größter Unruhe in einen entspannteren Zustand. Es ist das Gefühl, getragen zu werden, was die Kinder zur Ruhe bringt", sagt Trabert. Gleichzeitig stärkt das therapeutische Reiten die Muskulatur und die Körperkoordination. "Beim schreitenden Reiten wirken etwa 100 Bewegungsimpulse pro Minute auf den Körper ein. Vor allem die Rumpf- und Beinmuskulatur wird trainiert und das Gleichgewicht gefördert", erklärt die Reitpädagogin. Für die Kinder und Jugendlichen steht vor allem der Spaß mit den beiden Pferden im Fokus. Sie entwickeln dabei auch relativ schnell eine Vorliebe für eines der beiden Tiere und bauen eine Beziehung zu ihm auf. Entsprechend groß ist die Vorfreude auf die nächste Reitstunde.

Ausflüge mit dem schuleigenen Bus

Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt, eine Sachkundestunde bei H&M oder ein sommerlicher Ausflug in den Schlossgarten – all das ist jetzt für die Klassen der Pestalozzischule viel öfter möglich. Denn seit einem Jahr steht den Kindern und Jugendlichen ein neuer schuleigener Bus zur Verfügung – selbstverständlich rollstuhlgerecht ausgebaut. "Das ist eine große Erleichterung, damit wir mit den Kindern am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und dabei flexibler sind", sagt Förderschullehrerin Judith Tsamaltoupis.

Ohne den Förderverein wäre all das nicht machbar

Doch all diese Möglichkeiten gehören nicht zur Standardausstattung einer Förderschule. Vieles ist nur dank der Arbeit des Fördervereins möglich, wie der Ausbau des Snoezelen-Raumes, die Rollstuhlschaukel, die Gegenstromanlage im Schwimmbecken, das vergünstigte therapeutische Reiten oder der neue Bus. "Für genau solche Projekte setzt sich unser Förderverein ein", sagt die neue Vorstandsvorsitzende Lorena Buzoku. "Durch Benefizveranstaltungen wie dem 'Tanz im Mai' oder dem bekannten Bücherflohmarkt sammeln wir Spenden, die dann in die sonderpädagogische Förderung unserer Kinder investiert werden. Ohne den Förderverein und natürlich die vielen Sponsorinnen und Sponsoren wäre all das nicht möglich. Daher ist die Arbeit des Vereins für unsere Kinder so unglaublich wichtig."

Melody mit Coco

Lorena Buzoku und ihr Team freuen sich immer über neue Mitglieder, die ihre Arbeit unterstützen und sich damit für die Belange von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung besonders engagieren. http://pestalozzischule-fulda.de/foerderverein/
+++(Stefanie Vey)