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Blick von Niederaula über das Fuldatal und Mengshausen hinüber zum Höhenzug der Mengshäuser Kuppe - Bilder/Luftbilder/Archivbilder: Hans-Hubertus Braune

HAUNETAL Einstimmigkeit mit Bauchschmerzen

Mit der Kraft des Windes soll die klamme Gemeindekasse gefüllt werden

25.04.24 - Mit einigen Bauchschmerzen und Verständnis für die Kritiker haben die Kommunalpolitiker der Gemeindevertretung in der Marktgemeinde Haunetal (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) am Dienstagabend die Tür für einen Windpark auf dem Bergrücken der Mengshäuser Kuppe weit geöffnet. Der Energieparkentwickler UKA West aus Bielefeld will bis zu acht Windkraftanlagen bauen.

"Unsere Entscheidung heute hat eine große Tragweite. Es gibt gute Argumente dafür und dagegen", sagte beispielsweise Klaus Rentschler von der GfH-Fraktion. Ausschlaggebend für die Zustimmung seien die finanziellen Möglichkeiten durch zusätzliche Einnahmen. Gerade für eine vergleichsweise finanzschwache Kommune, mit der verzweigten Struktur und wenigen Möglichkeiten der Gewerbeansiedlung seien die Einnahmen wichtig. Auch die Mitglieder der CDU- und der SPD-Fraktion stimmten für die Ausweisung eines Sondergebietes zur Nutzung der Windenergie.  

Bund ändert das Baurecht

Bürgermeister Timo Lübeck Archivbild: O|N/Kevin Kunze

Blick über das Fuldatal nach Niederaula

Der Höhenzug der Mengshäuser Kuppe mit den zwei Windkraftanlagen am Sternberg ...

Möglich macht dies eine Änderung des Baurechts. Das Regierungspräsidium Kassel erklärt auf Anfrage von OSTHESSEN|NEWS: "Bei der Möglichkeit, kommunale Planung im Windenergiebereich außerhalb bestehender Vorranggebiete voranzutreiben, handelt es sich nicht (mehr) um eine "Öffnungsklausel", sondern nach Erreichen des ersten Flächenbeitragswertes um nunmehr geltendes Recht. Denn rechtliche Konsequenz daraus im Sinne des Bundesgesetzgebers ist, dass die bisherige Ausschlusswirkung der in den Teilregionalplänen festgelegten Vorranggebiete entfällt. Damit besteht für die Kommunen die Möglichkeit, im Rahmen der eigenen kommunalen Planungshoheit über die Bauleitplanung weitere Flächen oder Arrondierungen bestehender Gebiete auf den Weg zu bringen."

Zwei Prozent-Ziel bereits erreicht

Die Marktgemeinde Haunetal dürfte landesweite eine der ersten Kommunen sein, die davon Gebrauch machen will. "Im Bereich des RP Kassel wurde von kommunaler Seite bislang nicht davon Gebrauch gemacht, kommunale Windenergiegebiete auszuweisen. Entsprechend liegen noch keine Änderungsverfahren für gemeindliche Flächennutzungspläne zum Thema Windenergie vor. Ein gewisses Interesse ist allerdings zu konstatieren: Einzelne Gemeinden (im einstelligen Bereich) haben sich hinsichtlich der Modalitäten erkundigt, ohne dass allerdings in allen Fällen schon klar erkennbar wäre, ob beziehungsweise dass ein solcher Weg seitens der Kommune beschritten werden soll", erklärte der Pressesprecher des Regierungspräsidiums weiter. Im Bereich Nord-Osthessen ist das "Zwei-Prozent"-Ziel der Ausweisung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen bereits erreicht. Wesentlicher Unterschied: In Vorranggebieten ist keine aufwendige Bauleitplanung notwendig.

Das Franzosengrab nahe der Mengshäuser Kuppe

Der Bau weiterer Windkraftanlagen sorgt in der Bevölkerung in der Marktgemeinde Haunetal für unterschiedliche Reaktionen. Gerade in den direkt betroffenen Dörfern wie Holzheim, Stärklos und Kruspis blicken die Menschen mit gemischten Gefühlen auf die Pläne. Schließlich ist die waldreiche Gegend mit dem Aussichtsturm bei Ausflügen in die Natur beliebt. Der 227 Kilometer lange Fuldahöhenweg von Hannoversch Münden bis zur Quelle an der Wasserkuppe führt über die 473 Meter hohe Mengshäuser Kuppe. Wanderer und Radfahrer erfreuen sich an der Natur. 

Extras für die Bürger

Blick von der Mengshäuser Kuppe nach Holzheim und Neukirchen im Hintergrund ...

Wenn schon die Windkraftanlagen aus finanzieller Abwägung für die Kommunalpolitiker notwendig seien, so sollen die Haunetaler wenigstens einige Vorteile vom Projektierer erwarten dürfen. Einem entsprechenden Änderungsantrag der CDU stimmten alle anwesenden Gemeindevertreter zu: "Der Gemeindevorstand wird beauftragt, bei laufenden und zukünftigen Verhandlungen mit Projektieren von Freiflächen-PV-Anlage und Windenergieanlagen zusätzliche – auch finanzielle – Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen. Für folgende Punkte sollte grundsätzlich auf eine Umsetzung durch den Projektierer gedrängt werden: erstens Bürgerstrommodell, zweitens Bezuschussungen eines Fördervereins, drittens Schaffung von Ladeinfrastruktur, viertens Zuschuss zu privaten PV-Anlagen, fünftens Beteiligungsoption für Bürgerinnen und Bürger an der Investition."

"Stabilisierte Finanzlage"

Zuvor hatte Bürgermeister Timo Lübeck (CDU) einen Überblick über die finanzielle Entwicklung der Kommune zwischen Bad Hersfeld und Hünfeld vorgestellt. Nachdem die defizitären Jahresabschlüsse für die Jahre 2013 bis 2018 nun aufgearbeitet sind, wurden sie nun genehmigt und beschlossen. Die Eigenkapitalquote sei dramatisch gesunken. In den Jahren 2019 und 2020 weisen die Jahresabschlüsse hohe Fehlbeträgen auf. Seit dem Jahr 2022 sind die Abschlüsse erheblich positiver. Im Jahr 2023 konnte voraussichtlich ein Überschuss von rund 600.000 Euro erzielt werden. Auch in diesem Jahr sieht es bislang gut aus. Die Kommunalaufsicht habe eine "stabilisierte Finanzlage" bescheinigt.

Trotzdem ist die Marktgemeinde auf weitere Einnahmen angewiesen. Deshalb sind die lukrativen Windkraftanlagen wie eine Schatztruhe, wenn auch mit Beigeschmack. (Hans-Hubertus Braune) +++


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