Bischof Gerber predigt bei Gemeinde - Jubiläum in Homberg (Efze)
16.06.24 - Für Bischof Dr. Michael Gerber sind Jubiläen alles andere als rein nostalgische Momente des Rückblicks. In den Erfahrungen aus der Geschichte sieht er vielmehr die Chance und die Verantwortung, daraus zu lernen und daran zu wachsen. Das betonte der Bischof von Fulda am Sonntag (16. Juni) in einer Festpredigt im nordhessischen Homberg (Efze). Dort feierte die katholische Gemeinde Christus Epheta ihre Gründung vor 125 Jahren.
Rund 375 Jahre lang gab es nach der Reformation in Homberg (Efze) keine katholische Kirche. Bis vor 125 Jahren – am 11. Juni 1899 – eine kleine Kapelle für die katholischen Christen geweiht wurde. Dieses Jubiläum feierte die Gemeinde Christus Epheta in der nordhessischen Diaspora am Sonntag unter dem Motto "Kirche öffne Dich" mit einem Festgottesdienst und einem anschließenden Pfarrfest – und Bischof Gerber feierte mit.
"Kirche öffne Dich"
"Kirche öffne Dich" – das Motto und Leitwort der Gemeinde und ihres Jubiläums weise in die Zukunft, betonte Bischof Gerber. Der Name "Christus Epheta" und ein entsprechendes Mosaik außen an der Kirche gehen auf die Erzählung von der Heilung eines Taubstummen im Markusevangelium zurück. Zur Zeit der Namensgebung gab es in Homberg starke Angebote und Einrichtungen für Menschen mit Hörbehinderung. Mit ihrem Patronat ist die Kirche also in unmittelbare Resonanz mit den Menschen in ihrer Umgebung und ihren Erfahrungen getreten.Homberg als geschichtlicher Ort der Synode von 1526, bei der die Einführung der Reformation in Hessen beschlossen wurde, könne die katholische wie die evangelische Kirche heute auch daran erinnern, "den Weg in die Zukunft in großer Gemeinsamkeit zu gehen", so Gerber. Auch für den Synodalen Weg der katholischen Kirche ließe sich aus der Geschichte einiges ableiten: Etwa, genauer hinzuhören, hinter welcher möglicherweise provokativen Forderung ein berechtigtes Anliegen steht oder wo Menschen aufgrund einer leidvollen Biografie etwas Wesentliches in die Kirche einbringen können: "Wo und durch wen will Gott uns als Kirche prophetisch-kritisch herausfordern?", könnte dann eine Lesart solcher synodalen Spannungen sein.
Prägende Erfahrungen
Eindrucksvoll sei auch die Geschichte eines Künstlers aus seiner eigenen Heimat im Schwarzwald, der später die Marienstatue in der Homberger Kirche geschaffen hat, so Gerber: Anton Vogt kam als Gehörloser in ein spezielles Internat. Als die Schüler bei der Restaurierung der benachbarten Pfarrkirche halfen, wurde sein künstlerisches Talent entdeckt und gefördert. Vogt wurde Bildschnitzer und schuf die Marienstatue.Diese Episode sei ein Sinnbild für eine Kirche, in der Menschen ihr Talent entdecken: "Christus Epheta, das kann zu einer grundlegenden Kirchenerfahrung, zu einer grundlegenden Lebenserfahrung werden", so Gerber. "Was bislang stumm und verborgen ist, wird hörbar, findet Resonanz und Menschen wachsen und reifen."
Aufarbeitung und Anerkennung
Jubiläen könnten aber auch Wunden aufreißen und so für manche alles andere als ein Grund zum Feiern sein, warnte der Bischof. Zu den 125 Jahren katholischer Kirche nach der Reformation in Homberg (Efze) gehören auch "die sehr leidvollen Momente, die junge Menschen vor vielen Jahren unter dem damaligen Pfarrer hier im Pfarrhaus oder an anderen Orten erlebt haben."Zum Lernen aus der Geschichte gehöre es deshalb für die Vertreter der Kirchengemeinde und des Bistums je nach Zuständigkeit, auch für diese schmerzlichen Erfahrungen Verantwortung zu übernehmen, so Gerber: "Wir sind weiterhin herausgefordert, in Aufarbeitung und Anerkennung Schritte zu gehen, die heilende Wirkung haben."
Verantwortung für Gegenwart und Zukunft
Die Verantwortung, aus dem kritischen Blick auf die Geschichte Konsequenzen für die Gegenwart und die Zukunft zu ziehen, hatte Bischof Gerber in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz bereits Ende Mai während einer Predigt zum Staatsakt "75 Jahre Grundgesetz" in Berlin betont.In der Hauptstadt wie in Homberg zitierte er dazu eine eindrückliche Mahnung aus dem Buch Deuteronomium: "Denk an die Tage der Vergangenheit, lerne aus den Jahren der Geschichte! Frag deinen Vater, er wird es dir erzählen, frag die Alten, sie werden es dir sagen." (Dtn 32,7) www.bistum-fulda.de (pm) +++