Vogelsberger Geisterjäger im "Museum im Vorwerk"
23.06.24 - "Ich werde euch heute mitnehmen auf eine Exkursion zu Spuren des alten und neuen Aberglaubens", so Claus Schwing von der Filmfabrik Kölzenhain in der voll besetzten Ständerhalle im "Museum im Vorwerk".
Zusammen mit dem Psychologen und Psychiater Dr. Friedhelm Röder ging er bei der Veranstaltung des Museums im Rahmen des Kultursommers Mittelhessen auf Geister und Dämonen ein, die eigentlich in der Moderne als ausgestoben gelten. Doch dies sei ein Irrtum, denn im abgelegenen Vogelsberg gebe es sie noch. In einer ernsthaft-satirischen Multimediashow mit Video, Musik und Lesung verdeutlichte dies der Gespenster-Film sehr eindrucksvoll.
Zu den Dämonen merkte Schwing an, dass sie in unserer Kultur seit dem Mittelalter paranormale, übersinnliche Wesen materieller Art und Handlanger des Teufels seien. Zwischenzeitlich habe sich ihre Schar vervielfacht, mit Poltergeister, Wiedergänger, Gespenster, Untote, Hexen und Vampiren. Zu diesen Spukgestalten gesellten sich die Querdenker. In der postmodernen Gesellschaft hätten Esoterik, Querdenkertum und eine unüberschaubare Vielzahl und Vielfalt von sogenannten "alternativen Wahrheitsansprüchen" den alten Aberglauben ergänzt, ohne ihn gänzlich zu beseitigen. Millionen Menschen fühlten sich von irrealen, paranoiden Fantasien verfolgt.
40 Prozent der Bevölkerung vom Hexenglauben überzeugt
40 Prozent der Bevölkerung in 95 Ländern seien laut einer amerikanischen Studie vom Hexenglauben überzeugt, so Schwing. Die regionalen Unterschiede seien dabei sehr groß. In Schweden zum Beispiel 9 Prozent und in Tunesien 90 Prozent. Hohe Werte zeigten auch Marokko, Tansania und Kamerun. In Deutschland liege der Prozentsatz bei etwa 13 Prozent.Geistwesen und Aberglaube waren weitere Themen des Abends. So weise das Buch "Deutsche Mythologie" von 1835 insgesamt 1142 Sprüche auf, die dem Aberglauben zugeordnet seien, wie zum Beispiel: Niesen beim Schuhanziehen bedeutet Unglück oder Holunder vor die Stalltür gepflanzt, bewahrt Vieh vor Zauberei.
In dem Film wurden Schlösser und Burgen der Region systematisch nach Gespenstern durchsucht. Aberglaube früher und heute zog sich als roter Faden durch die Performance des Herbsteiner Psychiaters Dr. Friedhelm Röder. Er begann mit von dumpfem Trommelwirbel untermalten Angstrufen. Diese erstarben schlagartig, als er sich eine der vor vier Jahren verbreiteten Stoffmasken vors Gesicht zog. "Aaah! Endlich kann ich wieder unbesorgt atmen!"
Dann kritzelte er auf einen Teller ein Konterfei des abgeschlagenen Kopfes von Johannes dem Täufer ähnlich dem in der katholischen Kirche von Herbstein. Diese Röder'sche Johannesschüssel sollte wie die historische Schüssel aus Lüdermünd über Nacht neben das Kopfkissen eines Migränekranken gestellt werden. Aber mit diesem Behandlungsvorschlag erntete Dr. Röder nur Gelächter.
Es folgte ein Hinweis auf Christophorus als mittelalterlichem Schutzpatron vor plötzlichem Tod. Schon ein kurzer Blick auf sein Bildnis beim Hintereingang einer Kirche verschaffte Sicherheit für besagten Tag. Heute wollen viele Leute plötzlich sterben, damals galt das als größtes Unglück. Denn man konnte nicht mehr rechtzeitig beichten und so dem Fegefeuer entgehen. Heutzutage bringen katholische Autofahrer ein Christophorusmedaillon an der Armatur ihres Wagens an.
Ganz aktuell: Welche Rolle die FP2-Maske als möglicher Abwehrzauber für ängstlich-zwanghafte Nichterkrankte spielte, sei nach den neuesten Entschwärzungen der RKI-Protokolle wieder eine aktuelle Frage geworden. Auf Dr. Röder's Anschlussfrage: "Was hilft denn gegen Angst?" hieß es sofort: "Singen!" Also klang der Abend mit dem zweistimmig gesungenen Kanon aus: "Froh zu sein, bedarf es wenig! Und wer froh ist, ist ein König!" (gr)+++