Alexander Dobrindt will auch die Zahlung von Bürgergeld an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine beenden. - Foto: Sabina Crisan/dpa

BERLIN Scharfe Kritik von SPD und Grünen

Alexander Dobrindt (CSU): Flüchtlinge ohne Arbeit zurück in die Ukraine

23.06.24 - Die CSU im Bundestag fordert, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in ihr Heimatland zurückzuschicken, wenn sie keine Arbeit in Deutschland aufnehmen. «Es muss jetzt über zwei Jahre nach Kriegsbeginn der Grundsatz gelten: Arbeitsaufnahme in Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine», sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der «Bild am Sonntag». Bei SPD und Grünen stieß die Forderung auf scharfe Kritik.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der Zeitung, der russische Präsident Wladimir Putin lasse immer wieder Ziele in der gesamten Ukraine bombardieren. «Hierhin will Dobrindt jetzt auch Frauen und Kinder zurückschicken, die möglicherweise ihren Vater bereits an der Front verloren haben. Die CSU sollte sich schämen ob solcher Forderungen und das C für christlich endgültig aus ihrem Namen streichen.»

Debatte um Bürgergeld

Grünen-Chef Omid Nouripour sagte: «Die Unterstellung, die Ukrainer kämen wegen des Bürgergelds zu uns, verkennt das Grauen des Krieges Putins.» Er lehnte auch Vorschläge aus der Union ab, Ukrainern nicht sofort Bürgergeld zu gewähren, sondern sie zuerst ins reguläre Asylverfahren zu verweisen. «Natürlich müssen wir die Ukrainer noch schneller in Arbeit bringen. Aber neue rechtliche Hürden, wie sie die CDU will, helfen da doch nicht, sie schaden.»

Dobrindt sagte, das Bürgergeld sei zu Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine als schnelle Hilfe gedacht gewesen, aber längst zur Arbeitsbremse geworden. Es halte zu viele Menschen aus der Ukraine in der Sozialhilfe fest. «Wir brauchen stärkere Mitwirkungspflichten für Asylbewerber, wenn es um die Arbeitsaufnahme geht. Es muss ein Angebot auf Arbeit geben, und dieses muss Teil einer Integrationsleistung sein.»

Esken weist Dobrindt-Vorstoß zurück

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat den Vorschlag von Dobrindt kritisiert.. «Die Aufgabe von Politik ist es nicht, Forderungen auf dem Rücken von ukrainischen Geflüchteten in die Welt zu setzen, sondern dafür zu sorgen, dass es eine funktionierende soziale Infrastruktur gibt für alle Menschen, die in unserem Land sicher leben wollen», sagte Esken der «Augsburger Allgemeinen». Der Hauptgrund dafür, dass Ukrainer keine Arbeit hätten, seien fehlende Kindergarten- und Hortplätze. «Ich bin überzeugt, dabei kann auch die CSU in Bayern noch stärker mithelfen.»

Das gilt aktuell

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine können in Deutschland seit Juni 2022 Leistungen der Grundsicherung (damals noch Hartz IV, heute Bürgergeld) erhalten - anstelle der geringeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Darauf hatten sich damals Bund und Länder verständigt. Begründet wurde die Änderung unter anderem damit, dass Flüchtlinge aus der Ukraine direkt Anspruch auf einen Aufenthaltstitel haben und keine Entscheidung wie bei Asylbewerbern abwarten müssten.

Geflüchtete Ukrainer dürfen hierzulande auch arbeiten. Anspruch auf Bürgergeld haben sie wie üblich nur, wenn sie über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen. Im vergangenen Herbst hatte die Bundesregierung einen «Job-Turbo» angekündigt, um Geflüchteten mit Bleibeperspektive eine schnellere Vermittlung in Arbeit zu ermöglichen. Nach Angaben von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) konnten inzwischen von den ukrainischen Geflüchteten 187.000 in eine sozialversicherungspflichtige Arbeit gebracht werden.

«Mein Ziel ist klar, dass wir diejenigen, die als Geflüchtete im Bürgergeld sind, nicht nur die ukrainischen Geflüchteten, besser und schnell in Arbeit bringen müssen», sagte Heil im Deutschlandfunk vor Bekanntwerden von Dobrindts Äußerungen. Zuletzt hatten mehrere Länder-Innenminister verlangt, die Zahlung von Bürgergeld an ukrainische Kriegsflüchtlinge zu beenden und ihnen nur noch niedrigere Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuzugestehen. Die Bundesregierung hat das bereits abgelehnt.

SPD-Arbeitsmarktpolitiker Martin Rosemann verwies in der Bild am Sonntag» darauf, dass viele der Ukraine-Flüchtlinge alleinerziehende Mütter seien: «Die Hürden für ukrainische Geflüchtete beim Start ins Arbeitsleben liegen bei der fehlenden Kinderbetreuung, mangelnden Sprachkenntnissen und der langwierigen Anerkennung von Berufsabschlüssen.» Der Vorschlag, sie aus dem Bürgergeld ins Asylverfahren zu packen, nannte er «populistischen Unsinn». (dpa) +++


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