"Bonifatius"-Neuinszenierung: "Auferstehung vor dem Grab, das ist einmalig"
13.08.24 - "Bonifatius" ist das persönlichste Musical der Spotlight-Macher: 2004 begann damit die Erfolgsgeschichte, mit Stoff, der die eigene Heimat geprägt hat. Am 22. August hat die Neuinszenierung auf dem Domplatz in Fulda Premiere. Produzent Peter Scholz erklärt, was den "Apostel der Deutschen" für ihn zum Vorbild macht und wie sich die Produktionsbedingungen in 20 Jahren verändert haben.
Scholz sitzt noch keine fünf Minuten im Klostercafé auf dem Frauenberg, da geht das Handy: Der Zimmermann ist dran, mit Fragen zur Bühne. Bis letzte Woche war noch nicht klar, wo das Orchester wohnen wird, die neueste Herausforderung bringt Scholz in schwindelerregende Höhen: "Ich muss noch vier Großflächenplakate in Fulda aufhängen als Werbung fürs Musical und habe keine Leute dafür: in zwölf Metern Höhe auf der Hebebühne, da geht einem schnell die Puste aus, die Plakate sind unerwartet schwer." Im Vergleich zu den Anfangstagen hat die "Spotlight"-Musicalschmiede inzwischen ein Vielfaches an Personal, allein für die "Bonifatius"-Vorbereitungen arbeiten im Vorfeld bis zu 200 Menschen, aber bei manchen Sachen muss der Produzent immer noch selbst anpacken.
Domplatz als magischer Ort "Als ich damals in meiner jugendlichen Naivität meinte, die Geschichte des Heiligen Bonifatius zum Musical machen zu müssen, war das ein Einmalprojekt. Ich hätte nie gedacht, sowas weiterzumachen. Ich habe alles gegeben und war am Ende so erschöpft, dass ich mit meiner Frau eine Woche kein Wort reden konnte. Manches war einfach Unwissenheit um professionelle Abläufe, anderes schlichtweg Mangel an Personal." Inzwischen haben mehr als 100.000 Menschen das Musical um die Lebensgeschichte des "Apostels der Deutschen" gesehen, dessen Grab nur wenige Meter entfernt ist vom Aufführungsort des Musicals vor dem Fuldaer Dom. Für Scholz ein magischer Ort.
"Am Domplatz ergibt sich die maximale Synthese aus Inhalt, Ursprung und Identität. Es ist Heimat pur und erzählt von den Ursprüngen der Stadt, in der wir leben. Andererseits ist es wie eine Auferstehung: Die Geschichte von Bonifatius wird direkt vor seinem Grab lebendig - das ist einmalig und war auch einer der Gründe, warum mir der Stoff so nahe lag und sich als erstes Musical angeboten hat: Man kannte die Protagonisten schon vom Schulunterricht, es war nicht so schwer, die Charaktere cineastisch auszumalen. Natürlich hat man über die Jahre viel dazugelernt in Sachen Musicaldramaturgie, wovon auch die Neuinszenierungen profitiert haben - aber die Grundgeschichte ist attraktiv genug."
"Empathie entsteht durch Nachvollziehbarkeit" Bonifatius als Charakter, der trotz widriger Umstände seinen Überzeugungen treu geblieben ist, hat für Scholz Vorbildfunktion: "Für andere einstehen, ein Leben lang, das ist etwas aus der Mode gekommen. Man muss einen Wertekompass haben, persönlicher Komfort reicht nicht als oberstes Gebot. Fuldas Bischof Gerber hat neulich von der Schnittmenge geredet, welche die Menschen verbindet - die ist größer als das Trennende." Fiktionale Elemente reichern die historische Person im Musical an, auch um den Menschen besser erfahrbar zu machen: "Empathie entsteht durch Nachvollziehbarkeit. Menschen sind fehlbar, aber nach Fehlern stehen sie wieder auf. Bonifatius kommt bei uns gut weg - aber auch die Kirche zeichnet heute gerne ein realistischeres Bild vom Menschen", erklärt Scholz, der sich selbst als "individualgläubigen Katholiken" bezeichnet.
"Mensch besinn dich auf die Fähigkeit zu glauben, und glaube an das Gute' heißt es am Ende des Musicals. Es ist heute schwer, einer Religion Deutungshoheit zuzuschreiben. Aber mein Glaube kann mir helfen, die schon erwähnte Schnittmenge zwischen den Menschen zu sehen und mich nicht auf das Trennende zu konzentrieren. Und das ist die Kraft, die auch in Bonifatius beschrieben wird." (mau) +++