Konträre politische Reaktionen zum genehmigten Kreishaushalt
29.08.24 - Wahrscheinlich herrschte großes Aufatmen im Landratsamt als das Regierungspräsidium Kassel, den Kreishaushalt für das aktuelle Jahr genehmigte (O|N berichtete). Landrat Torsten Warnecke (SPD) sprach dabei von einer wichtigen Planungssicherheit in schwierigen Zeiten. Doch es gibt auch Kritik, gerade für die Rolle des Landrates.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Herbert Höttl erklärte auf OSTHESSEN|NEWS-Anfrage: "Durch die Genehmigung des Kreishaushalts hat sich die finanzielle Lage des Landkreises leider nicht entscheidend verbessert. Das gilt auch für die Informationspolitik des Landrats, der die Information über die Genehmigung des Haushalts über eine Pressemeldung zur Kenntnis gibt und die Fraktionen per E-Mail ohne weitere Inhalte erst später gegen 17.00 Uhr offiziell davon wissen lässt."
Christdemokraten fragen sich: "Was kommt danach?"
Zudem erklärt er: "Was lange währt, wird endlich gut - dies gilt eben nicht für den Kreishaushalt und die Kreisfinanzen. Das jetzt veröffentlichte Zahlenwerk ist nur eine Momentaufnahme für 2024 und ermöglicht dem Kreisausschuss ein geordnetes Handeln für den Rest des Jahres. Es berücksichtigt aber die zukünftigen finanziellen Belastungen des Landkreises in keinster Weise. Die Frage 'Was kommt danach?' ignoriert Landrat Warnecke. Das Haushaltssicherungskonzept geht immer noch davon aus, dass der Kreis im Jahr 2025 einen Überschuss in Höhe von circa sieben Millionen Euro erwirtschaftet. Im Jahr 2028 sollen aufgelaufenen Fehlbeträge ausgeglichen sein. Dies ist keine seriöse Haushaltswirtschaft. Die können und werden wir so nicht mittragen."Eine andere Meinung dazu hat SPD-Kreistagsmitglied und Bürgermeister von Heringen, Daniel Iliev. Gegenüber O|N lobte er vor allem die Arbeit von Warnecke: "Ich freue mich, dass der Kreishaushalt nun endlich genehmigt worden ist und dass damit nun auch Planungssicherheit für das restliche Haushaltsjahr einhergeht. Der Landkreis hat wichtige Projekte vor der Brust, die entweder angeschoben werden bzw. weiterverfolgt werden müssen. Nicht zuletzt arbeiten wir gemeinsam im Kreistag an einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung. Dankbar bin ich in diesem Zusammenhang der Kreisspitze um Landrat Torsten Warnecke, der unter schwierigsten Bedingungen gute Arbeit für unseren Landkreis leistet. Nach seiner Amtsübernahme war klar, dass der Landkreis durch eine schwere Zeit – ob finanziell oder durch die Umstrukturierung des Klinikums – gehen muss."
Iliev übt klare Kritik an Verhalten der CDU
Zugleich übte der Heringer Rathauschef auch deutliche Kritik an die Christdemokraten: "Aus diesem Grund wünsche ich mir, dass die interne Vergangenheitsbewältigung der CDU-Fraktion nicht ständig in der Öffentlichkeit und zulasten des Landkreises ausgefochten wird, sodass wir alle mit dem notwendigen Verantwortungsbewusstsein und einem hohen Maß an Seriosität die Kernherausforderungen der nächsten Jahre angehen können."Der FDP-Fraktionsvorsitzende Bernd Böhle erklärte: "Es ist gut, dass der Haushalt nun endlich genehmigt ist. Nicht gut hingegen, ist die Art und Weise, wie die Mitglieder des Kreistages durch die Vorgaben des RP quasi gezwungen worden sind, einer Erhöhung der Kreisumlage zuzustimmen. Zumal es Alternativen gegeben hätte. Die finanzielle Lage bleibt jedoch weiter instabil. Prägend dafür ist insbesondere die Fehlentscheidung des HKZ-Kaufs, vor der die FDP seinerzeit gewarnt hatte. Für die Zukunft gilt es nun, alle Positionen des Haushalts auf den Prüfstand zu stellen und einen genehmigungsfähigen Haushalt rechtzeitig aufzustellen, der die angehörigen Kommunen nicht noch weiter belastet."
"Wir sind froh, dass der Haushalt endlich genehmigt wurde. Es war ein arbeitsintensiver Prozess, auch für die Kreistagsmitglieder. Für die Zukunft fordern wir, entsprechend unserer Rolle als diejenigen, die über den Haushalt entscheiden, dass wir umgehend und ausführlich informiert werden. Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass alle Kreistagsmitglieder als Verantwortliche zuerst informiert werden", erklärte indes Grünen-Fraktionsvorsitzende Martina Selzer.
Der UBL/Bürger-Herz-Fraktionsvorsitzende Tim Schneider sieht auf den Landkreis eine riesige Aufgabe zukommen: "Die Genehmigung des Rekord-Minus-Haushalts durch den Regierungspräsidenten ist eine Notrettung des Klinikums für die nächsten 12 Monate. Damit entwickelt sich der Landkreis allerdings zum finanziellen Schlusslicht in Hessen. Die Misere wird nun zusätzlich über die Kreisumlage auf die Gemeinden abgewälzt. Weiterhin ist die Frage offen: Wie wird die 100-Millionen-Euro-Finanzierungslücke geschlossen? Jetzt muss der Kreistagsbeschluss umgesetzt werden: Eine verbindliche Klärung mit dem Land Hessen, wie die Defizite des Klinikums zukünftig gegenfinanziert werden. Denn die aktuellen Planzahlen aus dem Landratsamt sind Nebel aus Märchenland - so kann es nicht weitergehen!" (Kevin Kunze)+++