Ein Erntejahr mit Höhen und Tiefen: "Der Klimawandel trifft uns mit voller Härte"
29.08.24 - "Ein bewegendes Jahr liegt hinter uns", erklärt Thomas Schneider, Pressesprecher des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld, beim diesjährigen Erntegespräch in Neuhof am Donnerstagvormittag. "Unsere letzte Pressekonferenz war bei den Bauernprotesten, dann hatten wir ein warmes Frühjahr und einen Kälteeinbruch. Da stellt sich natürlich die Frage, wie sich das alles auf die Ernte auswirkt. Dazu und auch um einfach mal Danke zu sagen, wollen wir uns heute austauschen".
Gemeinsam mit mehreren Vorstandsmitgliedern und regionalen Betrieben hatte sich dazu in Neuhof beim Betrieb von Karsten und Manuela Fischer der Kreisbauernverband mit der Presse getroffen. Auf der Agenda stand ganz oben: die Kultur der Wertschätzung.
Kultur der Wertschätzung im letzten Jahr enorm gestiegen
"Bei uns geht es meist um besondere Kulturen, die wir heute ansprechen wollen. Eine jedoch ist eine ganz wichtige - die Kultur der Wertschätzung. Die haben wir in diesem Jahr seitens der Bevölkerung und Verbraucher erfahren dürfen. Sei es auf den Bauernprotesten oder durch unser Infomobil, womit wir auf Sommertour waren und dabei informative, tolle Gespräche führten. Das Interesse wurde geweckt und wir haben deutlich die Wertschätzung gespürt, vor allem auf dem Kreiserntedankfest. Unser Social-Media-Kanal bekommt immer mehr Follower. Auch dank der guten Zusammenarbeit mit der Presse können wir voran treten und sagen: 'Fulda, wir sind deine Bauern'", betont Schneider weiter.
Bei den Ernte-Kulturen sähe es allerdings schon anders aus, wie Erster Vorsitzender Stefan Schneider erklärt. "Winterweizen zählt zu der Getreideart, die hessenweit am meisten angebaut wird. Bei einer Anbaufläche von etwa 150.000 Hektar war der Ertrag zumeist unterdurchschnittlich bei etwa fünf bis sieben Tonnen pro Hektar. Das liegt vor allem an dem enormen Niederschlag. Je nach Bodenart kann das Wasser schlecht aufgenommen werden oder kann gar nicht abfließen. Auf schlechtem Boden hat man dieses Jahr mehr Erträge gemacht als auf gutem. Regional wird hier von der schlechtesten Ernte seit Jahren gesprochen." Ähnlich sieht es bei den anderen Kulturen wie Winterraps, Erbsen oder weiteren Getreidearten aus. Zu dem ungünstigen Wetter käme dazu noch ein weiterer Faktor hinzu. "Durch die feuchtwarme Witterung stieg auch der Krankheitsdruck. Pilzkrankheiten bei den Beständen waren wesentlich weiter verbreitet. Um dies zu verhindern, musste man äußerst aufmerksam sein. Oftmals war es aber eben wieder durch den Niederschlag nicht möglich, Pflanzenschutzmaßnahmen durchzuführen", so der Erste Vorsitzende.
"Hoher Niederschlag hat vielen Ernten geschadet"
Immer wieder wird dabei der 21. April angesprochen, ein "besonderer" Tag. "Ich kann mich noch genau erinnern, als wir da den Kälteeinbruch hatten. Morgens hatte man stellenweise 15 Zentimeter Neuschnee auf den Flächen. Dadurch wurden Ernten wie der Winterraps erheblich geschädigt, da sie durch die Schneemassen auf den Boden gedrückt wurden." Allein durch diesen Kälteeinbruch und Temperaturen von etwa -6 Grad an den Folgetagen, kam es an vielen Stellen zu Mindererträgen und Schäden von bis zu 30 Prozent. "Sowas hatten wir noch nie erlebt und wussten auch nicht damit umzugehen", erinnert sich Schneider.
Ganz anders sah es laut ihm aber bei der Wintergerste aus. "Regional ist die Ernte hier wesentlich besser gelaufen als erwartet. Die Qualität ist zudem noch relativ stabil geblieben. Auch Ackerbohne, sowie das Grünland und der Mais sind die Gewinner der Ernte, vor allem in der Rhön. Die Zuckerrübe profitiert ebenso hessenweit von dem Wetter - da wird ein überdurchschnittlicher Ertrag erwartet", so Schneider bei dem Resümee abschließend.
Schwankende Preise, der Wolf und AFSP
Letztendlich sei es jedoch ein schwieriges Jahr gewesen. Das wurde bei der anschließenden offenen Fragerunde mehr als deutlich. "Es war nass und zeitgleich gab es zu wenig Sonne. Ohne Sonne, gibt es kein Mehl", merkt einer der Landwirte vor Ort an. "Ein verrücktes Jahr, nicht nur für die Ernte, sondern auch für die Preise am Markt", wird von einem weiteren eingeworfen. Jeder Betrieb hat so seine eigenen Probleme. Während der Schweinebauer den sinkenden Schweinebestand bemängelt, der auch durch die afrikanische Schweinepest verstärkt wird, vergleicht der Biobetrieb oder Milchviehbauer den Ernteertrag und dessen Qualität mit dem aus den 70er-Jahren. Auch die Wolfthematik darf hier nicht fehlen: "Der Wolf muss reguliert werden, sonst wird die Weidetierhaltung gestoppt."
Es sind viele Herausforderungen, die sich die Bauern tagtäglich, Jahr für Jahr in unserer Region, nein, hessen- und deutschlandweit konfrontiert sehen. Für viele ist es Alltag, sich beim Bäcker ein Brot zu holen, oder frische Milch vom regionalen Markt. Doch wie viel Arbeit und Engagement dahinter steckt, wird oftmals verdrängt. Gut, dass der Kreisbauernverband den Kontakt zu den Menschen sucht. Umso wichtiger jedoch, dass wir zuhören und das wertschätzen, was wir als selbstverständlich erachten. (ms) +++