Treffpunkt für Kultur, Konzerte und mehr - Michael Kling im Gespräch
18.09.24 - Die "Alte Piesel" hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten zu einem Ort entwickelt, den es in dieser Art in der Region kein zweites Mal gibt. Michael Kling hat die Piesel in Künzell-Dirlos (Landkreis Fulda) zu einem Treffpunkt für Menschen gemacht, die handgemachte Live-Musik lieben oder einfach mal ordentlich feiern möchten.
"Ich wollte schon immer einen Live-Club übernehmen", erinnert sich der heute 63-jährige Michael Kling im OSTHESSEN|NEWS-Gespräch an die Anfänge seiner beruflichen Laufbahn. Er kommt aus Freiburg und arbeitete dort bereits in der Gastronomie - doch dort gab es vor rund 30 Jahren keine Möglichkeiten, die seinem Anspruch gerecht wurden. "Ich hatte einen Bekannten im Jugendzentrum Petersberg, der mich damals auf die 'Alte Piesel' aufmerksam machte", erzählt der Club-Manager.
Von der Pferde-Wechselstation zum kulturellen Highlight Das Gebäude und die Nebengebäude waren ursprünglich ein landwirtschaftlicher Hof und in früheren Jahrhunderten wahrscheinlich ein Gehöft für Reiter. "Der Name geht - so erzählt man hier - auf die ursprüngliche Funktion zurück: Hier soll eine Pferde-Wechselstation zwischen den Bistümern Fulda und Prag gewesen sein", so Kling. "Pesel war ein Synonym für eine alte Mähre, erzählt man", sagt er. Und so blieb der Name "Alte Piesel". "Die Kneipe gibt es seit gut 100 Jahren. Als Club wurde die Piesel dann schon ab 1981 betrieben", so Kling. Damit ist die "Alte Piesel" der zweitälteste Live-Club in Hessen. "Nur die 'Batschkapp' in Frankfurt öffnete ein paar Monate früher."
Bereits in den 1980er-Jahren gab es Konzerte dort. Vielleicht erinnert sich mancher an "Janeks X Mas Party" oder Konzerte mit Rich Washington. Mit der Übernahme des Zepters durch Kling 1994 änderte sich manches. Er belebte das zwischenzeitlich neun Monate lang geschlossene Gebäude wieder. "Die ersten Konzerte unter meiner Ägide fanden noch hier in der Kneipe statt", so der Gastronom und Club- und Event-Manager. Frank Tischer, der auch heute noch einen Namen in der Fuldaer Musikszene hat, war der erste Künstler, der 1994 unter der neuen Leitung in der neuen "Alten Piesel" mit seiner "Blues Revue" auftrat. Lokale Größen folgten, doch es war nicht immer leicht, Künstlerinnen und Künstler für die "Piesel" zu begeistern. Und auch die Zahl der Zuschauenden war damals oft überschaubar.
Mit den Disco-Abenden kamen die Besucher Kling und seine Frau Milena, die stets unterstützend an der Seite ihres Mannes steht, luden auch Musiker aus dem Ausland ein. "Ich erinnere mich an eine Band aus England, die so begeistert von ihrem kleinen Publikum war, dass sie eine Lokalrunde ausgaben", sagt Kling lachend. Doch das blieb nicht so. In Künzell spielten unter anderem die "Spider Murphy Gang", "Nazareth", "Ten Years After", "Saga" oder Roger Chapman. "Auch Melanie Dekker aus Kanada kommt oft her. Da hat sich eine richtige Freundschaft entwickelt", so der Club-Manager.
Zunächst war es in der "Alten Piesel" verboten, reine Tanzveranstaltungen zu feiern. Man hatte seinerzeit Angst, dass die Anwohner oder der Dorffrieden gestört werden könnten. Dann wurde vom Bürgermeister eine "Testphase" erlaubt. "Das ist alles positiv gelaufen. Und so durften wir auch Disco-Abende veranstalten". Inzwischen hatten die Klings das Gebäude gekauft. "Wir achten auf ein gutes Einvernehmen mit der Nachbarschaft", sagt er.
Mit den "Flower-Power-Discos" stiegen die Besucherzahlen. "Das sind Veranstaltungen, die auch für ältere Semester attraktiv sind", so Kling. "Wir geben vielen einen Teil ihrer Jugend zurück." Doch auch jüngere Menschen feiern zur Musik der 70er und 80er Jahre. Aktuell sind es zumeist Tribute-Bands, die in der "Piesel" auftreten. Pro Jahr finden etwa 30 bis 40 Konzerte im Saal statt. Hinzu kommen Open-Air-Veranstaltungen oder Kooperationen wie beispielsweise das Antonius-Open-Air oder Konzerte im Schlosshof oder der Orangerie in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Fulda, die Kling als Eventmanager organisiert.
"Ich mache das noch so lange, wie es mir Spaß macht" Wer in der "Alten Piesel" spielen möchte, kommt heute auf Michael Kling zu. "Viele möchten wiederkommen, aber ich probiere auch Neues aus". Je voller der Saal, desto besser ist die Stimmung. "Und das ist gut für die Bands und das Publikum", weiß Kling. Maximal 300 bis 330 Gäste passen in den Saal der "Piesel", die mit aktueller Licht- und Tontechnik ausgestattet ist. Während der Veranstaltungen sorgt ein Techniker für einen reibungslosen Ablauf.
Kling hat neben seiner Frau ein festes Team, das sich seit Jahren bei den Veranstaltungen um alles kümmert. "Das Ganze ist nicht die Welt meiner Söhne. Aber wenn Not am Mann ist, helfen Sebastian und Manuel auch aus", so Kling. Dass sie ihn irgendwann beerben werden, sei aber unwahrscheinlich. "Ich mache das noch so lange, wie ich möchte", sagt der Event-Manager. "Noch habe ich richtig Lust und unser Job macht Milena und mir viel Spaß."
Geburtstagsparty mit "Blue Onions" und Flower-Power Diesen Freitag (20. September) wird das 30-jährige Bestehen der "Alten Piesel" ordentlich gefeiert. Dazu ist die Blues-Brothers-Tribute-Band "Blue Onions" eingeladen, die dem Jubiläums-Publikum ordentlich einheizen wird. Sonnenbrillen als Dresscode sind an diesem Abend natürlich Pflicht. Dafür gibt es noch Tickets im Vorverkauf. Am Samstag danach (21. September) lädt die "Piesel" ab 21 Ur zu "Flower-Power meets Ü33" mit verschiedenen DJs.
Und der Terminkalender der "Alten Piesel" ist weiterhin gut gefüllt. Alle Termine finden sich auf www.altepiesel.de. Zum 30-Jährigen gibt es übrigens auch eine Live-on-Stage-CD, auf der Künstler wie Melanie Dekker, "Boppin B", Dave Kelly oder Andreas Kümmert vertreten sind. (Christopher Göbel) +++